Linux-Anhänger haben eine Abendveranstaltung von Microsoft gestört, bei der der Konzern Berliner Abgeordnete über sich "informieren" wollte. Als Linux-Pinguine verkleidete Aktivisten kamen zwar nur ins Foyer - Fähnchen mit dem Aufdruck Alt+F4 aber bis aufs Buffet.
Der gestrige Lobbyabend besaß sein ganz eigenes Gschmäckle. Microsoft hatte ins Berliner Abgeordnetenhaus geladen. Rund 50 der insgesamt 141 Berliner Parlamentarier kamen, um sich in entspannter Atmosphäre bei Schnittchen, Bier und Dessert von dem Softwarekonzern informieren zu lassen.
Erst wenige Tage zuvor hatte die Berliner Verwaltung festgestellt, dass ein Umstieg vom Betriebssystem Windows zur Open-Source-Software Linux machbar ist. Linux sei mit "geringfügig niedrigeren Betriebskosten als Windows zu betreiben", hieß es in dem Bericht des Innensenators Erhart Körting. Die Umstellungskosten seien jedoch als kritischer Entscheidungsfaktor zu betrachten. Diese Kosten würden für die Berliner Verwaltung gegenwärtig geprüft.
Die Abgeordneten der Grünen hatten die Lobbyveranstaltung im Vorfeld scharf kritisiert und waren gestern Abend geschlossen nicht erschienen. Stattdessen kamen - allerdings ohne eingeladen zu sein - Vertreter der Grünen Jugend und des Chaos Computer Clubs (CCC), um der Veranstaltung ihre eigene Note zu geben. "Monokultur ist keine Innovation!", erklärte der CCC auf seiner Website und forderte Bürgermeister Klaus Wowereit auf, Mut zu Alternativen zu zeigen und verstärkt freie Software einzusetzen.
Drei als Linux-Pinguin Tux verkleidete Aktivisten wollten ursprünglich auch an dem Infoabend teilnehmen. Die Veranstalter wiesen sie jedoch am Einlass zurück. Trotzdem schafften es einige Linux-Anhänger in den Saal. Sie schossen fleißig Fotos und bestückten bereitstehende Desserts mit kleinen Fähnchen, auf denen die Tastenkombination Alt+F4 zu lesen war - der unter Windows übliche Befehl zum schnellen Beenden einer Anwendung.
Bereits am Nachmittag hatten drei Linux-Pinguine vor dem Berliner Abgeordnetenhaus gegen die Veranstaltung protestiert. Unter dem Motto "Fenster zu - es zieht!" enthüllten sie ein großes "Alt+F4"-Banner. CCC, Grüne Jugend und das Netzwerk Neue Medien verlangten, dass in Schulen Alternativen zu Microsoft zumindest aufgezeigt werden müssten anstatt "blind das Monopol zu festigen". Schüler sollten Software im Prinzip verstehen lernen und nicht auf einen Hersteller konditioniert werden.
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