Netzwelt-Ticker Enthüllungs-Wiki für Informanten nicht erreichbar

Seit Wochen scheint die berüchtigte Whistleblower-Site Wikileaks zu verfallen: Stecken Geldprobleme dahinter - oder Unvermögen? Außerdem: Amazon wird Lebensmittelhändler, Posterous ärgert Poster und die Musikindustrie führt Kopierschutz für Gold- und Platinplatten ein. Das und mehr im Überblick.
WikiLeaks: Der Link zur "sicheren Einsendung" führt derzeit nur zu einer Fehlermeldung

WikiLeaks: Der Link zur "sicheren Einsendung" führt derzeit nur zu einer Fehlermeldung

Das US-Magazin Wired.com erkennt einen zunehmenden Verfall der Whistleblower-Site Wikileaks , bei der anonyme Informanten brisante Informationen veröffentlichen können - oder besser: konnten. Seit zwei Wochen ist das Online-Einreichungsformular nicht mehr zu erreichen. Den Fehler kann jeder nachvollziehen: Der auf Wikileaks.org beworbene Link zum sicheren Hochladen von Dokumenten  führt derzeit nur zu einer Fehlermeldung.

Seit Anfang des Jahres veröffentliche die Website nur zwölf Dokumente, das letzte vor vier Monaten. Zu Hochphasen erreichten Wikileaks circa 30 Dokumente pro Tag , schrieb der "New Yorker" im Mai. Der Formular-Ausfall geht laut Wired.com auf eine fehlende Erneuerung eines SSL-Sicherheitszertifikats zurück; rätselhaft ist, warum Wikileaks dies nicht veranlasst hat. Wikileaks-Gründer Julian Assange kommentierte die Tatsache gegenüber Wired.com nicht.

Es kriselt auch an anderer Stelle: Wie kann es sein, dass eine Website, die oft hochbrisante Dokumente unter dem Mantel der Verschwiegenheit veröffentlichen will, potentielle Informanten nicht besser schützt, etwa durch die Veröffentlichung eines PGP-Schlüssels, mit dem Informanten verschlüsselte E-Mails an die Wikileaks-Verantwortlichen schicken könnten? In einem Chat-Gespräch räumte einer der inoffiziellen Wikileaks-Sprecher solche Fehler ein: "Ich stimme dem zu. Das war mir nicht bewusst." Nur in einem "sicheren" Chatroom - dessen Sicherheitszertifikat von keiner vertrauenswürdigen Stelle ausgestellt wurde - gebe es zumindest theoretischen Schutz.

Konzentriert sich Wikileaks vielleicht auf die Veröffentlichung nur noch weniger, dafür umso brisanterer Informationen? Dafür spräche die Ankündigung der Veröffentlichung eines neuen Videos, das die US-Armee unter Verschluss hält. Es soll einen Luftangriff in Afghanistan zeigen - und das, wie das berüchtigte "Collateral Murder"-Video schon zuvor zu einem Spendenanstieg führen dürfte. Das Spendenformular auf Wikileaks funktioniert im Gegensatz zum Dokumenten-Upload offenbar problemlos.

Amazon verkauft jetzt auch Lebensmittel

Der Online-Händler Amazon steigt in das Geschäft mit Lebensmitteln ein: Auf einer "Lebensmittel und Getränke"-Unterseite  (noch im Beta-Stadium) bietet Amazon ein breites Spektrum an Lebens- und Genussmitteln, Gemüse, Fleisch und Knabberartikel.

Insgesamt bietet Amazon derzeit 35.000 Lebensmittel an - mehr als jeder andere Offline-Laden. In speziellen Kategorien werden etwa "Mediterrane Spezialitäten" oder nach Ländern sortierte Produkte angeboten: Für Frankreich ist das beispielsweise Wein und Hundefutter, für die Türkei Dörrobst und Apfeltee. Große Freude dürfte Amazons Angebot für all jene sein, die Spezialkost essen wollen oder müssen : Bisher etwa listet der Online-Händler - in der Sortierung nach Produkteigenschaften - über 1100 vegane, über 900 glutenfreie, über 450 laktosefreie - aber nur 67 koschere Produkte.

