Foto: DER SPIEGEL
Matthias Kremp

Mobile World Congress Und dann war da noch diese Handymesse

Matthias Kremp
Ein Netzwelt-Newsletter von Matthias Kremp

Liebe Leserin, lieber Leser,

normalerweise wäre ich an diesem Montagmorgen in Barcelona aufgewacht. Nicht, um Urlaub zu machen, sondern meinen Job. Der Wecker hätte früh geklingelt, ich hätte mein Werkzeug zusammengepackt – Notebook, Smartphone, Visitenkarten, Messeausweis – und wäre mit der Bahnlinie L8 zur Fira Gran Via gefahren, dem neuen Messegelände der Stadt. Denn dort beginnt heute der Mobil World Congress (MWC), die größte und wichtigste Messe für alles, was mit Smartphones und mobiler Kommunikation zu tun hat.

Ich weiß nicht, wie oft ich schon dort war, aber im vergangenen Jahrzehnt gehörte der MWC zu den Fixpunkten meiner Jahresplanung. Im Februar 2020 konnte mich nicht mal die pandemiebedingte Absage der Veranstaltung davon abhalten, dorthin zu reisen, um über die kläglichen Auftritte jener zu berichten, die sich der Absage nicht beugen wollten. Damals dachte man noch, Corona bald im Griff zu haben.

Der Eingangsbereich des MWC am Montagmorgen: Ein Ansturm sieht anders aus

Der Eingangsbereich des MWC am Montagmorgen: Ein Ansturm sieht anders aus

Foto: ALBERT GEA / REUTERS

Als die Messe 2021 dann wieder stattfand, war ich nicht der einzige, der gelernt hatte, dass mit dem Virus nicht zu spaßen ist und man lieber zu Hause bleiben sollte. Den Veranstaltern zufolge kamen nur rund 20.000 Menschen nach Barcelona , um neue Mobilfunktechnik zu präsentieren und anzuschauen. 2019 waren es noch mehr als 100.000.

Dieses Jahr sollte die Wende bringen. Doch erneut haben sich viele Stammgäste wie ich entschieden, lieber nicht anzureisen. Zum einen ist das Coronavirus längst nicht in die Knie gezwungen, zum anderen wurden viele Ankündigungen schon vorab, außerhalb der Messe präsentiert. So konnte ich das neue Samsung Galaxy S22 Ultra längst testen, ebenso wie Motorolas Edge 30 Pro und das edle Keramik-Smartphone Find X5 Pro von Oppo. Weitere Testgeräte sind schon geliefert worden.

Und so bleibt es an diesem ersten Messetag im Jahr 2022 bei einer Reihe von Ankündigungen aus der zweiten Reihe und manchen, die man nicht unbedingt auf einer Mobilfunkmesse vermuten würde. Samsung beispielsweise zeigt in Barcelona keine neuen Smartphones, sondern neue Notebooks. Immerhin, die sind mobil.

Für den neuen Laserdrucker von Huawei dürfte das nicht gelten. Der von US-Sanktionen gebeutelte chinesische Konzern zeigt auf der Messe sein »Super-Gerät«, das kein Gerät ist, sondern ein Konzept für das nahtlose Zusammenarbeiten von Notebook Tablet, Smartphone und Peripheriegeräten . Apple hat vorgemacht, wie das funktionieren kann, nun will die Konkurrenz ihre Gadgets ähnlich eng verzahnen. Das soll den Nutzerinnen und Nutzern zugutekommen, denen es leichter gemacht wird, Daten zwischen den Geräten austauschen oder etwa Smartphone-Apps auf dem Laptop zu nutzen. Und natürlich kommt es den Herstellern entgegen, die ihre Kunden auf diese Weise enger an sich binden.

Huaweis MatePad Paper auf dem MWC 2022

Huaweis MatePad Paper auf dem MWC 2022

Foto:

NACHO DOCE / REUTERS

Doch es gibt auch einige zumindest interessante Gadget-Ankündigungen auf dem MWC. Smartphone-Hersteller Realme etwa kündigt dort das GT Neo 3 an, das mit einem 150-Watt-Netzteil in fünf Minuten zu 50 Prozent aufgeladen werden soll. Wann und zu welchem Preis es das geben soll, dazu schweigt das Unternehmen. Huawei hat mit dem MatePad Paper  einen E-Book-Reader im Gepäck, der zusammen mit einem Stift auch als digitaler Notizblock taugen soll. Und Lenovo kündigt – nicht auf der Messe, sondern per Pressemitteilung – das ThinkPad X13s an, ein Notebook, dass dank Smartphone-Chip nicht nur in 5G-Netze kommt, sondern eine Akkulaufzeit von 28 Stunden erreichen soll.

Aber all das wird durch die aktuellen Ereignisse relativiert, das hat offensichtlich auch die Messegesellschaft erkannt. Denn auf der Website des MWC heißt es nicht nur, dass man »die russische Invasion der Ukraine« verurteile, sondern auch, dass »der MWC unter den gegebenen Umständen unerheblich erscheint«. Man folge außerdem den staatlichen Maßnahmen und Sanktionen: »Einen russischen Pavillon wird es auf dem MWC 2022 nicht geben.«

Fremdlinks: Drei Tipps aus anderen Medien

  • Infoluencer  (Twitter-Account, bislang rund 10.000 Tweets)
    Nicht nur in Kriegstagen wirkt die Welt der Social-Media-Influencer bizarr. Wer dem Twitter-Account Infoluencer folgt, bekommt interessante und scharf kommentierte Einblicke in das Geschäft mit Klicks und Produktplatzierungen. Der Account war 2020 als »zweiwöchiges Coronaprojekt« geplant , nun feiert er seinen zweiten Geburtstag.

  • »Sid Meier warns the games industry about monetisation « (Englisch, vier Leseminuten)
    Starentwickler Sid Meier, bekannt vor allem für die Strategiespiel-Reihe »Civilization«, hat mit der BBC über die Lage der Gamesbranche gesprochen. Spielefirmen rät Meier, sich primär auf das Gameplay zu fokussieren, nicht etwa auf die Monetarisierung.

  • Mobile Phone Museum  (Online-Ausstellung)
    Lust auf einen Trip in die Tech-Vergangenheit? Im virtuellen Mobile Phone Museum, das zwei Briten Ende 2021 ins Netz gestellt haben, können Sie sich durch mehr als 2200 Handys klicken. Anfangen können Sie zum Beispiel in der Kategorie »Hässlichste Geräte«.

Kommen Sie gut durch diese Woche,

Matthias Kremp

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren