Microblogging Twitter will endlich Geld verdienen
Twitter gehört derzeit zu den meistdiskutierten Phänomenen im Internet. Mit Twitter kann jeder Mitteilungen verschicken, die höchstens 140 Anschläge lang sein dürfen. Einen speziellen Adressaten gibt es dabei nicht. Eine Twitter-Meldung kann jeder lesen, der auch einen Twitter-Account hat - und das sind zur Zeit mehr als sechs Millionen Menschen. So hat Twitter einen völlig neuen Weg für die Kommunikation im Internet eröffnet. Nur eines fehlt noch: Twitter verdient derzeit kein Geld.
Nach drei Jahren stellt sich allmählich doch die Frage, ob Twitter den Sprung schaffen wird von einer interessanten Idee zu einem tragfähigen Geschäftsmodell. Im Frühjahr soll ein erster Versuch unternommen werden, ernsthaft Geld zu verdienen. Mitgründer Evan Williams verspricht, die bisherigen Nutzer würden dadurch nicht vergrault. "Es gibt für uns keinen Grund, warum das nicht eine sehr große und profitable Einrichtung werden sollte", sagt Williams, der Chef des in San Francisco ansässigen Unternehmens ist. "Wir haben genug Traffic auf unserer Website, dass wir dort Werbung plazieren und vielleicht auch genug Geld damit verdienen könnten, um unsere Rechnungen zu bezahlen. Aber es lässt sich bestimmt auch noch etwas Interessanteres daraus machen." Was er neben der Werbung sonst noch im Sinn hat, will der 36-Jährige nicht sagen. Aber er und die handvoll Leute, denen Twitter gehört, scheinen sehr zuversichtlich zu sein. Sie lehnten immerhin vor drei Monaten ein Übernahmeangebot über 500 Millionen Dollar von Facebook ab, dem größten sozialen Netzwerk der Welt.
Diese Ablehnung war zwar nicht ohne Risiko, aber akute Geldsorgen hat Twitter nicht. 55 Millionen Dollar an Risikokapital hat das Unternehmen schon bekommen und erst kürzlich wurde eine weitere Finanzierungsrunde über 35 Millionen Dollar abgeschlossen.
Suchmaschine im Mittelpunkt
Wie Facebook, MySpace, YouTube und andere auf Nutzergemeinschaften ausgerichtete Websites bietet auch Twitter den Menschen eine Plattform, um sich auszudrücken und um sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Die über Twitter gesendeten Kurzmitteilungen, die sogenannten Tweets, sind zwar prinzipiell für jeden bestimmt, die Nutzer beobachten aber meist die Updates bestimmter Personen oder auch Firmen und Medien. Als Follower (Anhänger) bekommt man dann automatisch jede neue Nachricht des Betreffenden. Mit 260.000 registrierten Followern ist US-Präsident Barack Obama absoluter Spitzenreiter, auch wenn er seit dem Einzug ins Weiße keinen Tweet mehr verschickt hat.
Wer wissen will, was gerade auf Twitter so alles los ist, kann dazu auch eine Suchmaschine nutzen. Sowohl Williams als auch ein weiterer Twitter-Gründer, Biz Stone, deuteten an, dass sie die Suchtechnik für ihren eigentlichen Schatz halten. Der besondere Wert liegt darin, dass sich mit der Suchtechnik schnell die Flut der Tweets durchforsten lässt und dass man so einen Überblick über das erhält, was in der Welt so gerade vorgeht. Das kann derzeit auch Google nicht.
Industrie zeigt Interesse
Die Industrie ist schon aufmerksam geworden. Etliche Firmen haben bei Twitter Accounts eingerichtet, um zu wissen, was über sie so gesagt wird. Andere nutzen Twitter als Marketinginstrument. So hat Dell schon Sonderangebote an seine mehr als 18.000 Follower verschickt.
Wie Williams und Stone erklärten, werden derzeit Möglichkeiten geprüft, wie Twitter die kommerzielle Nutzung des Dienstes zu Geld machen könnte. Private Accounts sollten aber auf jeden Fall kostenlos bleiben, versichern beide. Solche Überlegungen stoßen bei den Firmen, die Twitter nutzen, nicht gerade auf große Begeisterung. Es käme darauf, was Twitter haben wolle, sagt Tony Hsieh, Chef von Zappos.com, der Twitter für Werbung, aber auch die Kommunikation mit den mehr als 58.000 Followern nutzt. Für unentbehrlich hält er den Dienst offenbar nicht.
Es sind Äußerungen wie die von Hsie, die Zweifel daran aufkommen lassen, ob Twitter es je schaffen wird, Geld zu verdienen. Hinzu kommt noch, dass die großen sozialen Netzwerke wie Facebook und MySpace bei ihren Versuchen, Werbung in Foren zu plazieren, auf deutlichen Widerstand gestoßen sind. "Alle diese Sites stehen vor der gleichen Herausforderung", sagte Peter Daboll, der seit Jahren das Verbraucherverhalten im Internet untersucht. "Wie können sie ihre große Zahl an Nutzern einsetzen und diese auch weiter bei der Stange halten, ohne sie mit einem Haufen Schrott vor den Kopf zu stoßen."