Gesichtserkennung Schwarzer wegen Softwarefehler offenbar fast eine Woche inhaftiert

Polizeibeamte in den USA (Archivbild): »Mit einer Verhaftung aufgrund eines Gesichts weit aus dem Fenster gelehnt«
Foto: Joe Raedle / AFPIm Süden der USA saß ein Mann offenbar nahezu eine Woche im Gefängnis, weil eine Gesichtserkennungssoftware ihn fälschlicherweise als einen gesuchten Dieb identifiziert hatte. Der Vorfall ereignete sich bereits vor einigen Wochen, wurde aber erst jetzt durch eine Recherche des lokalen Nachrichtenportals Nola.com bekannt .
Demnach wurde der 28-jährige Randal Reid Ende November während einer Polizeikontrolle im US-Bundesstaat Georgia festgenommen. Nach eigenen Angaben war er damals gerade zu einer Thanksgiving-Feier mit seiner Mutter unterwegs. Die Polizisten hätten ihm mitgeteilt, dass gegen ihn ein Haftbefehl der Gemeinde Jefferson Parish im US-Bundesstaat Louisiana wegen Diebstahls vorliege, berichtete Reid demnach. Daraufhin habe er geantwortet: »Ich war noch nie in meinem Leben in Louisiana und ich stehle auch nicht«.
Trotzdem sei Reid anschließend festgenommen worden. Grundlage für den Haftbefehl ist laut dem Medienbericht, der sich unter anderem auf Gerichtsunterlagen stützt, ein Ermittlungsverfahren der Polizei aus dem mehrere Hundert Kilometer vom Ort der Festnahme entfernten Jefferson Parish. In dem Verfahren geht es demnach um den Diebstahl von Handtaschen der Luxusmarken Chanel und Louis Vuitton, bei dem mehrere Verdächtigte auch durch Überwachungskameras gefilmt wurden. Bei einem Abgleich der Aufnahmen mit einer Software für Gesichtserkennung wurde dann Reid als Verdächtiger identifiziert.
Laut dem Rechtsanwalt Tommy Calogero wurde Reid schließlich am 1. Dezember, sechs Tage nach seiner Festnahme, entlassen. Die Polizisten hätten ihren Fehler »taktisch« zugegeben, so Calogero. Reid habe ein Muttermal im Gesicht und sei knapp 20 Kilogramm schwerer als der Beschuldigte auf den Aufnahmen der Überwachungskameras. »Ich glaube, sie haben gemerkt, dass sie sich mit einer Verhaftung aufgrund eines Gesichts weit aus dem Fenster gelehnt haben«, so der Rechtsanwalt.
Randal Reid berichtete, er habe im Gefängnis Angst bekommen, wegen der fehlerhaften Festnahme seinen Job zu verlieren. Die Polizei wollte sich zu dem konkreten Fall auf Anfrage der Lokalzeitung nicht äußern.
Biometrische Programme in der Kritik
Welche Gesichtserkennungssoftware zu der Festnahme führte, blieb unklar. Die Polizei in dem Bundesstaat nutzte in der Vergangenheit offenbar Produkte des französischen Unternehmens Idemia und der Firma Clearview AI.
Der Einsatz von Gesichtserkennungsprogrammen durch staatliche Behörden steht immer wieder in der Kritik. Beispiele für eine fragwürdige Nutzung der Programme gibt es inzwischen mehrere. Mindestens drei US-Bürger wurden bereits irrtümlich festgenommen , weil die Polizei den falsch positiven Treffern von Gesichtserkennungsprogrammen glaubte. Alle drei sind, wie auch Randal Reid, Schwarze. Gesichtserkennungssoftware steht im Ruf, bei Nicht-Weißen schlechter zu funktionieren als bei Weißen, was auf einseitige Trainingsdaten zurückgeführt wird.
Die Überwachung und Unterdrückung muslimischer Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang geschieht laut Amnesty International ebenfalls mithilfe europäischer Gesichtserkennungstechnik. (Lesen Sie hier mehr über die Risiken von Gesichtserkennung.)