Zehn Prozent der Produkte verkauft Amazon selbst, der Rest kommt von Handelspartnern. Bisher nur in Seattle, vermutlich bald schon überall liefert Amazon sogar frisches Gemüse . Eine tolle direkte Absatzmöglichkeit etwa für Bauern, die sich keinem Supermarkt-Diktat unterwerfen wollen?

Die Warenlieferung erfolgt Amazon-typisch: Versand ab 20 Euro kostenlos; wer in Frankfurt und Berlin vor 11 Uhr bestellt, bekommt die Waren noch am selben Tag.

Facebook bessert bei Datenschutz in Anwendungen nach

Facebook-Anwendungen sind bislang sehr freizügig mit den Daten ihrer Nutzer umgegangen - auf Kritik an dieser Praxis hat das Online-Netzwerk jetzt reagiert. Facebook-Apps wie das Online-Spiel Farmville müssen künftig genau angeben, auf welche Informationen von Nutzern sie zugreifen, sofern diese nicht öffentlich zugänglich sind. Als Grundeinstellung habe Facebook festgelegt, dass dritte Internetseiten und Online-Programme künftig nur noch auf jene Informationen zugreifen können, die Nutzer in ihren Profilen ohnehin öffentlich machen.

AFP/dpa

Posterous verärgert Nutzer mit Link-Werbung

Weil Posterous von Mitgliedern gepostete Links automatisch (und ungefragt) in Werbelinks verwandelt, fragt sich Techcrunch-Blogger Jason Kincaid, ob er weiterhin Fan des "supereinfach benutzbaren" Posting-Dienstes bleiben soll : "Leider haben die sich gerade einen ganz schön bösen Patzer geleistet."

Posterous ist Bloggen im Handumdrehen, wer einen interessanten Link, ein Bild, ein Video im Netz findet, kann diese schnell per Mail oder Browser-Plug-in in sein Posterous-Profil posten. Posterous habe nun damit begonnen, User-Links, die etwa auf einen Web-Shop wie Amazon, iTunes oder Walmart verweisen, mit Hilfe des Online-Dienstleisters VigLink in sogenannte Affiliate-Links zu verwandeln - sollte ein klickender Posterous-Leser an der Link-Adresse ein Produkt kaufen, bekommt das Unternehmen Posterous dafür einen Vermittlungsbonus.

Das ist an sich nicht weiter schlimm: VigLink ist integer, Posterous-Mitglieder dürfen keine Nachteile, etwa bezüglich eines privatsphärengefährdenden Profilings ihrer Leser befürchten - aber allein die Tatsache, dass Posterous ohne Vorwarnung Geld mit Nutzerlinks verdienen will, so Techcrunch, sei ein Vertrauensbruch. Um eine Stellungname gebeten, räumte Posterous-Mitgründer Sachin Agarwal den Fehler ein; man arbeite an einem Statement.

Google News mit mehr Personalisierung

Google hat seine Nachrichten-Sammelseite Google News überarbeitet . Die wichtigste Neuerung ist das "News for You"-Angebot, mit dem Google-News-Leser nun einstellen können sollen, welche Nachrichtenressorts oder einzelne Themen Google ihnen am häufigsten anzeigt. Ressort Sport: nie, Ressort U.S.: manchmal, Thema Weltuntergang: immer. Bisher konnte nur die Reihenfolge der Ressorts vom Leser festgelegt werden.

DRM für Trophäen

Der deutsche Bundesverband Musikindustrie (BVMI) feiert die Einführung eines neuen, physikalischen Kopierschutzes - für Platin- und Goldplatten, die besonders erfolgreichen Musikern, Komponisten und Textern verliehen wird. "Neue fälschungssichere Hologramm-Zertifikate" , so eine Pressemeldung auf Musikindustrie.de, sollen garantieren, dass diese Auszeichnung nur Künstler bekommen, die auch tatsächlich die für die Ehrung nötige Mindestanzahl von Platten verkauften: Derzeit bekommen Alben ab 100.000 und Singles ab 150.000 abgesetzten Exemplaren Gold, Platin bei der jeweils doppelten Anzahl. Eine Abbildung des Holograms und die genaue Auflistung der Gold/Platin-Kategorien und Anforderungen  gibt es hier , eine Datenbank aller bisher verliehenen Auszeichnungen in der Gold-/Platin-Datenbank  - die Gold/Platin-Alben-Liste für 2010  ist übrigens schon fast 80 Einträge lang!

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