Netzwelt-Ticker Geheimkamera-Gerücht schürt Paranoia

Ein YouTube-Video befeuert Verschwörungstheorien: Versteckt die US-Regierung wirklich Kameras in TV-Set-Top-Boxen? Außerdem im Überblick: Ein Handywurm verbreitet sich per SMS, Apple dürstet nach Flash-Speicher und ein irischer Provider richtet Sperrlisten ein.

Ein YouTube-Video "beweist" eine gruselige Verschwörungstheorie: Die US-Regierung versteckt Kameras und Mikrofone in den kleinen Set-Top-Boxen, die man sich im Wohnzimmer zum Fernseher stellt. Der Fernseher, der zurückschaut, eine wahr gewordene Orwell-Phantasie. Natürlich ist das Video nur ein Scherz - der aber von Verschwörungstheoretikern weltweit mit Begeisterung aufgenommen wurde. Der Video-Autor, selbst vom Videoerfolg überrumpelt, hat jetzt Angst vor der Reaktion des Herstellers der im Video dargestellten Magnavox-Box.

Hintergrund: Amerika stellt nach und nach auf Digital-TV um, die US-Regierung finanziert die dafür nötigen Settop-Boxen mit 1,3 Milliarden US-Dollar. Die vermeintliche Kamera-Verschwörung kommt nicht von ungefähr: Warum, fragen sich laut Wired.com  viele Amerikaner, sollte die Regierung so viel Geld in ein technisches Gadget investieren, das bald in vielen Millionen Wohnzimmern stehen soll, wenn nicht, um … ja, um all die vielen Verschwörungstheorien wahr zu machen.

Handywurm als Vorstufe zum mobilen Botnet?

Ein Handywurm namens "SymbOS/Yxes.A!worm" (Codename "Sexy View") besorgt die Virenexperten von Fortinet: Sie stellen den Wurm laut Pressetext.at  als Durchbruch bei der Verbreitung von Schadcode auf Mobiltelefonen dar. Mithilfe dieses Wurms könnten Cyberkriminelle ein mobiles Botnet aufbauen und für weitere Attacken verwenden.

Der Schädling wurde für das Handy-Betriebssystem Symbian S60 3rd Edition programmiert, er versteckt sich hinter einem Link, den der Wurm per SMS automatisch an das ganze Handy-Telefonbuch verschickt. Laut Fortinet nutze der Wurm ein ungültiges Sicherheitszertifikat, um dem Handybesitzer vorzugaukeln: Alles ok. Pressetext.at fragte beim deutschen Sicherheitsanbieter G Data nach, was man dort von "Sexy View" hält. Sprecher Thorsten Urbanski: "Wir sehen aktuell keine Bedrohung durch Handyviren, denn es gibt noch keine Vermarktungskonzepte für diese Schädlinge. Damit lässt sich derzeit kein Geld verdienen."

Vor dem mobilen Virus, der jetzt dann bald aber mal wirklich zuschlägt, wird schon seit Jahren gewarnt - bis jetzt ohne, dass die Bedrohung jemals wirklich konkret geworden wäre.

Samsung: Aller Flash-Speicher für Apple

Laut Winfuture.de  dürstet es Apple ungeheuerlich nach Flash-Speicher. Samsungs gesamte Flash-Produktion gehe an das Unternehmen aus Cupertino. Noch bis April solle das so weitergehen. Der Grund: Apple produziert die nächste Generation des iPhones - und arbeitet angeblich auch an einer Billigvariante des erfolgreichen Touchscreen-Handys. All das deutet auf massenhaften Absatz hin. Das könnte die Großbestellung erklären. Die jedenfalls hat schon jetzt Auswirkungen auf die gesamte Speicherindustrie: Apple braucht angeblich noch mehr Speicher als Samsung liefern kann. Das bedeutet auch: Flash-Speicher, seit Monaten auf einem Preis-Tiefstand, wird wieder teurer.

