Landgericht Hamburg Springer-Verlag verliert wieder einmal Adblocker-Prozess

Adblock Plus
Foto: Stephan Jansen/ dpaDas Landgericht Hamburg hat eine Klage des Verlagskonzerns Axel Springer gegen die Kölner Firma Eyeo, Entwickler des bekannten Werbeblockers Adblock Plus, abgewiesen. Nach Auffassung der Richter verstößt das Programm nicht gegen das Urheberrecht.
Der juristische Streit zwischen Axel Springer und Eyeo dauert mittlerweile acht Jahre . 2014 hatte der Konzern das erste Mal vor dem Landgericht Köln Klage gegen den Software-Hersteller eingereicht. Zwar konnte Axel Springer einige Teilerfolge erzielen, scheiterte aber vor dem Bundesgerichtshof (BGH) auf ganzer Linie. Das Bundesverfassungsgericht nahm eine Beschwerde gegen das BGH-Urteil nicht an.
Beträchtliche Einnahmeverluste
In dem Streit geht es um viel Geld, Werbung ist immer noch eine der Haupteinnahmequellen für Onlinemedien. Nach Zählung des Digitalverbands BVDW werden in Deutschland bei mehr als jedem fünften Abruf einer Website Werbeeinblendungen durch Browser-Erweiterungen blockiert.
Auch wenn Springer auf »Bild.de« mittlerweile Adblock-Nutzer erfolgreich blockiert, will sich der Verlag nicht mit dem Einnahmeverlust abfinden. Dies sei ein Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Pressefreiheit, argumentieren die Verlagsjuristen. Springer will mit seinen Klagen nicht nur erreichen, dass Eyeo die Blockade von Werbung auf den Verlagsangeboten einstellt, sondern fordert zudem Schadensersatz für alle seit 2016 verhinderten Werbeabrufe.
Die ersten Klagen stützten sich weitgehend auf das Wettbewerbsrecht: Eyeo stellt den Adblocker kostenfrei zur Verfügung, verlangt aber von Unternehmen Gebühren, wenn sie besonders unauffällige Werbung durch den Filter schleusen wollen. Für die Juristen mehrerer Verlage erschien dieses Geschäftsmodell unrechtmäßig, da es hier nur darum gehe, in den Betrieb anderer Unternehmen einzugreifen. Doch die obersten Richter wiesen dieses Argument zurück.
Mit der neuen Klage greift Axel Springer auf ein anderes Argument zurück. Durch den Eingriff in den Programmcode verstoße Adblock Plus gegen das Urheberrecht. Dabei haben die Verlagsjuristen einen interessanten Präzedenzfall gefunden. Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte 2012 einem Anbieter den Vertrieb sogenannter Cheating-Programme für die Playstation Portable verboten , mit denen sich Spieler unzulässige Vorteile verschafften. Damals hieß es: Durch den Eingriff in den Arbeitsspeicher griffen die Schummelprogramme so tief in die Computerspiele ein, dass die Urheber dies erst genehmigen müssten.
Das Landgericht Hamburg sieht in dem nun vorliegenden Urteil aber einen grundlegenden Unterschied zwischen den Schummelprogrammen und Werbeblockern. Zwar verändert auch Adblock Plus die Ausgabe von Websites in einer Art, die von den Erstellern ausdrücklich nicht erwünscht ist. Aber dabei manipuliert das Programm nicht die übertragenen Dateien selbst, sondern ändert die Struktur der Darstellung, die im Browser erzeugt wird. Im Endeffekt ändere damit Adblock Plus nicht die Programmsubstanz, sondern lediglich den Programmablauf.
Diese feine Unterscheidung ist notwendig, wie die Richter ausführen: Würde man das Urheberrecht zu weit auslegen, wären damit auch gänzlich unbedenkliche Eingriffe verboten – Programme unterschiedlicher Hersteller könnten nicht zusammenarbeiten und Nutzer könnten zum Beispiel das Laden von Grafiken nicht abschalten, um Bandbreite zu sparen.
Keine Schöpfungshöhe
Die Richter wiesen auch einen anderen Vorstoß zurück. Der Verlag wollte seine Seiten als »Multimediawerke« geschützt sehen, also quasi als Gesamtkunstwerk. Da derartige Websites jedoch in industriellen Prozessen erstellt werden, bei dem kein einzelner Schöpfer das Erscheinungsbild bestimmt, wird hier nicht die notwendige persönliche Schöpfungshöhe erreicht.
Der Rechtsstreit ist damit nicht zu Ende. Ein Verlagssprecher von Axel Springer kündigte bereits an, dass der Verlag Rechtsmittel einlegen will. Damit landet das Verfahren wieder vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht, das die Entscheidung zu der Cheating-Software vor einem Jahrzehnt getroffen hatte.