Konservative machen mobil "Studenten für den Krieg"
"Die Medien", schreibt die "Young America's Foundation, "fahren fort, die Öffentlichkeit über das Maß studentischer Anti-Kriegs-Proteste in die Irre zu führen". Dagegen, befand ein Bündnis zahlreicher konservativer Studentenvereinigungen schon vor Tagen, müsse man dringend etwas unternehmen: In ganz Amerika wird es im Laufe des Tages zu organisierten Pro-Kriegs-Demonstrationen kommen, akribisch vorbereitet und über das Web koordiniert.
"Erfolgreiche Demonstrationen", mahnt das "College Republican National Committee", "werden es in die Nachrichten schaffen und allen Amerikanern zeigen, dass anständige, patriotische Studenten heute eher die Regel als die Ausnahme an Amerikas Universitäten sind."
Um so etwas auf die Beine zu stellen, veröffentlicht das Netzwerk quer über mehrere Dutzend Webseiten mehr oder minder gleichlautende Strategiepapiere, wie Demonstrationen für den Tag nach dem ersten Angriff zu organisieren seien, wie man Medienaufmerksamkeit auf sich ziehen könne - und auf welchen Wegen man die Republican Party von Präsident George W. Bush ständig über Teilnehmerzahlen auf dem Laufenden halten solle. Die werde dann dafür sorgen, dass auch solche Demonstrationen mit in die Pro-Zählung kämen, die von den Medien nicht bemerkt werden.
Die Gegenseite: Streiks und Demonstrationen
Da werden sich Amerikas konservative Studentenbündnisse beeilen müssen, denn offenbar ist ihnen die Gegenseite voraus: Schon seit dem frühen Morgen demonstrieren Menschen rund um den Globus gegen den Angriff auf den Irak.
Der Hauptkommunikationsweg auf beiden Seiten ist die E-Mail. Die "College Republicans" beschreiben den Kern der Mobilisierungs-Strategie letztlich für beide Seiten - Kriegs-Befürworter wie Gegner: "Organisiere eine E-Mail-Kette für Deinen Campus. Sende deine Aufrufe an jeden, den du auf der Uni und in deiner Heimatstadt kennst und bitte den Empfänger, den Aufruf an so viele Menschen wie möglich weiter zu leiten".
Auf der Gegenseite funktioniert das ganz ähnlich - auch, wenn hier das Werben um Demo-Teilnehmer weniger nötig zu sein scheint: Weltweit genügt der Anti-Kriegsbewegung die fixe Bekanntgabe von Terminen und Treffpunkten.
Doch zumindest ihren Rückstand in einer Hinsicht scheint das konservative Lager in den USA mittlerweile ausgeglichen zu haben: Den Mangel an Vernetzung. Fanden sich im Web vor Wochenfrist noch vor allem Kriegsgegner bestens verlinkt und koordiniert, mehren sich nun die länglichen Linklisten republikanischer Webseiten und Initiativen.
Die Initiative "StudentsForWar" listet 81 Webseiten der Pro-Kriegs-Koalition auf - wenn auch nicht ganz ohne Mühen. Das reicht von der Mittelstandvereinigung, über die Ronald-Reagan-Stiftung bis hin zu radikalen Abtreibungsgegnern: Gegen den zunehmenden Druck der immer zahlreicher entstehenden Initiativen und Bewegungen gegen den Krieg setzt das konservative Amerika vornehmlich das wohl organisierte Establishment.
- Pro-Krieg:Students for War
- Pro-Krieg:College Republican National Committee
- Pro-Krieg:United we Stand
- Pro-Krieg:Students United for America
- Pro-Krieg:Princeton Committee Against Terrorism
- Pro-Krieg:Yale College Students for Democracy
- Pro-Krieg:Oxford Democracy Forum (Großbritannien)
- Pro-Krieg:Students for Protecting America
- Pro-Krieg:Young Conservatives of Texas
- Pro-Krieg:Young American's Foundation
- Pro-Krieg:Young Conservatives of America at Texas A&M
- AVOT -:"Americans for Victory over Terrorism"
- Anti-Krieg:Campus Anti-War Network
- Anti-Krieg:UC Berkeley Stop the War Coalition
- Anti-Krieg:Students against War
- Anti-Krieg:National Youth and Students Peace Coalition
- Anti-Krieg:United for Peace
- Anti-Krieg:Campus Greens
- Anti-Krieg:Harvard Initiative for Peace and Justice
- Anti-Krieg:Student Peace Action Network
- Anti-Krieg:Twin Cities Students Against War
- Anti-Krieg:Stanford Community for Peace and Justice
Verblüffend erscheint allein die rapide anwachsende Zahl studentischer Pro-Kriegs-Seiten (siehe Linkverzeichnis). Viele von denen entstanden tatsächlich schon als Reaktion auf die Terroranschläge vom September 2001, doch viele andere entstehen zurzeit ganz und gar nicht zufällig.
Der Dünger, der dieses abrupte Wachstum ermöglicht, ist in den Nachwuchsorganisationen der Republican Party zu suchen - und bei den teils durch die Rüstungsindustrie finanzierten konservativen Think-Tanks.
Die scheinen erkannt zu haben, dass der Kampf um die öffentliche Meinung nicht zuletzt auf dem Universitäts-Campus geführt wird: Auch die Anti-Kriegsbewegung gegen den Vietnam-Krieg hatte hier vor über 30 Jahren ihren Ursprung.
Gegen die zu erwartenden Sitzblockaden und Demonstrationen planen die Think-Tanks, nicht weniger publikumswirksame, der linken Protestkultur entliehene Aktionen. So soll es im Laufe des nächsten Monats an der University of California organisierte "Teach-Ins" geben - ein ordentliches, das konservative Amerika ansprechendes Signal der Solidarität.
Hinter den vordergründig studentisch geprägten Aktionen steht "Americans for the Victory Over Terrorism" (AVOT), eine vor allem Web-basierte Aktion zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung, die vom konservativen Think-Tank "Empower America" organisiert und finanziert wird. Der bezieht als Non-Profit-Organisation seine Mittel vor allem aus Spenden, bekennt aber offen seine intime Nähe zur Republican Party und soll dem "Project for the American Century" PNAC nahestehen.
Dieser Think-Tank widerum gilt als Lobbygruppe der Rüstungsindustrie - und als Ideenschmiede der Falken in der Republican Party und in der Regierung. Zu den prominentesten Ex-Funktionären von PNAC gehören Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Vizepräsident Dick Cheney.