Netzwelt-Ticker Staatstrojaner immer noch arbeitslos

Dem Bundesinnenministerium zufolge hat das BKA den umstrittenen Bundestrojaner immer noch nicht eingesetzt. Außerdem: Viacom gräbt Google-Geheimnisse aus, die USA richten ihr Cyber-Command ein und Google Street View kommt vielleicht erst nach 2010. Das und mehr im Überblick.
Online-Durchsuchung (gestellte Szene): Der Bundestrojaner wurde noch nie eingesetzt

Online-Durchsuchung (gestellte Szene): Der Bundestrojaner wurde noch nie eingesetzt

Foto: dapd

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat die umstrittenen Bundestrojaner noch immer nicht eingesetzt: Seit dem Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes Anfang 2009 sei es zu noch keiner Online-Durchsuchung der Computer von Verdächtigen gekommen. Das bestätigte das Bundesinnenministerium auf eine kleinen Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion, aus der der "Tagesspiegel"  berichtet.

Demnach erklärte das Ministerium, dass das Gesetz den Einsatz etwa des Bundestrojaners nur als Ultima Ratio vorsehe, die Ermittler bisher ohne Online-Durchsuchungen ausgekommen seien. Da sich dies aber ändern könne, brauche man die Rechtsgrundlage. Ein Ministeriumssprecher bestätigte außerdem im "Tagesspiegel" erwähnte Kosten, wonach das BKA bisher knapp 700.000 Euro für die Online-Durchsuchung ausgab, davon 581.000 für Personalkosten.

Die Online-Durchsuchung ist Teil des 2008 beschlossenen BKA-Gesetzes, das der Behörde unter anderem das Recht einräumt, zur Abwehr dringender Gefahren heimlich - aber nur mit richterlicher Erlaubnis - Computer von Verdächtigen auszuspähen. Dafür soll auch eine staatliche Schnüffelsoftware eingesetzt werden, der umstrittene Bundestrojaner  eben.

Twitter verbietet Drittanbieter-Werbung

Ärger in der Twitter-Ökosphäre: In einem langen Firmenblog-Post zur zukünftigen Ausrichtung des Mikroblogging-Dienstes Twitter erklärt das Unternehmen den vielen Twitter-Drittanbietern den Krieg:  "Wir werden es Drittanbietern nicht gestatten, bezahlte Tweets in die Timeline oder irgendeinen anderen Dienst einzuspeisen, der die Twitter-API benutzt." Im Klartext: Nur wir, das Unternehmen Twitter, dürfen in Twitter-Diensten werben. Wer bisher Werbenachrichten via Twitter versendete, soll künftig Twitters eigenen Werbedienst "Promoted Tweets" heuern und so Twitters letzte Hoffnung auf eine sprudelnde Geldquelle erfüllen - und die vieler Start-ups beerdigen, die auf Einnahmen durch gesponserte Twitter-Nachrichten hofften.

Doch neben Twitter dürften auch die vielen Twitter-Mitglieder, die im Mikroblogging-Dienst Kurznachrichten veröffentlichen und lesen, vom Unkraut-Jäten profitieren: Twitter, betont das Unternehmen sinngemäß im Blogpost, dürfe nicht als Spamhölle enden.

Google vs. Viacom: Noch mehr Schmutzwäsche

Um zu beweisen, wie wichtig Viacom-Material für Googles Videot ochter YouTube ist, haben Viacom-Anwälte Google-Korrespondenz veröffentlicht, aus der hervorgehen soll, dass Google dem Medienunternehmen knapp 600 Millionen US-Dollar (488 Millionen Euro) für das gesammelte Videomaterial, also TV-Shows, Filme, Clips von MTV Networks, Comedy Central und Paramount Pictures angeboten habe.

Google habe Viacom damit ein vielfach besseres Angebot gemacht als anderen Inhalteproduzenten wie Turner Broadcasting Systems oder CBS. Damit habe Google wieder einmal unterstrichen, was es bereits 2006 über Viacom gesagt haben soll: Viacom-Videomaterial ist wertvoller als das aller anderen Inhalteanbieter.

Aber was will Viacom mit diesen Enthüllungen erreichen? ZDNet Asia versucht das Hickhack zwischen Google und Viacom aufzudröseln : Es geht natürlich um Viacoms Klage gegen Googles Videodienst YouTube, der mit massenhaft, angeblich von Viacom geräuberten, von Privatleuten hochgeladenen TV-Clips Geld gescheffelt haben und so Viacoms Urheberrechte verletzt haben soll. Viacom will Geld sehen, Google sieht sich vom amerikanischen Digital Millennium Copyright Act als Sicherer Hafen vor solchen Klagen geschützt. Bis ein Gericht eine entsprechende Entscheidung trifft, befürchtet ZDNet Asia, werden beide Unternehmen in der Schmutzwäsche des anderen wühlen.

CyberCom: Keith Alexander ist Kopf der US-Cyber-Kommandostelle

Die Vereinigten Staaten haben endlich eine Cyber-Kommandostelle. Nach langem Tauziehen darum, wer künftig mit mehr materiellen und organisatorischen Mitteln Amerikas Infrastrukturen schützen soll, ernannte der US-Verteidigungsminister Robert Gates den US-Army General Keith Alexander zum Kopf des neu einzurichtenden "Cyber Command" des Pentagon .

Er soll die Netzwerke und Cyberspace-Operationen des Verteidigungsministeriums besser gegen mögliche Cyberattacken schützen. Die Joint Task Force for Global Networks Operations und die Joint Functional Component Command for Network Warfare sollen bis Oktober 2010 zugunsten des bis dahin voll eingerichteten CyberCom aufgelöst werden.

US-Verteidigungsminister Gates sagte dazu in einer offiziellen Erklärung: "Angesichts der zunehmenden Abhängigkeit vom Cyberspace soll die neue Kommandostelle die Ressourcen des Verteidigungsministeriums bündeln und dem immer breiteren Spektrum von Cybergefahren für und Verwundbarkeiten von unseren militärischen Systemen entgegentreten." Laut Cnet News sollen ab Oktober circa tausend CyberCom-Mitarbeiter die Sicherheit von 15.000 Computernetzwerken der 4000 US-Militärbasen in 88 Ländern sicherstellen. 

Verbraucherschutzministerin Aigner: Kein Google Street View 2010

Google wird nach Ansicht der Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner den umstrittenen Street-View-Dienst wegen einer Flut von Bürgereinsprüchen in Deutschland nicht in diesem Jahr starten können. Es habe sich bereits eine fünfstellige Zahl von Bürgern gegen die Veröffentlichung von Bildern ihrer Häuser im Internet gewehrt, sagte Aigner der "WAZ"-Mediengruppe.  "Aufgrund der Welle von Widersprüchen vermute ich, dass der von Google Ende 2010 geplante Start des Projektes wohl verschoben werden muss."

Google hatte nach viel Kritik besorgten Bürgern eine Möglichkeit gegeben, sich online gegen die Veröffentlichung der Bilder ihrer Häuser und KFZ-Kennzeichen zu wehren.  Bereits auf der Computermesse Cebit im März 2010 gab der Konzern an, eine vierstellige Zahl von Einsprüchen zu bearbeiten.Google Deutschland wollte Aigners Äußerungen auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE nicht kommentieren.

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