Jens Spahn twittert über den "Kampf gegen Krebs" – und macht Betroffene damit wütend

Dieser Beitrag wurde am 05.02.2019 auf bento.de veröffentlicht.
Der Gesundheitsminister hat vor allem eine Aufgabe: In Deutschland die richtigen Weichen so stellen, dass alle ausreichend versorgt und gepflegt werden können und gesund leben können. Was ein Gesundheitsminister nicht tun muss: Jede einzelne Deutsche und jeden einzelnen Deutschen heilen.
Zum Weltkrebstag twitterte Gesundheitsminister Jens Spahn daher ein paar Tipps, wie Menschen vermeiden könnten, an Krebs zu erkranken.
Gut gemeint war aber noch lange nicht gut gemacht.
Denn viele Nutzerinnen und Nutzer nehmen Spahn die Ratschläge übel. Nach Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems ist Krebs die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Allein 2016 erlagen 230.725 Bürgerinnen und Bürger einem Krebsleiden – mehr als ein Viertel aller Todesfälle des Jahres. (Statista )
Was hat Jens Spahn über Krebs getwittert?
Er wollte Tipps geben, wie jeder den "Kampf gegen Krebs" gewinnen kann. Nicht mehr Rauchen? Kein Lungenkrebs! Besserer Sonnenschutz? Kein Hautkrebs! Gesünder leben? Überhaupt kein Krebs! So einfach suggiert es die Auflistung von Spahn:
Jeder kann seinen persönlichen Kampf gegen Krebs heute beginnen. Wie? So: Nicht (mehr) rauchen, sich mehr bewegen, gesund ernähren und die Haut vor UV-Strahlung schützen (Sonnencreme)!#Weltkrebstag #Prävention
— Jens Spahn (@jensspahn) February 4, 2019
Dem Tweet ging ein Interview voraus, dass Spahn vor einigen Tagen der "Rheinischen Post" gab. Darin schätzte er, dass in zehn bis 20 Jahren der Krebs besiegt sei. Es gebe mittlerweile große "Fortschritte bei der Krebserkennung und bei der Prävention".
Was werfen ihm von Krebs Betroffene und andere nun vor?
Verschiedenes: Einige stört, dass der Gesundheitsminister eine gefährliche und komplizierte Krankheit auf ein paar Gesundheitstipps reduziert – andere erzählen von eigenen, unverschuldeten Fällen und wie Prävention da eben nicht weiterhilft.
Mehr als 1.400 Nutzerinnen und Nutzer reagierten allein bis Dienstagmittag auf Spahns Tweet mit einer Antwort. Viele schilderten emotionale Fälle von Verwandten und Bekannten. Auch wenn Jens Spahn nicht persönlich für deren Schicksal verantwortlich ist – seinen verallgemeinernden Tweet nehmen sie ihm dennoch übel:
Ich nehme an meine Eltern haben mich einfach nicht genug eingecremt : Knochenkrebs mit 3 Jahren, 3 Jahre Chemo und Bestrahlung, Amputation mit 6 Jahren. Alles knorke, aber mit Sonnencreme wäre es vermutlich einfacher gewesen.
— Mehrzweckgöttin (@bisoux) February 4, 2019
Und als Partnerin eines nicht rauchenden, Sport treibenden und stets Sonnencreme verwendenden Hodgkin-Lymphom-Patienten weine ich, weil es sowieso schon schlimm genug ist, auch ohne die Implikation, er sei schuld an seiner Krankheit. Schämen Sie sich. #Weltkrebstag
— Esther (@acute_phase) February 5, 2019
Man könnte ja auch einfach mal was total verrücktes tun und einen Gesundheitsminister ernennen, der erfolgreich MEDIZIN studiert hat.
— Frau Koala (@koalas_world) February 5, 2019
Ich weiß, der Ansatz ist crazy, aber...#Spahn #Weltkrebstag https://t.co/oLgGmelY6L
Doch es gibt nicht nur kritische Stimmen. Einige versuchen zu erklären, worauf Jens Spahn eigentlich hinaus wollte.
Einige eher mit bissigen Worten:
Sie suchten das Wort Prävention und nicht Kampf gegen Krebs. Und ich bin etwas schockiert, dass so etwas nicht von irgendeinem Schwurbler kommt, sondern hochoffiziell vom Gesundheitsminister. Nebenbei gesagt auch noch ein Schlag ins Gesich derjeniger, die unverschuldet erkranken
— Hustendoktor 🫁 (@hustendoktor) February 4, 2019
Andere mit etwas freundlicheren Worten:
Freunde, entspannt euch. Ja, ich hatte Kebs. Und ja, ich treibe mehr Sport, versuche mich gesünder zu ernähren und meide Sonne. Weil das hilft, die Chancen aufs Gesundbleiben zu erhöhen. Nennt man #Prävention
— Karin Tanger (@unteralt) February 5, 2019