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Patrick Beuth

Hype um künstliche Intelligenz »Erstellen Bilder ab Wörter mit KI«

Patrick Beuth
Ein Newsletter von Patrick Beuth

Liebe Leserin, lieber Leser,

move fast and break notfalls die Grammatik: Microsoft lässt bei der Veröffentlichung seiner neuen KI-Werkzeuge Sorgfalt vermissen. Google, Adobe und andere sitzen dem Konzern im Nacken.

Als wir im SPIEGEL Anfang März einen ganzen Titelkomplex zum Thema künstliche Intelligenz (KI)  veröffentlichten, verwendeten wir mehrfach Begriffe wie Wettrüsten, Wettlauf und Wettbewerb. Das passte meinem Empfinden nach gut zu den geradezu albernen Versuchen von Microsoft und Google  Anfang Februar, sich mit eilig anberaumten KI-Ankündigungen gegenseitig aus dem medialen Rampenlicht zu schubsen.

Schon damals gab es Pannen, wie etwa einen Faktenfehler in Googles erster Pressemitteilung zu Bard, dem hauseigenen Chatbot und ChatGPT-Konkurrenten. Doch auch jetzt scheint noch zu gelten: Wer bremst, verliert. Move fast and break things , notfalls auch die Grammatik.

Microsoft jedenfalls hat am Dienstag mit der schrittweisen Einführung eines Text-zu-Bild-Generators in die chatbasierte Version seiner Suchmaschine Bing  begonnen. Wer einen der frühen Zugänge hat, soll nun nach und nach die Möglichkeit bekommen, Bing nicht nur in natürlicher Sprache um Informationen zu bitten, sondern auch um eigens erzeugte Bilder. Die Technologie dahinter basiert auf DALL-E von OpenAI. Wer noch keinen Zugang hat, kann das Ganze unter bing.com/create  ausprobieren. Die Website begrüßt deutsche Nutzerinnen und Nutzer mit dem Satz »Erstellen Bilder ab Wörter mit KI«.

Klarer kann man wohl kaum zeigen, dass Sorgfalt derzeit nicht die allerhöchste Priorität hat. Vielleicht hätte jemand bei Microsoft eine externe KI für die Übersetzung aus dem Englischen verwenden sollen: DeepL  zum Beispiel bekommt das wunderbar hin.

»Erstellen Bilder ab Wörter mit KI« – so steht es wirklich auf einer Microsoft-Website

»Erstellen Bilder ab Wörter mit KI« – so steht es wirklich auf einer Microsoft-Website

Foto: Microsoft

Bingen, Barden oder OpenAIen? Hoffentlich nicht

Die Eile ist immerhin nachvollziehbar. Wer es als Erster schafft, seine generative KI aus peinlichen Fehlern lernen zu lassen und marktreif zu machen, könnte massiv davon profitieren. »Googeln« hat es 2004 als verallgemeinerter Begriff für die Nutzung einer Suchmaschine in den Duden geschafft – nun geht es quasi darum, den Begriff für die Nutzung dieser neuen KI-Werkzeuge zu prägen. (Bingen, Barden oder OpenAIen wird es aus verschiedenen Gründen hoffentlich nicht.)

Ebenfalls am Dienstag gewährte Google ersten externen Testpersonen und US-Medien  den Zugang zu Bard. Es gibt eine Warteliste für weitere Freiwillige, fürs Erste jedoch nur in den USA und Großbritannien. Google versucht, die richtige Balance aus Zurückhaltung und Geschwindigkeit zu finden. Trotzdem kursieren auf Twitter schon haarsträubend wirkende Beispiele  dafür, wie daneben Bard mitunter liegen kann. Sie zeigen, wie weit das System noch davon entfernt ist, alltagstauglich zu sein. Aber Vorsicht: Manche der angeblichen Bard-Fails sind lustig, aber womöglich nicht echt .

Das Ganze ist übrigens keineswegs nur ein Zweikampf zwischen Microsoft und Google. Adobe zum Beispiel mischt jetzt richtig mit. Ebenfalls am Dienstag – der 21. März scheint in den USA eine Art KI-Feiertag zu sein – hat das Unternehmen eine eigene KI-Familie unter dem Namen Firefly vorgestellt . Das erste Werkzeug daraus ist ein Text-zu-Bild-Generator im Stil von DALL-E, Midjourney und Stable Diffusion . Man kann sich das gut als eine Art Doping für Photoshop vorstellen.

Und Roblox hat derweil KI-Werkzeuge veröffentlicht , mit denen seine Millionen von spielenden und Spiele-entwickelnden Nutzerinnen und Nutzer auf Basis simpler Texteingaben brauchbaren Gamecode erzeugen können. Oder wie Microsoft es beschreiben würde: »Erstellen Spiele ab Wörter mit KI«

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Ich wünsche Ihnen eine erfreuliche Restwoche

Patrick Beuth

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