Musikindustrie erreicht Internetsperren gegen Pirate Bay

Die Musikindustrie hat nach jahrelangem Rechtsstreit erreicht, dass mit Eircom der größte Provider Irlands Internetsperren gegen Tauschbörsennutzer errichtet. Das berichtet Golem.de , das Onlinemagazin fragte gleich bei Eircom nach: "Wir werden keine Sperrverfügung abweisen", so ein Eircom-Sprecher. Sein Unternehmen werde auch keine Nutzerdaten an die Musikindustrie liefern: "Wir überwachen auch nicht den Traffic. Die Integrität des Netzwerkes bleibt unangetastet."

Die vier großen Majorlabels EMI, Sony-BMG, Warner und Universal haben zusammen mit dem Landesverband Irish Recorded Music Association (IRMA) seit Wochen Schreiben an die irischen Internetprovider verschickt, sie aufgefordert, bestimmte Websites zu sperren. Dazu berief sich die IRMA auf irisches und europäisches Recht. Eircom knickt nun nach einem jahrelangen Rechtsstreit gegen die Musikbosse ein. Schon Ende Januar musste das Unternehmen eine Schlappe hinnehmen, künftig Kunden verwarnen und letztlich aus dem Netz werfen, wenn sie mehrfach beim Filesharen erwischt werden.

Die anderen irischen ISPs werden nach dem Einknicken Eircoms wohl ähnlich reagieren. Folgen sie tatsächlich dem Eircom-Vorbild, so wäre Irland nach Einschätzung der irischen Tageszeitung "The Post"  das erste Land Europas, das Hunderte Websites über Sperrlisten blockiert. Für jeden Eintrag auf der Sperrliste muss nun zunächst ein richterlicher Sperrbeschluss eingeholt werden, den die Provider dann umsetzen müssen. Als erste Website trifft es nun den schwedischen BitTorrent-Tracker The Pirate Bay, dessen Betreiber gerade in Stockholm vor Gericht stehen.

Auf EU-Ebene wird derzeit auch über Netzsperren verhandelt. Medienberichten zufolge beharrt das EU-Parlament derzeit noch auf seiner wiederholt vorgebrachten Missbilligung von Internetsperren im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen, so Heise.de . Laut der europäischen Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net ist der umstrittene Medina-Bericht des Sozialisten Manuel Medina Ortega zur "Harmonisierung des Urheberrechts" erstmal vom Tisch.

Liveticker vom Rauswurf

Humor ist, wenn man trotzdem Bankrott macht, krisenfest ist, wenn man aus sauren Zitronen Limonade macht. Der australische "Sydney Morning Herald" belustigt sich an einem Netz-Widget, das in Echtzeit mitprotokolliert und anzeigt, wie viele Menschen in jedem Moment in Australien gerade von ihren Chefs vor die Tür gesetzt werden. Den Layoff Tracker  fügt man ganz einfach per Copy&Paste auf seine eigene Website, in sein eigenes Blog ein. Die roten Balken sollen ihrem Entwickler zufolge aber auch Gutes tun: Nämlich gerade Gefeuerten helfen, wieder auf die Beine zu kommen - weil sie mit anderen Gekündigten online quatschen können.

Vielleicht auch über eine Studie, auf die das Tech.Blorge-Blog hinweist : Derzufolge haben in den Vereinigten Staaten sechs von zehn Menschen vertrauliche Daten von ehemaligen Arbeitgebern mitgehen lassen. Alle 945 Befragten hatten Zugriff auf sensible Geschäftsdaten. 79 Prozent der Befragten nahmen ohne Erlaubnis irgendwelche Daten mit, 59 wussten, dass es sich dabei um vertrauliche Daten handelte. Darunter: Daten über andere Angestellte, Kundendaten und Kontaktlisten. Typischerweise ließen die Entlassenen die Daten per CD, DVD (53 Prozent), USB-Laufwerk (42 Prozent) oder E-Mail (38 Prozent) mitgehen.

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