Netzwelt-Ticker Gruppenschock bei Facebook

Ab heute wird es Gruppen-Einladungen bei Facebook regnen - angeblich zum Wohl der Mitglieder des Social Networks. Außerdem: ACTA-Finale beruhigt Kritiker und das Informanten-Netzwerk Cryptome wurde gehackt. Das und mehr im Überblick.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg, Mitarbeiter: Mehr Gruppenbildung im Social Network

Facebook-Chef Mark Zuckerberg, Mitarbeiter: Mehr Gruppenbildung im Social Network

Foto: Paul Sakuma/ AP

Facebook

Marc Zuckerberg spricht: "Wir haben laut und klar vernommen, dass ihr mehr Kontrolle  darüber haben wollt, was ihr über Facebook mitteilt." Und er spricht von drei Neuerungen, die das soziale Netzwerk mal wieder transparenter und persönlicher machen sollen: Gruppen, eine App-Zentrale und Datenexport.

Die meiste Aufmerksamkeit wird in den nächsten Tagen die neue Gruppenfunktion bekommen, über die sich Gruppen von Menschen - Familien, Mitarbeiter, Kommilitonen, Kegelverein - zu Facebook-Gruppen mit einem eigenen Profil zusammenschließen können.

Innen gibt es einen Gruppen-Chat, eine Pinnwand mit Videos, Bildern, Dokumenten und Veranstaltungsplanern. Von außen gibt es - je nach Privatsphären-Einstellung - gar nichts, nur die Mitgliederliste oder alles zu sehen. Klar ist: In den nächsten Wochen wird es für Facebook-Mitglieder wohl Gruppeneinladungen noch und nöcher regnen. Zumal - und das ist der größte Unterschied zur bisherigen Gruppen-Funktion - man die Aufnahme in eine Gruppe nicht verweigern kann. Wer nicht Teil der öffentlichen Gruppe "Massenbesäufnis 2009" sein will, muss sich aus ihr manuell austragen.

Die Facebook-Gruppen sind eine Weiterentwicklung nicht nur der bisherigen Gruppen-Funktion, sondern auch der Listen, die profilintern bisher die Freunde sortierten. Sie versprechen intime Kommunikation, ohne Furcht davor, dass der Familien- oder Bürotratsch nach außen dringt. Und könnten zudem zu einem Party-, Festival-, Hochzeitsplandienst werden, wie er ja bereits in Facebook angelegt war, aber nicht ernsthaft ausgebaut wurde. Dafür spricht auch, dass das Gruppen-Projekt von Justin Schaffer geleitet wird. Schaffer war bis vor kurzem Chef der Event-Planer-Plattform Hot Potato - bis sie im August von Facebook aufgekauft wurde.

Und die beiden anderen Facebook-Neuerungen? Sind vor allen Dingen praktisch: Per Export-Funktionen können Facebook-Mitglieder künftig all ihre bei Facebook gespeicherten Pinnwand-Einträge, Bilder, Statusmeldungen mit einem Klick als Datei herunterladen. Das erleichtert den Facebook-Ausstieg - oder Umstieg zu einem neuen sozialen Netzwerk, das diese Daten wieder einlesen könnte.

Schön: Facebook hat die Undurchsichtigkeit und Angreifbarkeit von Apps erkannt und stellt nun auf einer eigenen Seite vor, welche vom Nutzer installierte App welche Zugriffe auf die Nutzerdaten hat. Das macht es einfacher, Apps zu löschen, die man sich aus Versehen eingefangen hat ...

ACTA-Finale: Weniger schlimm als befürchtet

Das mehr oder weniger geheime Antipiraterie-Handelsabkommen ACTA ist fast fertig geschrieben. Eine erstmals offiziell im Netz veröffentlichte Fassung vom 2. Oktober  überraschte nun viele ACTA-kritische Kommentatoren: Im bislang besonders umstrittenen  Internet-Kapitel fehlen Passagen, die etwa eine Internationalisierung des als besonders harsch geltenden amerikanischen DCMA-Urheberrechtsgesetz zur Folge gehabt hätten. Three-Strikes-Vorschriften und Providerhaftung überlassen die ACTA-Autoren den jeweiligen Staaten. Seitens ACTA gebe es dazu keine Verpflichtung, kein Verbot. Ein Kommissionsvertreter sagte laut heise.de lapidar: Legales Filesharing bleibe legal und illegales Filesharing bleibe illegal.

