Netzwelt-Ticker Pekinger Protest gegen Bill Gates
"Free Software, Open Source"
Im "Inquirer" werden wir auf einen unschönen Vorfall während einer Festveranstaltung am Freitag an der Universität in Peking hingewiesen, bei der der Microsoft-Gründer Bill Gates eine Rede hielt und anschließend Studenten mit Auszeichnungen bedachte. Der chinesische Repräsentant des Linux Professional Institute (LPI) Wang Yang alias Wang Kaiyuan hielt ein Transparent mit der Aufschrift "Free Software, Open Source" hoch und lief auf die Bühne, wo er Gates beschimpft haben soll. Gates ließ die Unterbrechung genervt lächelnd über sich ergehen, bis Wang Yang von der Polizei abgeführt wurde. Laut Xinhua Online ist unklar, wo sich der Linux-Aktivist zur Zeit befindet. Nach Polizeiangaben ist er nicht in Haft, telefonisch habe man ihn aber bislang auch nicht erreichen können.
Schreiben Sie noch heute Ihrem MEP
Sogar das US-amerikanische Boingboing-Blog ruft uns Europäer auf, noch ganz fix unseren Europa-Abgeordneten zu mailen oder zu faxen, dass sie morgen, Dienstag, bloß nicht für die IPRD2 stimmen sollen, der "Second Intellectual Property Enforcement Directive". Und auch Netzpolitik.org klingt alarmiert: "Extrem kurz zusammengefasst hat die Musik- und Filmindustrie im Moment nur die Möglichkeit, Tauschbörsennutzer pleite zu klagen. Aber das reicht nicht. Wenn diese Richtlinie in deren Sinne durchkommt, dann kann man für das Brennen von CDs oder das nicht-kommerzielle Tauschen von Kulturgütern in den Knast kommen." Und wer nicht genau weiß, wem er schreiben soll, der findet sein lokales Mitglied des Europaparlaments (MEP) hier.
Das Rehkitz ist allright
Erwartungsgemäß vorübergehend lahmgelegt unter dem Ansturm der Downloadwilligen wurde die Webseite des kostenlosen Einsteiger-Linux Ubuntu, nachdem dort die neue Version "Feisty Fawn" (frei übersetzt: lebhaftes/angriffslustiges Rehkitz) veröffentlicht wurde. Der Name Ubuntu soll den Sprachen der Zulu und der Xhosa entlehnt sein und "Menschlichkeit" und "Gemeinsinn" bedeuten, steht aber auch für ein "universelles Band des Teilens, das alles Menschliche verbindet". Ubuntu wird maßgeblich von dem südafrikanischen Multimillionär Mark Shuttleworth finanziert, der übrigens auch der erste Afrikaner im All war. Sein Reisegeld zur Raumstation ISS verdiente er sich mit dem Verkauf seiner florierenden Websicherheitsfirma. Golem.de verriet Shuttleworth, dass unter anderem auch der neue Web-Fernsehdienst Joost (SPIEGEL ONLINE berichtete) seine Server mit Ubuntu-Linux laufen lässt.
Geeks entjungfert
Die britischen Kollegen vom "The Register" berichten recht süffisant von einem neuen Geek-Service in Holland. Geek ist der internationale Fachausdruck für "superschüchterner, blasser Computerheini, der sonst ganz süß ist, aber keine Frauen kennenlernt, weil er immer auf der Bude hockt". Eine niederländische Begleit-Agentur soll nun Termine mit zielgruppengerecht geschulten Damen anbieten, dank deren Dienste Geeks endlich erste erotische Erfahrungen machen können. Ganz entspannt und in aller Ruhe würde man zusammen erst etwas plaudern, dann ein Bad nehmen, sich massieren und die Körper erforschen und schließlich entspannt zur Entjungferung schreiten. Es sei keine schnelle Nummer, es dauere mindestens drei Stunden, manchmal länger, bevor man zum Mann gemacht wird. Woher die Kollegen das alles wissen? Nun, sie haben es natürlich in der Zeitung gelesen.
Ruf mich sofort an
Wie doof muss man sein, um im Zeitalter von Dialer-Betrug und mieser Telefonabzocke die nächstbeste Nummer zu wählen, die jemand in seinem YouTube-Video einblendet? Nun: Im Fall von Luke Johnsons "Telefon Experiment" sollen es seit September 2006 mehr als 130.000 Anrufer gewesen sein nicht mitgezählt all diejenigen, die sich verwählt haben. Und über dieses Wochenende haben sogar 5000 Anrufer Ryan Fitzgeralds Telefonnummer gewählt, der sich auf YouTube in einem Video selbst als guter Zuhörer empfohlen hatte, wie wir dem "Boston Globe" entnehmen. Der arbeitslose 20-Jährige wollte der Welt sein offenes Ohr leihen und dachte, er käme dafür mit einem Wochenende aus. Er wollte seine T-Mobile-Weekend-Freieinheiten dazu nutzen, die Mühseligen und Beladenen alle zurückzurufen, die auf seiner Mailbox landeten oder ihm simsten. Jetzt dürfte es ihm eine horrende Telefonrechnung bescheren. Wie es scheint, hat er sein "Ich höre Dir zu"-Video längst wieder gelöscht. Aber, zitiert ihn die Zeitung, die Aktion habe ihm dennoch gefallen und er wolle nun irgend etwas Psychologisches zu seinem Beruf machen.
Google drückt auf die Tube
Nichts Genaues weiß man noch nicht, aber Google wird recht bald die Nutzerdaten auch von den YouTube-Zuschauern einsammeln wollen, um auf unsereins abzielende Werbung verkaufen zu können. Der Vorteil für den Nutzer wäre dann zwar, dass YouTube einem stets neue Videos vorschlagen könnte, die man wirklich sehen will. Der Nachteil aber liegt auf der Hand: YouTube wüsste auch, für welchen Schmuddelkram sich mancher von uns tatsächlich interessiert. Das Google Watchblog fragt sich deshalb zu Recht, ob YouTube "mit solchen Methoden" auch in Zukunft noch die Nummer eins unter den Videodiensten bleiben wird.
Newsbreakergame
Ob das die Zukunft des Onlinejournalismus ist? Eher nicht, denn so umständlich und zufällig möchte niemand auf dem Laufenden bleiben. Auf "MSNBC" kann man "Newsbreaker" spielen, eine Breakout-Variante, bei der man sich seine Nachrichten erdaddeln muss. Per PC-Pingpong muss man mit dem Spielball Steine aus einer oben hängenden Mauer lösen. Hinter denen verbirgt sich manchmal eine Nachricht. Die soll man dann mit der Spielsteuerung auffangen, während sie heruntersegelt, ohne dass zugleich der Ball ins Aus geht. Wer 25 Nachrichten einsammelt, bekommt ein Extraleben.
Zagende, klagende Chefredakteure
Im Trierer Medienblog verweist man auf eine Studie aus dem Januar ("Zeitungsjournalismus im Internetzeitalter"). Eine Umfrage unter Chefredakteuren deutscher Tageszeitungen habe ergeben, dass diese selbst nicht mehr daran glauben, dass ihre Tageszeitungen als Leitmedien gelten könnten. Damit ist die Konjunkturflaute als Begründung wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Verlage vom Tisch. Fast 75 Prozent der befragten Chefredakteure gehen nun davon aus, dass ein verändertes Nutzungsverhalten das Hauptproblem für die Tagespresse darstelle. An zweiter Stelle soll nahezu die Hälfte der Befragten das Internet als Konkurrenzmedium genannt haben.