Netzwelt-Ticker Microsoft arbeitet an sozialem Netzwerk

Microsofts frisch enthülltes soziales Netzwerk Socl.com bedient sich bei großen Vorbildern und bleibt womöglich doch dahinter zurück. Außerdem: Datenschutz-Debatte um ein Smartphone-Programm, Ravensburger verklagt Apple - und Nokia hat möglicherweise den Veröffentlichungstermin für Windows 8 ausgeplaudert.
Microsofts "Socl": Screenshot von bei "The Verge":

Microsofts "Socl": Screenshot von bei "The Verge":

Google hat eines, Yahoo hat mehrere, Facebook ist eines und Microsoft … hat einige, macht aber nichts aus ihnen. Die Rede ist von sozialen Netzwerken und wie sie Internet-Unternehmen dabei helfen können, Nutzer-, Informations- und Warenströme miteinander zu verflechten.

Seit ein paar Monaten war klar, dass auch der Konzern aus Redmond an der süßen Macht der sozialen Netze Kraft schöpfen möchte. Oder zumindest: Mal probieren, wie sich soziale Netzwerke weiterentwickeln und mit anderen Microsoft-Diensten verbinden könnten. Auf der Microsoft-Domain Socl.com erschien zu Sommeranfang eine Ankündigung des neuen Dienstes Tulalip: "Finde, was du brauchst und teile, was du weißt."

Jetzt hat Microsoft endlich den Schleier gelüftet: Socl ist ein noch in Entwicklung befindliches "soziales Werkzeug", eher eine soziale Suche- und Finde-Maschine wie Google+ als ein Freunde-Verzeichnis wie Facebook. Thomas Houston von "The Verge" hat es sich näher angeschaut : Für ihn ist Socl eher etwas für ganz normale Surfer als für Computerenthusiasten. Es vereine Funktionen von Facebook und Google+, sei aber noch nicht mit anderen Microsoft-Webdiensten verknüpft. Socl habe hohe Hürden zu überwinden, meint Houston in "The Verge". Auch, weil es noch keine Smartphones unterstützt.

Microsofts erster Versuch in dieser Arena ist Socl übrigens nicht, es ist sogar einer in einer langen Reihe. 2006 etwa wurde viel über ein Social Network namens "Wallop" gesprochen, das Microsoft dann aber doch nie für die Netzöffentlichkeit öffnete. 2008 wurde dann der Online-Dienst Windows Live generalüberholt, um mehr als ein soziales Netzwerk zu sein - mit bescheidener Resonanz.

Socl.com war am Donnerstagvormittag im Netz nicht zu erreichen.

Carrier IQ: Was der Netzbetreiber wissen will

Datenschutz-Debakel oder Diagnose-Dienst? Diese Frage stellt sich bei der Diskussion um die Software Carrier IQ (CIQ), die (zumindest in den USA) auf vielen Smartphones installiert sein soll.

CIQ soll eine ganze Reihe von Nutzeraktivitäten aufzeichen und an den Mobilfunknetzbetreiber senden - freilich nur zu Diagnose-, Wartungs- und Optimierungszwecken: Welche Tasten gedrückt, Apps geöffnet, SMS empfangen, Bildschirme an- und ausgeschaltet, Anrufe empfangen, Inhalte abgespielt und Ortsdaten abgefragt wurden.

Sicherheitsforscher Trevor Eckhart hat den Fall CIQ zwar nicht aufgedeckt - erste Berichte reichen schon Monate zurück  - aber durch eine genaue Analyse der Prozesse auf seinem Handy mit Fakten untermauert . Ihm zufolge verhalte sich CIQ wie ein Rootkit, ein Generalschlüssel für Nutzers Handy und dort abgespeicherte Daten. Es zu deaktivieren ist für Laien quasi unmöglich. Was die Mobilfunkanbieter genau mit den so erhobenen Daten machen, ist unklar. Angeblich läuft CIQ auf Geräten von Samsung, HTC, RIM und Nokia.

Auf welchen Handys von welchen Herstellern, bei welchen Netzanbietern in welchen Ländern genau, das kann aber laut Geek.com derzeit noch niemand wirklich sagen . Alle beteiligten Firmen, die das Webmagazin anschrieb, hielten sich mit Informationen zurück oder warfen Nebelkerzen.

Geek.com schließt: "Bei diesen Firmen werden alle uns betreffenden Handydaten gespeichert und benutzt. Netzbetreiber, Hersteller, Werbefirmen und Strafverfolgungsbehörden haben Zugriff auf diese Informationen. Man hat keine Chance, diese [CIQ-] Funktion abzuschalten. Sobald sie die Informationen haben, liegt es an ihnen, wie lange sie diese speichern. Vermutlich für immer."

Und wie ist die Lage bei uns? SPIEGEL ONLINE hat bei einer Reihe großer Hersteller von Mobiltelefonen angefragt, ob sie derartige Dienste auch in Europa auf Handys installieren, bislang überwiegend ohne Ergebnis. Nur Nokia-Pressesprecher Benjamin Lampe erklärte sofort: "Carrier IQ ist auf keinem Nokia-Gerät in Deutschland installiert."

Software-Hersteller Carrier IQ reagierte am Donnerstag mit einer Stellungnahme (PDF)  in der es heißt: "Während wir viele Aspekte der Leistung eines Geräts betrachten, werten wir ausschließlich Leistungsdaten aus. Wir zeichnen weder auf, welche Tasten gedrückt werden, noch liefern wir Überwachungstechnik. Die Metriken und Werkzeuge, die wir daraus ableiten, sind nicht in der Lage, solche Informationen zu liefern und wir haben auch nicht vor, derartige [Überwachungs-] Tools zu entwickeln."

Was am Donnerstag sonst noch wichtig in der Netzwelt war

  • Das Pentagon könnte bereits jetzt mit Cyber-Angriffen auf feindliche Handlungen reagieren , die das Militär, die US-Regierung, die amerikanische Wirtschaft gefährden. Das geht aus einem Bericht hervor  (PDF-Datei, 137 Kb), der diese Woche dem US-Kongress vorgelegt wurde.
  • Ravensburger legt sich mit Apple an : Der süddeutsche Spielehersteller will dem US-Konzern den App-Store-Vertrieb von Spielen mit dem Wort "Memory" im Titel verbieten. Apple ignorierte die Forderungen zunächst, jetzt treffen sich die beiden Firmen laut der "Süddeutschen Zeitung" vor Gericht.
  • Nokia will im Juni nächsten Jahres angeblich einen Tablet-Computer  mit dem Betriebssystem Windows 8 auf den Markt bringen - und verrät damit möglicherweise den bislang von Microsoft verheimlichten Veröffentlichungstermin des neuen Betriebssystems.
  • Steve Jobs wollte angeblich ein Apple-Mobilfunknetz auf W-Lan-Basis  betreiben. Verrückter Plan oder ein Vorgriff auf das Ende des Mobilfunkgeschäfts, wie wir es kennen?
  • Twitter für Rechthaber: Tystya  speichert Kurznachrichten im Twitter-Stil ab - und zeigt sie erst zehn Jahre später der Öffentlichkeit. "Kurz gesagt ist das ein Microblog mit einer wirklich großen Verzögerung." Der Dienst soll damit nicht nur "perfekt für solide Vorhersagen" sein, sondern auch das ideale Werkzeug "um zu beweisen, was für ein Klugscheißer du bist." Tystya heißt: Told you so ten years ago! Hab ich Dir schon vor zehn Jahren gesagt!

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