Kampf um Firmenverzeichnis Google missbraucht Daten von kenianischem Start-up

Screenshot der Internetseite www.mocality.co.ke: Gefragtes Firmenverzeichnis
Das berühmte Google-Motto aus den Anfängen des Unternehmens "Don't be evil" (zu Deutsch: "Tue nichts Böses") ist mal wieder in Frage gestellt: Wie am Freitag bekannt wurde, haben Mitarbeiter von Google offenbar Daten von einem kenianischen Start-up missbraucht. Mocality , so heißt die Firma, die nach eigenen Angaben das größte Verzeichnis kenianischer Betriebe ist und darin mehr als 170.000 Einträge führt, hatte herausgefunden, dass Google sich unberechtigterweise seiner Datenbank bedient hat.
Dass der Vorwurf, den Stefan Magdalinski von Mocality in dem Firmenblog erhebt , nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt die prompte Reaktion von Google. Noch am späten Freitagabend veröffentlichte der Internetgigant eine offizielle Stellungnahme; auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE erklärt Google-Manager Nelson Mattos: "Wir sind entsetzt darüber, dass eine Gruppe von Leuten, die für ein Google-Projekt tätig waren, Daten von Mocality missbräuchlich eingesetzt und zudem unsere Beziehung zu Mocality falsch dargestellt haben, um Nutzer zum Anlegen einer neuen Website zu bewegen."
Hilfe zur Web-Präsenz
Im firmeneigenen Blog von Mocality beschreibt Stefan Magdalinski, wie die Firma den fragwürdigen Methoden von Google in Kenia auf die Spur kam: Die Datenbank von Mocality wird mit der Unterstützung von Freiwilligen erstellt, die über ihr Handy darin Einträge vornehmen können. Anschließend werden die Daten von Mocality-Mitarbeitern überprüft. Für jeden verifizierten Eintrag erhält der freiwillige Helfer eine Bezahlung über das mobile Payment System M-Pesa. Nach Angaben von Mocality wurden so insgesamt bisher über 100.000 US-Dollar an Kenianer ausgezahlt.
Mit der Datenbank hilft Mocality, die weder Web-Seiten noch Webhosting anbieten, kenianischen Firmen im Web präsent zu sein. Denn für viele Unternehmen, ganz gleich welcher Größe, ist die Auflistung im Mocality-Verzeichnis, der einzige Eintrag im Internet. Das Verzeichnis ist öffentlich im Internet einzusehen.
Web-Seiten oder Webhosting bietet Mocality nicht an. Das Geschäft Mocalitys ist lediglich das Verzeichnis - und das war auch Google offenbar einiges wert: Vor Kurzem startete Google in Kenia und einigen anderen Ländern ein ähnliches Projekt: Das "Get your business online"-Programm will kleinen und mittleren Firmen ebenfalls zu einer Webpräsenz verhelfen.
Seltsame Anrufserie
Letzten Oktober erhielt Mocality jedoch eine Reihe ungewöhnlicher Anrufe von Firmeninhabern, die Hilfe beim Aufbau ihrer Web-Seiten haben wollten. Da Mocality aber kein Webhosting anbietet, lehnte es die Anfragen ab. Doch auch in den darauffolgenden Monaten ließ die merkwürdige Anrufserie nicht nach. Mocality wurde hellhörig und startete eine Untersuchung. Die Firma fand in ihrer Datenbank einen Zusammenhang zwischen den Anrufen: Sämtliche Firmen, die um Hilfe für den Aufbau ihrer Web-Seiten gebeten hatten, waren im Mocality-Verzeichnis aufgeführt - und wurden in der Zeit von einer einzigen IP-Adresse aus abgerufen. Täglich wurden von dort aus Hunderte der Mocality-Datenbankeinträge abgefragt.
Um dem geheimen Angreifer auf die Spur zu kommen, veränderte Mocality einige dieser Einträge und versah sie mit der Telefonnummer des eigenen Callcenters. Als dort kenianische Google-Verkäufer anriefen, um für das Projekt "Get your business online" zu werben, war klar, dass die Konkurrenz hinter den dubiosen Datenabfragen steckte. Wie im Mocality-Blog nachzulesen ist, sollen sich die Google-Mitarbeiter bei den Telefonaten sogar als Partner von Mocality ausgewiesen haben.
Mocality reagierte erbost. "Google, was habt ihr Euch bloß dabei gedacht" titelt Magdalinski den Eintrag im Firmenblog. "Wenn Google mit unseren Daten arbeiten will, warum fragen sie nicht einfach?"
Google hat sich der Stellungnahme zufolge inzwischen in aller Form bei Mocality für den Vorgang entschuldigt. "Wir untersuchen derzeit, wie es dazu kommen konnte. Sobald uns alle Fakten vorliegen, werden wir entsprechende Maßnahmen hinsichtlich der dafür verantwortlichen Personen ergreifen."