Netzwelt-Ticker Schweizer Ständerat will "Killerspiel"-Verbot

Das Schweizer Parlament will ein Anti-"Killerspiel"-Gesetz, Amazon verschafft seinem Kindle Zutritt zur Apple-Welt, YouTube und Viacom waschen vor Gericht schmutzige Wäsche, und der Steakbrater Maredo will keine GEZ-Gebühren zahlen. Das und mehr im Überblick.
Videospiel "Dante's Inferno": Schweizer Parlament will Verbot brutaler Spiele

Videospiel "Dante's Inferno": Schweizer Parlament will Verbot brutaler Spiele

Die kleinere Kammer des Schweizer Parlaments, der sogenannte Ständerat, will Spiele verbieten lassen, "in welchen grausame Gewalt gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen zum Spielerfolg beiträgt". Gleich zwei entsprechende Gesetzesvorhaben wurden der Kammer vorgelegt, beide haben die größere Kammer, den Nationalrat, bereits passiert. Nun wurden die Vorlagen auch vom Ständerat angenommen und an den Bundesrat überwiesen. Damit hat die Regierung nun den Auftrag, ein entsprechendes Gesetz zu entwerfen.

Die beiden Vorlagen unterscheiden sich in ihrer Schärfe massiv. Wenig umstritten war im Ständerat die mildere. Sie sieht nur vor, den Verkauf von Spielen mit gewalttätigem Inhalt an Kinder und Jugendliche zu verbieten - wie das in Deutschland de facto bereits der Fall ist. Titel, die keine Jugendfreigabe erhalten haben, dürfen hierzulande an Jugendliche unter 18 nicht abgegeben werden. Die entsprechende Vorlage passierte den Ständerat mit nur einer Gegenstimme. Heftigen Widerstand gab es dagegen gegen die zweite Vorlage: Die Sozialdemokratin Evi Allemann will damit dafür sorgen, dass Herstellung, Einfuhr und Verkauf von Spielen mit gewalttätigem Inhalt generell verboten werden.

Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf wies der "Neuen Zürcher Zeitung" zufolge  darauf hin, dass selbst eine Regelung nach der milderen Vorlage derzeit nicht umsetzbar sei: Für ein Verkaufsverbot müsse es ein staatlich anerkanntes Rating der Spiele geben, erklärte die Bundesrätin. Dazu brauche man eine Regulierungsstelle auf Bundesebene, was wiederum eine Verfassungsänderung notwendig machen würde.

Neues vom Google-Viacom-Zoff

Seit drei Jahren liegen der amerikanische Medienriese Viacom und Googles Videoplattform YouTube miteinander im Streit. Kern der Auseinandersetzung sind hochgeladene Videoclips von diversen Fernsehshows, die urheberrechtsgeschützt sind. Die hätten einen entscheidenden Beitrag für den Publikumszuspruch und damit den Erfolg YouTubes geliefert, so Viacom. Auf gut Deutsch, YouTube habe sich bewusst mit geklauten Inhalten groß gemacht. Ganz im Gegenteil, konterten die YouTube-Anwälte, Viacom habe selbst massenhaft eigene Clips einstellen lassen, um so einen Anlass für spätere Klagen zu schaffen. Nun mussten die Streithähne auf richterliche Anordnung ihre interne, vertrauliche Korrespondenz zu diesem Thema offenlegen.

Und da kommt wenig Erfreuliches ans Licht. Zunächst hatte Viacom versucht, Google bei der Bieterschlacht um YouTube zu übertrumpfen, um dann nach seiner Niederlage die ungeliebte Konkurrenz nach Kräften zu diskreditieren. Umgekehrt offenbart eine fünf Jahre alte E-Mail von YouTube-Mitgründer Steve Chen, dass man sich schon damals des Problems "gestohlener Videos" bewusst war. Man könne nicht auf dem eigenen Urheberrecht beharren, wenn man sich gleichzeitig unrechtmäßig bei Inhalten anderer bediene. Der Inhalt wurde publik, weil Viacom an den privaten Rechner des Empfängers mit der gespeicherten Nachricht herangekommen war.

Die "Futurezone" des ORF nimmt sich in einem langen Artikel die Zeit und dem Leser die schwierige Häkelarbeit ab, sich in den komplizierten Sachverhalt einzufinden. An dessen Ende steht der schwerwiegende Vorwurf von YouTube-Justiziar Zahavah Levine an Viacom , nicht nur mehr als ein Dutzend Agenturen angeheuert zu haben, um strittige Inhalte auf YouTube zu stellen. Manche der Videos seien sogar bewusst in schlechter Qualität aufgenommen worden.  Damit hätte der Eindruck erweckt werden sollen, es handele sich bei ihnen um von Amateuren widerrechtlich angefertigte Mitschnitte.

Maredo will keine GEZ-Gebühren für seine Computerkassen zahlen

Steakhäuser verwenden wie viele andere Betriebe der Großgastronomie Computerkassen. Genau das könnte für die Steakhauskette Maredo jetzt teuer werden. Denn die Fleischbrater haben Post von der Gebühreneinzugszentrale GEZ bekommen. Inhalt: Die Computer seien im Prinzip geeignet, Radio und TV zu empfangen. Wegen dieser "Bereithaltung", wie das auf GEZ-Deutsch heißt, seien die entsprechenden Gebühren fällig. Was die Maredo-Verantwortlichen nicht einsehen und deshalb vorm Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage gegen den Zahlungsbescheid  einlegten, wie "Der Westen" berichtet.

