Netzwelt-Ticker Hacker fürchten Internet-"Kill Switch"

Alle suchen nach einem Not-Ausschalter für das Internet - auch deutsche Behörden? Außerdem im Überblick: Politiker meiden ihre Wähler auf Facebook, mehr als ein Viertel aller mobilen Apps wird nur ein einziges Mal benutzt und vieles mehr.
Not-Aus (Symbolfoto): Chaos Computer Club sorgt sich um Bestrebungen der Behörden

Not-Aus (Symbolfoto): Chaos Computer Club sorgt sich um Bestrebungen der Behörden

Foto: ? Denis Balibouse / Reuters/ REUTERS

Das hat so manchen Fan des freien Internets doch ziemlich ernüchtert. Wie schnell nämlich die ägyptische Regierung mit nur wenigen Maßnahmen landesweit beinah das komplette Datennetz abschalten konnte. Nun gibt es Befürchtungen, dass es auch in Deutschland ähnliche Begehrlichkeiten geben könnte. So warf der Chaos Computer Club (CCC) den deutschen Behörden vor, an der Vorbereitung geeigneter technischer Maßnahmen zu arbeiten. Andreas Brogk vom CCC erklärte: "Wir sehen in Deutschland Bestrebungen mit Sorge, auch hierzulande einen 'Internet-Kill-Switch' einzuführen ."

Gleichwohl beeilten sich das Innen- und das Justizministerium zu erklären, dass es in Berlin keine Pläne für so einen "Kill Switch" gebe. Dass derlei Vermutungen dennoch nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, zeigen die Beispiele der USA und Österreichs. Im US-Senat lassen die Befürworter eines staatlichen Not-Ausschalters nicht locker und wollen schon zum fünften Mal innerhalb kurzer Zeit eine entsprechende Gesetzesvorlage einbringen.

In Österreich gibt es bereits konkrete Arbeiten an einem Projekt, das im Notfall die Schnellabschaltung des Mobilfunknetzes und des Internets vorsieht, und zwar EU-weit. Als Notfall wird ein Szenario entworfen, das Cyber-Attacken beinhaltet. "Wir treiben diesen Punkt schon seit geraumer Zeit voran", erklärte das Wiener Bundeskanzleramt .

Einen jedoch lässt die derzeitige Aufregung völlig kalt. Alte Hasen wie Bill Gates kann so schnell nichts mehr erschüttern. Während eines Auftritts in den TV-Nachrichten antwortete er auf die Frage, ob er von der Schnelligkeit der ägyptischen Internetabschaltung  überrascht gewesen sei, mit einem trockenen "Nein". Es bedürfe nur der militärischen Macht, seinen Willen durchzusetzen. Es sei in der Tat schwierig, einer Bevölkerung die Wahrheit vorzuenthalten, aber natürlich könne eine Regierung jederzeit abschalten.

Google-Manager in Ägypten vermisst

Währenddessen haben die Vorgänge in Ägypten Folgen für eine Vielzahl im Lande engagierter Unternehmen. Auch Google ist betroffen. Derzeit wird ein wichtiger Manager vermisst. Wael Ghonim, Marketingchef für Nordafrika und den Nahen Osten, ist seit letztem Donnerstag verschwunden. Vermutlich hat er sich am Freitag den Protesten gegen Präsident Mubarak angeschlossen. Das hatte er via Twitter angekündigt. Google teilte mit, man sei sehr in Sorge und bitte jeden, der Informationen über Ghonims Schicksal habe, sich beim Unternehmen zu melden .

Deutsche Politiker sind Facebook-Verweigerer

Alle reden davon, doch wieviele nutzen es tatsächlich? Bei Facebook und deutschen Politikern ist die Schnittmenge jedenfalls als übersichtlich zu bezeichnen. Die Technische Universität Ilmenau hat sich für eine Untersuchung das Internetverhalten deutscher Parlamentarier angesehen. Dabei achteten sie vor allem auf den Umgang mit Facebook.

Von den Abgeordneten des Bundestages hat immerhin jeder vierte ein eigenes Profil beim sozialen Netzwerk. Doch schon bei Landtagsabgeordneten sinkt der Anteil auf unter zehn Prozent. Nach wie vor gilt, dass die meisten Politiker das Internet als ungeeignet für die Kommunikation mit den Wählern ansehen. Nicht nur, das gerade mal ein Drittel der ohnehin nicht großen Zahl der bei Facebook registrierten Abgeordneten ihr Profil auf dem laufenden halten. Zum tatsächlichen Meinungsaustausch mit anderen Nutzern kommt es kaum. Nur magere 22 Prozent gehen auf Beiträge und Kommentare ein, die Nutzer auf den Politiker-Profilen hinterlassen.

Nüchtern bilanziert die TU Ilmenau: "Die anfängliche Euphorie scheint damit verflogen. Anders als in den USA, in denen soziale Netzwerke wie Facebook sich als Bestandteil der Kommunikationsstrategie vieler Politiker etabliert haben, befindet sich die politische Facebook-Nutzung in Deutschland noch in den Anfängen. (...) Eine Erfolgsstrategie für den Einsatz von Facebook in der politischen Public Relations scheint den Abgeordneten bis dato noch zu fehlen ."

26 Prozent der mobilen Apps werden nur einmal benutzt

Auch andernorten scheinen die Bäume nicht in den Himmel zu wachsen, was die Nutzungshäufigkeit angeht. Das gilt selbst für Smartphone-Applikationen, von denen es mittlerweile über 300.00 fürs iPhone und an die 200.000 für Android-Geräte gibt. "Mashable" berichtet über eine Studie der Software-Firma Localytics zum Gebrauch der kleinen Zusatzanwendungen für Mobilgeräte . Mithilfe eines Tools zur Echtzeitanalyse wurde das Verhalten von App-Nutzern auf Android-Smartphones, iPhones, iPads, BlackBerrys und Windows-Phone-7-Handys ausgewertet. Dabei stellten die Analytiker fest, dass 26 Prozent der Apps im Beobachtungszeitraum 2010 nur ein einziges Mal geöffnet wurden. Womit deutlich wird, dass die reinen Downloadzahlen noch nichts über den tatsächlichen Erfolg einer Anwendung aussagen.

Polen will neue Länderkennung für KZ-Domains

Längst haben die Gedenkstätten der einstigen NS-Vernichtungslager auch Präsenzen im Web. Allerdings wird die polnische Regierung einiger dieser Webseiten nicht ganz froh. Denn natürlich firmieren die Museen von Auschwitz, Majdanek und Stutthof ebenfalls im Netz, jeweils mit einer polnischen .pl-Länderkennung.

Und die könnten zu Verwirrungen führen, fürchtet Polens Kulturminister Bogdan Zdrojewski. Er glaubt, unbefangene Besucher der Webseiten könnten dem Fehlschluss erliegen, es habe sich bei den Vernichtungslagern um polnische Einrichtungen gehandelt und nicht um deutsche. Also sollten die Gedächtnisstätten ihre Länderkennung ändern. Dem Minister schwebt eine neutrale Variante vor, zum Beispiel das europäische Kürzel .eu. Er habe die zuständigen Stellen bereits gebeten, für eine einheitliche und angemessene Benennung zu sorgen, so Zdrojewski dem "Sydney Morning Herald"  zufolge.

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