Netzwelt-Ticker Musikindustrie scheitert mit Filesharing-Klage

Weil einer angeblichen Filesharerin ihr Verstoß nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, entschied das Amtsgericht Mainz in dubio pro reo. Außerdem: Enisa mahnt zur Vorsicht in Mobil-Communitys, Partycrashing durch das WWW und Aus für Demoszene-Party Breakpoint. Das und mehr im Überblick.
Netzwerkkabel in Gefahr: "In dubio pro reo" hilft vermeintlicher Datentauscherin

Netzwerkkabel in Gefahr: "In dubio pro reo" hilft vermeintlicher Datentauscherin

Foto: Corbis

Die Musikindustrie ist in einem Strafverfahren mit einer Filesharing-Klage vor dem Amtsgericht Mainz gescheitert: Der Angeklagten, der Anschlussinhaberin, konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass sie unrechtmäßig Musikdateien über eine Tauschbörse im Internet verbreitete. Zwar wurden bei einer Hausdurchsuchung vier PC und eine externe Festplatte gesichert, doch zum Tatzeitpunkt nutzten möglicherweise ihre zwei Kinder oder ihr Ehemann den Internetanschluss. Sie selbst sei zu dem Zeitpunkt an ihrem Arbeitsplatz gewesen.

Von den angeblich 3780 Musikdateien, die von diesem Internetanschluss aus angeboten wurden, fanden die Ermittler nur vier auf einem Laufwerk, das von einem Passwort geschützt war. Laut der Jura-Zeitschrift "MMR" hat die Angeklagte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht  und teilte mit, dass nicht nur sie Zugang zum Internet gehabt habe.

Zunächst erließ das Amtsgericht Mainz einen Strafbefehl, wonach die Angeklagte 1500 Euro hätte zahlen sollen. Die legte Einspruch vor Gericht ein, berief sich erfolgreich auf den Grundsatz in dubio pro reo. Im "MMR"-Kommentar heißt es dazu: "Damit dürfte in der Praxis, sofern der Vorwurf lediglich auf eine IP-Nummer gestützt wird, eine Verurteilung nur noch bei Vorliegen eines Geständnisses möglich sein."

Wohlgemerkt in Strafverfahren, die Anschlussinhaberhaftung wird davon nicht berührt. Vor einem Zivilgericht hätte es wohl schlechter für die Angeklagte ausgesehen, da sie hätte verhindern müssen, dass illegal urheberrechtlich geschützte Werke über ihren Anschluss getauscht werden konnten.

(Az. 2050 Js 16878/07.408ECs)

Enisa: Vorsicht in mobilen sozialen Netzwerken

In einer Studie warnt die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit Enisa vor den Gefahren, die von sozialen Netzwerken ausgehen, auf die über Mobiltelefone und Smartphones zugegriffen wird: Identitätsdiebstahl, Datenverlust von Unternehmen und Reputationsrisiken werden beschrieben, 17 Regeln vorgestellt, wie die Gefahren bekämpft werden können  (PDF-Datei, 2 MB).

Das sei nötig, weil mobile soziale Netzwerke boomen: "Mehr als 65 Millionen Nutzer haben über ihr Mobilgerät Zugang zum sozialen Netzwerk Facebook. Mobile-Social-Network-Nutzer sind 50 Prozent aktiver als Nicht-Mobilnutzer." Für Europa rechnet die Enisa mit 134 Millionen Mobil-Nutzern von sozialen Netzwerken bis 2012 - das wäre jeder fünfte Handynutzer.

Partycrasher - das geht auch mit Internet

"Du machst eine Party? Wie nett von dir", heißt es in der berühmten Eröffnungszeile in Deichkinds Partycrasher-Hymne "Happy Happy Remmidemmi": "Impulsive Menschen kennen keine Grenzen, schmeiß die Möbel aus dem Fenster, wir brauchen Platz zum Dancen."

Dem guten Partybeispiel sind offenbar rund hundert dermaßen gut gelaunte Partygäste gefolgt, dass die Polizei nun ein 15-jähriges Mädchen aus Nübel in Schleswig-Holstein retten musste. Auf Facebook und SchülerVZ habe das Mädchen zu einer gemütlichen Feier eingeladen, nach der Ankündigung im Internet hätten aber immer mehr Partygäste das Haus erstürmt, teilte die Polizei am Dienstag in Schleswig mit. Die Eltern der Schülerin befanden sich zu der Zeit im Urlaub.

Als die Polizei am Haus eintraf, fand sie knapp hundert Partygäste und eine sichtlich aufgelöste Gastgeberin vor. Der Fußboden im gesamten Untergeschoss war laut Polizei mit Scherben von zerbrochenen Bierflaschen übersät. Die Teppiche im Wohnzimmer waren ruiniert. Der Kühlschrank wurde geplündert und die Alkoholika im Haus ausgetrunken. Die Tapeten waren mit Bierspritzern übersät. Die Beamten lösten die Party schließlich auf und räumten das Haus. Alle Partygänger hätten einen Platzverweis erhalten, hieß es. Viele der Jugendlichen seien deutlich alkoholisiert gewesen und hätten gegen die Maßnahme protestiert.

Ob sogar laute Musik gespielt wurde, teilte die Polizei leider nicht mit.

(mit Material von APN)

Besser spielen: Facebook feilt am Design

Was sollen die ständigen Designänderungen im sozialen Netzwerk Facebook? Für den " Sydney Morning Herald " ist der Fall klar: Facebook arrangiert Links und Items neu und verschlankt die Navigation, um Spiele und andere Facebook-Apps besser hervorstehen zu lassen. Für ernsthafte Facebook-Nutzer klingt das wie eine Kriegserklärung: Spiele und Anwendungen gelten als Timeline-Pest und Nerventöter, ein spielwütiger Facebook-Freund fordert mit ständigen Farmville-, Mafia- und Zombieeinladungen seine Verbannung aus dem Freundesregister.

Demoszene: Sag beim Abschied leise 'Servus'

Die Breakpoint, das größte Treffen der Demoszene, findet zu Ostern das letzte Mal statt. Eine Abschiedsmeldung auf der Website  erklärt, warum es noch einmal Zeit ist, zu Feiern, als ob es kein Morgen gebe: " Wir sind sehr alt ."

Die Demoszene, einst der brodelnde Schlammteich einer im Zwielicht programmierenden Nerd-Avantgarde, hat sich überlebt. "Jeder, der jung ist, benutzt heute einen Computer. Es gibt das Internet und eine Million Möglichkeiten, auf Leute zu treffen, die auch gerne Programmieren, Grafik oder Musik machen - außerhalb der Demoszene."

Da brauche es einfach keine Party mehr, zu der sich einmal im Jahr eine zusehends alternde und zusehends schrumpfende Hackerelite trifft und sich beim Altern (selbst) und Schrumpfen (des Programmcodes) zusieht. Und außerdem, schreiben die Veranstalter, die acht Jahre lang die Breakpoint stemmten, würden sie gern auch selbst mal wieder bei einer Demoparty als Gast auftauchen…

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