Netzangriff Linke Hacker knacken Neonazi-Datenbank
Insgesamt konnten die Hacker Datensätze von 31.948 Neonazis kopieren, heißt es in einem Bericht der "Frankfurter Rundschau". Darunter sollen auch Daten von rund 500 Mitgliedern aus Deutschland sein. Außerdem kopierten die Computerspezialisten Forenbeiträge und Fotos, die von den Mitgliedern des Neonazi-Netzwerks auf den Server geladen worden waren. Die kompletten Datensätze wurden von den linken Netzaktivisten für jedermann verfügbar als Download ins Netz gestellt, wie die antifaschistische Hackergruppe mitteilt. Seit September 2000 ist Blood and Honour hierzulande als verfassungsfeindliche Gruppierung verboten.
Nach Angaben der Daten-Antifa sei es den linksgerichteten Computerhackern "in einer aufwendig vorbereiteten Nacht-und-Nebel-Aktion" und in Zusammenarbeit mit befreundeten Gruppen aus dem In- und Ausland gelungen, sich Zugriff auf den bislang streng abgeschirmten Server des Blood- and-Honour-Netzwerks zu verschaffen, auf den sonst nur Mitglieder mit Passwort Zugriff haben. Zur Veröffentlichung der Daten habe man sich entschlossen, als klar wurde, dass es "Monate dauern würde, diese Datenflut auszuwerten".
Günther Hoffmann vom Zentrum Demokratische Kultur sagte der "Frankfurter Rundschau", die Tragweite dieses Schlags gegen den militanten Rechtsextremismus sei überhaupt noch nicht absehbar: "Jetzt werden einige Leute im rechtsextremen Umfeld, darunter sicher auch Aktivisten der NPD, sehr nervös werden." NPD-Aktivisten halten dem Bericht zufolge Kontakte zu Blood and Honour geheim, um die Legalität der Partei nicht zu gefährden. Selbst Parteichef Udo Voigt soll aber schon vor ungarischen Blood-and-Honour-Anhängern aufgetreten sein.
Ursprünglich in Großbritannien gegründet hat sich das Blood-and-Honour-Netzwerk mittlerweile weltweit ausgedehnt. Außer seiner Kernfunktion als Plattform zur Organisation von Konzerten von Neonazi-Bands dient es zur Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts. Der Name des Netzwerks wurde vom Leitspruch der Hitlerjugend, "Blut und Ehre", abgeleitet. Auf ihrer Startseite bezeichnet sich die Organisation als musikbasiertes Widerstandsnetzwerk, das keiner Partei oder politischen Organisation verpflichtet sein.
Katharina König vom Jenaer Aktionsbündnis gegen Rechts sagte der "Frankfurter Rundschau", es gebe nun Beweise, dass Blood-and-Honour-Konzerte nach wie vor in Deutschland stattfinden und dass deutsche Rechtsextremisten sich an der Organisation solcher Konzerte im Ausland beteiligt hätten. Zudem haben sie sogenannte Red-Watch-Listen sichergestellt, auf denen Neonazis Informationen über politische Gegner gesammelt hatten. König gibt sich sicher, die Polizei werde "ihre Schlüsse daraus ziehen".
Um herauszufinden, dass auch deutsche Neonazis die Plattform nutzen, um Konzerte und Kundgebungen zu organisieren, war der Hack freilich nicht nötig. Auf einer deutschen Seite des Netzwerks wird beispielsweise auf ein Konzert rechter Bands hingewiesen, das am 6. September stattfinden soll. Ort und Zeitpunkt werden Interessierten allerdings nur per Handy mitgeteilt.
mak/afp