Netzwelt-Ticker Europäischer Gerichtshof kippt belgische Webfilter

Keine Vollüberwachung per Filtersoftware: Der Europäische Gerichtshof kassiert ein belgisches Urteil, das einen Provider zu Kundenüberwachung verpflichtete. Außerdem im Überblick: Google nimmt große Filesharing-Sites aus den Suchvorschlägen und die Wahrheit über Katzen im Internet.
Ethernetkabel: Belgische Internetprovider müssen nicht allgemein überwachen

Ethernetkabel: Belgische Internetprovider müssen nicht allgemein überwachen

Foto: Corbis

Internetanbieter können nicht zum Einbau elektronischer Filter gezwungen werden, um das unzulässige Herunterladen etwa von Musikdateien zu verhindern. Dies entschied der Europäische Gerichtshof  (EuGH) im Fall eines belgischen Internetproviders in einem am Donnerstag verkündeten Urteil. Demnach dürfen Providern keine allgemeinen Überwachungspflichten auferlegt werden. Zudem müsse das Recht auf freien Datenaustausch gewahrt bleiben, entschied der EuGH.

Im aktuellen Fall hatte die belgische Gesellschaft zur Verwertung von Musikrechten, das GEMA-Pendant SABAM, geklagt, weil Internetnutzer Musik über den Provider Scarlet heruntergeladen hatten, ohne die Musik zu bezahlen. Sie nutzten dafür ein sogenanntes Peer-to-Peer-Programm. Damit können Nutzer direkt Verbindung zu Rechnern anderer Nutzer aufnehmen, um mit diesen Daten auszutauschen - zum Beispiel Musikdateien.

Der Provider war deshalb zunächst von einem belgischen Gericht verpflichtet worden, elektronische Sperrfilter einzubauen. Auf die Berufung des Providers entschied der EuGH nun, dass solch eine aktive Überwachung sämtlicher Kundendaten einer "allgemeinen Überwachung" gleichkomme, die mit der EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr unvereinbar sei. Zudem würde solch eine Pflicht zu einer Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit des Providers führen, da er ein kostspieliges und allein auf seine Kosten betriebenes Überwachungssystem einrichten müsste. (Az: C 70/10) (lis/AFP)

Google hilft Piraten nicht mehr weiter

Das Filesharing-Blog Torrentfreak.com beschwert sich über "Zensur" in der Google-Suche : In den Suchvorschlägen werde nicht mehr auf Filesharing-Portale wie The Pirate Bay oder isoHunt hingewiesen. Wer also bei Google in das Suchfeld "isoh" eingibt, bekommt zum Beispiel als ersten Suchvorschlag "Isohypsen" angezeigt und nicht mehr "isoHunt."

Die Antipiraterie-Maßnahme ist nicht ganz neu. Schon seit Januar 2011 ziert sich Google bei der Empfehlung von Piraterie-relevanten Suchbegriffen. Neu ist laut Torrentfreak.com die Aufnahme praktisch aller großen Filesharing-Seiten in die schwarze Liste - darunter auch so genannte Filelocker. Filelocker sind Websites, über die Surfer eigene Dateien weiterverbreiten können. Sie werden oft zum illegalen Filesharing missbraucht, oft aber auch als persönliche Spontan-Cloud für Dateien, die nicht in E-Mails passen, verwendet.

Aber ist das nun Zensur? Immerhin streicht Google diese Seiten nicht aus dem Suchindex, sondern weist nur nicht mehr aktiv auf sie hin. Hotfile jedenfalls, ein Filelocker-Dienst, dürfte einen Einbruch bei den Besucherzahlen registrieren. Mit Googles eigenen Web-Werkzeugen lässt sich ein drastischer Rückgang der Suchanfragen nach "Hotfile" zeigen. Seit Januar 2011, also dem Inkrafttreten von Googles Schwarzer Liste, sank die relative Suchhäufigkeit des Begriffs auf unter ein Drittel des Wertes in seiner Hochphase.

Ist das nun ein verdienter Schaden für ein Unternehmen, das mit den Urheberrechtsbrüchen seiner Kunden Geld verdient oder eine Bestrafung eines neutralen Übermittlers von Botschaften aller Art? Die Grenze zu ziehen fällt schwer - und das ist das eigentlich Bedenkliche an Googles Suchvorschläge-Korrektur: Google muss einen Schnitt machen und Inhalte herausnehmen. Die Frage ist nur, wo dieser Schnitt passiert - und wer ein Mitbestimmungsrecht an der Schnittführung erhält.

Intelligente Stromzähler: Strahlenrüpel im Haushalt

Sie sollen das Stromnetz intelligent machen, beim Stromsparen helfen und lästige Kundendienst-Termine überflüssig machen. Aber intelligente Stromzähler, die minütlich Stromverbrauchsdaten an den Energieversorger schicken, machen bisweilen Probleme. Neben grundsätzlichen Fragen (Datensicherheit, Angreifbarkeit) sind die Geräte auch von sich aus problematisch. In den USA melden Besitzer intelligenter Stromzähler, dass die Geräte anderen Haushaltsgeräten dazwischenfunken: Bluetooth-Weckern, Videoüberwachungsanlagen, W-Lan-Stationen, elektrischen Garagentoren und Babyfons, die im 2,4-Gigahertz-Band senden und empfangen. Ähnliche Probleme sind in Deutschland noch nicht bekannt.

Was am Donnerstag sonst noch in der Netzwelt wichtig war

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