Netzwelt-Ticker Radio-Rüffel gegen Roadblock-Republikaner

Die US-Demokraten proben den Mitmachwahlkampf: Nutzer sollen per Radiowerbespot gegen Republikaner wettern. Ein US-Abgeordneter fordert derweil lebenslängliche Haftstrafen für Raubkopierer, und in China stehen die Handys stramm. Das und mehr im Überblick.

Plakate kleben war gestern. In Amerika gehen die Politiker neue Wege, um möglichst effizient um die Wählergunst zu werben. Vor einer Woche noch präsentierten sich die Präsidentschaftsbewerber der Demokraten im Fernsehen und via YouTube im Netz, im September sind die republikanischen Kollegen dran. Jetzt schon starten sie eine andere Initiative.

Ganz dem "user generated content"-Zeitgeist entsprechend (und kostensparend) veranstaltet der frühere Präsidentschaftskandidat John Kerry einen Wettbewerb, bei dem jeder Bürger seinen eigenen 30-Sekunden-Radiospot erfinden und als Text einsenden soll .

Aus den eingesandten Skripts, die nicht länger als 65 Wörter sein dürfen, werden die besten via Internetabstimmung ausgewählt und landesweit im Radio ausgestrahlt. Vorrangiges Ziel sind jene Bundesstaaten, die derzeit "Straßensperren-Republikaner" als Senatoren stellen - und die wegen ihrer "blinden Unterstützung des Präsidenten in seiner Irakpolitik keine Wiederwahl verdienen". Titel des ganzen: "The Roadblock Republicans". Der Name ist Programm.

China: Kriegsfilmclips fürs Handy

Die Olympischen Spiele 2008 in Peking werfen lange Schatten voraus, die chinesische Volksbefreiungsarmee feiert ihren 80. Gründungstag - Grund genug, für die patriotische Stimmung in China auszunutzen.

Jetzt wird das Mobiltelefon für vaterländische Erhebung in Dienst genommen. Ab sofort können die Kunden des chinesischen Mobilfunkers China Unicom kurze Clips mit Aufnahmen vom Koreakrieg auf ihr Handy laden, wie Reuters meldet . Wer keine Zeit zum Filmchen gucken hat, holt sich schmetternde patriotische Gesänge auf sein Telefon. Der Service kostet umgerechnet einen Dollar im Monat. Ein Unternehmenssprecher gab sich zuversichtlich: "Ich glaube, das wird populär werden, weil wir viele Militärfans in China haben." Insgesamt warten 300.000 Waffenbilder und Hunderte von Kriegsfilmclips in der Datenbank auf ihren Dienstantritt.

USA: Offenes W-Lan kommt

Die Federal Communications Commission (FCC) hat gestern die Regeln für die Auktion um die 700 MHz-Frequenzen bekanntgegeben . Die Regulierer sind auf einige Forderungen eingegangen, die Google zuvor für offenes W-Lan erhoben hatte. Das Hauptanliegen bestand darin, zumindest einen Teil der Frequenzen von allen Restriktionen freizuhalten, was verwendete Geräte oder Provider angeht.

Auch FCC-Chef Kevin Martin hatte sich dafür stark gemacht, so dass die Regelung nicht überraschend kam. Ein bestimmter Frequenzbereich soll zum Aufbau eines amerikaweiten Sicherheitsnetzwerks für Rettungsdienste genutzt werden. Der Rest wird mit der Auflage abgegeben, ein freies Wlan-Mobilfunknetz aufzubauen, das auch für andere Anbieter offen ist. Damit machen die Amerikaner einen großen Schritt in Richtung europäische Verhältnisse, hier können die Nutzer sich bekanntlich jederzeit auch mit Wlans anderer Anbieter verbinden.

Eminem verklagt Apple

Die Amerikaner streiten weiter gerne und heftig übers Urheberrecht. Neuester Anlass: Rapper Eminem verklagt Apple, weil auf dessen iTunes Store angeblich unerlaubt Songs des US-Sängers angeboten werden. In der gestern in Detroit eingereichten Klage geht es um einen Streitwert von mehreren Millionen Dollar . Dabei steht außer Frage, dass Apple die in diesen Fällen üblichen Tantiemen an Eminems Label Universal Music entrichtet.

Anscheinend aber gelangt davon nichts an den Musikverlag Eight Mile Style, der daraufhin Apple zur Beendigung der Download-Verkäufe aufforderte. Im Grunde bewegt sich der Streit um die Frage, wer neben den Verkaufsrechten für CDs auch die Digitalversion der Musik zum Download anbieten darf - und ob dazu eine gesonderte Erlaubnis des Rechteinhabers nötig ist. Letzteres beansprucht der Verlag Eight Mile Style, der außerdem abstreitet, jemals die entsprechende Einwilligung erteilt zu haben.

Da lässt die Gesetzesinitiative eines republikanischen Kongressabgeordneten aufhorchen. Steve Chabot aus Ohio will scharf gegen Copyright-Verstöße und Raubkopien vorgehen und schwingt den ganz großen Knüppel. Schon der Versuch zur Verletzung des Urheberrechts soll mit Gefängnis geahndet werden können, ansonsten sollen die Haftzeiten für kriminelle Copyright-Verstöße verdoppelt werden .

Auch Entschädigungszahlungen für widerrechtlich kopierte Musik sollen sich nicht mehr auf komplette Alben beziehen, sondern auf jeden einzelnen Titel - was die Strafzahlungen in schwindelerregende Höhen treiben würde. Damit bewegt sich Chabot im Kielwasser des umstrittenen Justizministers Alberto Gonzales. Wie dieser forderte der Abgeordnete, die Verwendung nicht lizensierter Software im Bereich der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit (zum Beispiel in Krankenhäusern) mit bis zu lebenslanger Haft zu sanktionieren.

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