Videoüberwachung Künstliche Intelligenz soll suizidgefährdete Häftlinge erkennen

"Treffsicher eingesetzt" - Überwachungskameras in der JVA Düsseldorf
Foto: Marcel Kusch/dpaIn den Haftanstalten Nordrhein-Westfalens soll maschinelles Lernen helfen, Selbstmordversuche der Insassen zu verhindern. Dazu starte das Land ein bundesweit einmaliges Forschungsvorhaben, kündigte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Dienstag in Düsseldorf an. Ziel sei es, ein Computerprogramm zu entwickeln, das suizidale Handlungsmuster frühzeitig erkennt und bei der Video-Überwachung gefährdeter Häftlinge treffsicher eingesetzt werden kann.
Als Beispiele nannte das Ministerium auffällige Verhaltensweisen wie Bewegungsmuster bei einem Strangulationsversuch oder den Einsatz gefährlicher Objekte wie Messer.
Den Zuschlag zur Entwicklung der Software habe ein Unternehmen aus Chemnitz erhalten. Dort werde ein Versuchsraum aufgebaut, der die Bedingungen eines typischen Haftraums erfülle. Die dort gewonnenen Erkenntnisse würden durch zusätzliche Tests in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Düsseldorf im Realbetrieb abgesichert, erklärte Biesenbach.
Während der Pilotphase sollen gefährdete Gefangene im kommenden Jahr mit Videokameras überwacht werden. Mithilfe künstlicher Intelligenz soll die Technik dann suizidverdächtige Handlungen erkennen und Alarm schlagen, wenn sie solche erkennt. Da die Augen der Beschäftigten nicht überall sein könnten, setze die Justiz in NRW auf den technischen Fortschritt, erläuterte der Minister. Die künstliche Intelligenz solle die bisherigen Präventivmaßnahmen aber nicht ersetzen, sondern ergänzen.
In den NRW-Anstalten ist bereits ein sogenanntes "Erst-Screening" vorgeschrieben, um suizidgefährdete Häftlinge besser zu erkennen. Wer als stark gefährdet gilt, wird in einem besonders gesicherten Haftraum durchgängig überwacht. Weniger akute Fälle werden in Intervallen kontrolliert. In den vergangenen drei Jahren war die Zahl der Selbsttötungen in den 36 Haftanstalten in NRW rückläufig. Nach Angaben des Justizministeriums von NRW nahmen sich hier 2018 elf Gefangene das Leben; 2017 waren es 13 und 2016 waren es 19.
Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es im Vorspann, die Software solle in einem Gefängnis in Sachsen entwickelt werden. Das ist falsch, wir haben die Passage korrigiert.
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