Ungarn Orbán zieht umstrittene Internetsteuer zurück

Die ungarische Regierung macht einen Rückzieher: Nach massiven Protesten gegen eine geplante Internetsteuer hat Ministerpräsident Orbán das Projekt nun gestoppt. Ein neuer Anlauf ist aber bereits angekündigt.
Ungarn: Orbán zieht umstrittene Internetsteuer zurück

Ungarn: Orbán zieht umstrittene Internetsteuer zurück

Foto: LASZLO BALOGH/ REUTERS

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán verwirft den Plan, eine Internetsteuer einzuführen - zumindest vorerst. "Wenn das Volk etwas nicht nur nicht mag, sondern es auch für unvernünftig hält, sollte es nicht gemacht werden", begründete der Regierungschef am Freitag seinen Schritt in einem Hörfunkinterview. Die Steuer sei nicht einführbar, "weil die Diskussion darüber entgleist ist".

Am Sonntag und Dienstag hatten Tausende Menschen in Budapest gegen das Vorhaben der Regierung protestiert, mit Parolen wie "He, Orbán, hier spricht das ungarische Volk!", "Wir lassen es nicht zu!" und "Orbán, verschwinde!". Nach Ansicht der Demonstranten beschränkt die Besteuerung des Datenverkehrs im Internet demokratische Rechte und Freiheiten. Der Internetunternehmer und Gründer des sozialen Netzwerks Iwiw, Zsolt Várady, sagte bei einer Kundgebung: "Die Internetsteuer ist ein Symbol der Willkür dieser Regierung!"

Die Regierungspläne sahen eine Abgabe für Internetanbieter von 150 Forint (knapp 0,49 Euro) pro Gigabyte vor. Pro Monat sollten für Privatkunden maximal 700 Forint (rund 2,30 Euro) und für Geschäftskunden maximal 5000 Forint (rund 16,50 Euro) fällig werden. Die zusätzlichen Einnahmen - laut Regierungsplan 80 bis 100 Millionen Euro pro Jahr - hätten angeblich in den Ausbau des ungarischen Breitbandinternets fließen sollen.

Ungarische Medien berichteten, Orbán habe persönlich veranlasst, dass die neue Abgabe in den Entwurf des Steuergesetzpakets für 2015  aufgenommen wurde. Dieses soll am 17. November - nun wohl ohne die Internetsteuer - vom Parlament gebilligt werden.

Ganz vom Tisch scheint die Internetsteuer trotzdem noch nicht zu sein: Für das kommende Jahr kündigte Orbán einen neuen Anlauf an, online generierte Umsätze zu besteuern. Eine "nationale Konsultation" zu einer solchen Steuer solle im Januar stattfinden.

Update, 31. Oktober: Die EU-Internetkommissarin Neelie Kroes hat die Rücknahme der geplanten Internetsteuer am Freitag begrüßt. "Ich bin sehr froh für die ungarischen Bürger", erklärte Kroes in Brüssel. "Ihre Stimmen wurden erhört."

mbö/dpa/Reuters/AFP
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