Der konkrete Anlass - eine Forderung von je fünf Euro für drei Kassen in einer Düsseldorfer Filiale - scheint läppisch zu sein, aber Maredo will die Angelegenheit allem Anschein nach grundsätzlich klären. Bei sämtlichen Computerkassen des Unternehmens sei der Internetzugang gesperrt, der Empfang von Radio oder TV damit unmöglich, so die Argumentation der Maredo-Anwälte. Und das Gericht schickt sich offenbar an, dieser Auslegung zu folgen. Der Sachverhalt stelle einen Sonderfall dar, bei dem keine Gebührenpflicht vorliege. Das Gericht schloss die Empfehlung an, den Bescheid zurückzunehmen. Zehn Tage haben die Beteiligten nun Zeit, sich außergerichtlich zu einigen. Ist der Bescheid dann nicht aufgehoben, wolle das Gericht ein abschließendes Urteil fällen.

Three-Strikes-Regel wirkt nicht

Knapp vorbei ist auch daneben. Diese alte Schützenbruderweisheit könnte sich für die Rechteinhaber der Film- und Musikindustrie auf unschöne Art bewahrheiten. Der britische Online-Telko TalkTalk hat eine Studie zu den Auswirkungen der gerade erst vom Oberhaus abgenickten Three-Strikes-Regel durchgeführt. Die soll dafür sorgen, mehrfach ertappten Raubkopierern den Internetzugang zu kappen. Doch die Zielgruppe ist nicht beeindruckt. Die befragten Personen, 18 bis 34 Jahre alt, gaben an, lediglich die Quellen wechseln zu wollen, aus denen sie sich mit neuem Material versorgen würden.

Das heißt, Tauschbörsen, deren Nutzung via IP-Adressen-Zuordnung ein gewisses Risiko darstellen können, werden durch andere Dienste wie zum Beispiel Online-Hoster ersetzt. 80 Prozent der Befragten äußerten sich entsprechend. Womit klar sei, dass die britische Gesetzgebung zur Bekämpfung von Online-Piraterie "albern und gefährlich"  sei, wie TalkTalk-Manager Andrew Heaney resümierte. Mehr und schlimmer noch, "das geplante Gesetz kehrt die Grundprinzipien der Gerechtigkeit um, wenn Kunden ihre Unschuld beweisen müssen".

Neue Bestechungsvorwürfe beim NDR

Kaum hat sich beim NDR der Pulverdampf um die wegen allzu eigennützigen Agierens geschasste Fernsehspielchefin Doris Heinze gelegt, steht neues Ungemach ins Haus. Die Staatsanwaltschaft Kiel hat am Donnerstag Arbeitsplatz und Privathaus eines NDR-Redakteurs durchsucht. Der Vorwurf lautet auf Bestechlichkeit. Der Mann soll einem Privatunternehmen Sendezeiten im Fernsehen verschafft haben. Der NDR hat volle Kooperation mit der Justiz gelobt  und den betroffenen Mitarbeiter erst einmal beurlaubt, meldet der "Tagesspiegel".

Kindle-Anwendung für den Mac

Gerade noch rechtzeitig, zwei Wochen vor Auslieferungsbeginn von Apples iPad, hat Amazon am Donnerstag eine erweiterte Version seiner E-Reader-Software Kindle für den Mac  veröffentlicht. Die Applikation soll dem Nutzer den Zugriff auf bei Amazon gekaufte Titel ermöglichen. Ganz wie mit dem Kindle selbst können gekaufte Bücher heruntergeladen und gelesen sowie neue geordert werden. Allerdings sind diese Möglichkeiten auf das hauseigene Format AZW beschränkt, gleichzeitig erweitert die Mac-Variante aber die Lesbarkeit von Kindle-Büchern auf die meisten erhältlichen Geräte, einschließlich Blackberry und iPhone.

"Wired" hat sich den neuen Service bereits näher angesehen und ist nicht sonderlich begeistert. Viel mehr als die nackte Lesefunktion sei bei dieser "Beta-Version" nicht vorhanden, man könne sich in Texten mittels der Pfeiltasten oder auch mit dem Scrollrad der Maus bewegen. Doch schon die Zoom-Funktion erfordere, anders als beim Mac üblich, die Bedienung umständlicher Eingabefelder. Bemerkungen und Lesezeichen, die auf anderen Geräten bei Texten erstellt wurden, seien hier nicht lesbar, und neue Notizen könnten auch nicht verfasst werden. Selbst eine Suchfunktion gibt es (noch) nicht.

Entsprechend nüchtern fällt das Fazit aus. Es sei sicher ganz schön, Texte auch auf dem Computer zu lesen, aber ein Unternehmen von der Größe Amazons hätte Besseres abliefern können. Der Online-Händler "mag damit zufrieden sein, Bücher zu verkaufen und sich nicht um die Geräte zu kümmern, auf denen sie gelesen werden. Aber wenn Amazon so weitermacht, werden die Leute nur dazu getrieben, ihre Bücher und E-Reader woanders zu kaufen ".

Auch das noch:

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