Für den kanadischen Jura-Blogger und Acta-Experten Michael Geist heißt das alles: Die USA gaben bei den Verhandlungen klein bei. Etwa das Kopierschutz-Knackverbot orientiere sich an dem viel flexibleren WIPO-Abkommen, das 1996 von immerhin 65 Ländern unterschrieben wurde. ACTA wird von derzeit 37 Ländern (davon 27 EU-Staaten) verhandelt. Der aktuelle ACTA-Entwurf sei für ihn nurmehr ein " ACTA Ultra light ".

Und die Verhandlungen sind noch nicht am Ende: Noch immer gibt es Differenzen bei den Vorschriften bezüglich eines Verbotes von Videoaufnahmen im Kino - ein Lieblingsthema der Amerikaner. Und ob das Thema Patente ganz aus ACTA gestrichen, zum Internetkapitel oder einem anderen gehöre, darüber streiten sich die USA, Mexiko, Korea (nur Urheberrecht im Internetkapitel) und Brüssel (übers Internet werden auch patentverletzende Piraterieprodukte verkauft, deswegen gehören Patente ins Internetkapitel).

Eine hübsche Auflistung der Worthäufigkeiten im ACTA-Abkommen hat das KEI-Blog vorgenommen: Daran lässt sich die Härte so eines Vertrages ermessen. Es gibt viele "Soll" und "Kann", einige "Zumindest". Das ist besonders interessant, wenn man das mit den Worthäufigkeiten der entsprechenden, dem ACTA-Abkommen als Vorbild dienenden, Passagen im internationalen TRIPS-Abkommen vergleicht: Mal wurde ACTA härter, mal weicher .

Cryptome-Informanten in Gefahr

Das sich für Meinungs- und Informationsfreiheit einsetzende Informanten-Netzwerk Cryptome wurde gehackt . Ein mutmaßlich beteiligter Hacker hat sich bei "Wired" gemeldet und sagt, er könne die Identitäten von Informanten und anderen vertraulichen Quellen aufdecken. Ihm zufolge haben zwei Hacker insgesamt 6,8 Terabyte Daten von Cryptome heruntergeladen, darunter auch Namen und E-Mail-Adressen von angeblichen WikiLeaks-Zuträgern und das komplette E-Mail-Archiv von Cryptome-Gründer John Young. Als Beweis legte der Hacker 30 Namen/E-Mail-Kombinationen und einen E-Mail-Briefwechsel zwischen "Wired" und Young aus dem Jahr 2008 vor.

Young und "Wired" bestätigen die Authentizität dieser Daten. Young erklärte jedoch, dass er selbst nicht einmal wisse, ob die Namen der angeblichen Informanten überhaupt stimmen und ob sie tatsächlich bei WikiLeaks Dokumente veröffentlichten: "Ich habe keine davon verifiziert und wüsste nicht, wie irgendjemand anderes das könnte," sagte er "Wired". "Ich misstraue jedem, der von sich behauptet, er sei ein WikiLeaks-Insider."

Die Hacker seien nach eigenen Angaben an ein Passwort für Youngs E-Mail-Konto gelangt und hätten damit das Passwort des Cryptome-Servers zurücksetzen und sich so einloggen können.

"Wired" sieht in dem Hack einen weiteren Beweis dafür, wie wichtig eine Plattform wie WikiLeaks ist: Im Gegensatz zu Cryptome habe die dank der Afghanistan-Protokolle berühmt gewordene Informanten-Seite ein anonymes Upload-Verfahren für neue Informationen. Bei Cryptome landen alle Info-Eingänge in Youngs E-Mail-Postfach - das sich, wie nun gezeigt, relativ leicht hacken lässt.

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