Netzwelt-Ticker Viacom veröffentlicht peinliche Google-Dokumente

Google, behauptet das Medienunternehmen Viacom, habe nicht nur von Rechtsbrüchen bei YouTube gewusst, sondern diese sogar für sich genutzt. Außerdem im Überblick: Deutschland und die USA schließen Biometrie-Pakt, Microsoft untersucht Sklavenarbeits-Vorwürfe und vieles mehr.
YouTube: Rechtsbrüche bewusst in Kauf genommen?

YouTube: Rechtsbrüche bewusst in Kauf genommen?

Foto: SAMANTHA SIN/ AFP

Der Streit zwischen dem Medienkonzern Viacom und Googles Videoplattform YouTube eskaliert: Jetzt hat Viacom Unterlagen ausgegraben - darunter ein Strategiepapier von 2006 - die beweisen sollen, dass Google vor dem YouTube-Kauf im November 2006 nicht nur von den massiven Urheberrechtsverletzungen beim Videoportal wusste, sondern diese auch als Hebel für bessere Deals mit Inhalteanbietern verwenden wollte. Google habe "eine bewusste, berechnende Geschäftsentscheidung getroffen", um von Urheberrechtsverstößen zu profitieren und diese "als Drohung zu gebrauchen, um Rechteinhaber zu Verträgen zu Googles Bedingungen zu zwingen".

In Google-Dokumenten , die Venture Beat veröffentlichte, heißt es unter anderem: "YouTubes Geschäftsmodell beruht vollständig auf Raubkopien. Sie sind auf die Gnade von Firmen angewiesen, dass diese nicht mit DMCA-Abmahnungen reagieren." Mit diesen Abmahnungen versuchen heute viele amerikanische Rechteinhaber, die unrechtmäßige Verbreitung ihrer Werke zu behindern - bei YouTube werden mittels DMCA-Abmahnung beanstandete Videos gelöscht, YouTube kann dann nicht für die Urheberrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden. Diese Dienstleister-freundliche Regelung soll Google damals in Gefahr gesehen haben: Sollten die Rechteinhaber nur genug Lobby-Druck machen, könnte das Gesetz verschärft werden. Da wäre es "riskant, ein ganzes Geschäftsmodell auf Basis dieses Gesetzes zu entwickeln."

Zentral für Viacoms Anschuldigungen sind deshalb Passagen in den Google-Dokumenten, die aus der Not eine Tugend zu machen scheinen, und die als Piraten-Erpressung interpretiert werden können. Da YouTube-Nutzer sowieso geschütztes Material hochladen würden, würden Rechteinhaber von einem schnellen Deal mit Google/YouTube profitieren - Hauptsache irgendein Geld für die Internetaufführung. "Wir könnten sanft oder mit Druck an virale Premiuminhalte gelangen […] Einschüchterung für Standard-Vertragsabschlüsse einsetzen."

Google kritisierte Viacoms Enthüllung als unbedeutend für den Prozess, das Unternehmen versuche die Presse für sich einzuspannen.

Deutschland und USA schließen Biometrie-Pakt

Bei einem Besuch in Amerika vereinbarten der Staatssekretär des deutschen Innenministeriums Klaus-Dieter Fritsche und die stellvertretende Heimatschutzministerin Jane Holl Lute eine Zusammenarbeit bei den Grenzkontroll-Programmen  beider Länder. Das Program for Trusted Travellers - "Programm für überprüfte Reisende" - solle "den rechtmäßigen Handel und Reisen zwischen unseren beiden Ländern vereinfachen und es gleichzeitig der Polizei ermöglichen, sich auf die wichtigsten Sicherheitsrisiken an den Grenzübergängen in unserem Land zu konzentrieren", sagte Lute.

Im Klartext geht es um automatisierte und biometriegestützte Grenzkontrollen - in Deutschland als ABG-, in den USA als Global Entry-Programm. Die sind bislang noch ein freiwilliges Angebot an Reisende. Sie versprechen schnellere und reibungslosere Grenzkontrollen. "Die personenbezogenen Daten aus dem mitzuführenden Reisedokument und die biometrischen Merkmale der Augeniris werden einmalig von der Bundespolizei registriert. Bislang haben sich ca. 24.500 Flugreisende für das kostenfreie Verfahren angemeldet", heißt es in einer Pressemitteilung des Innenministeriums.

Sklavenarbeit: Microsoft untersucht Vorwürfe

Microsoft untersucht Vorwürfe, nach denen junge Arbeiter Mäuse, Kameras und Xbox-Controller in chinesischen Firmen unter untragbar langen Arbeitszeiten und rauen Bedingungen fertigen müssen. Einem Bericht der Menschenrechtsgruppe National Labor Committee zufolge arbeiten in den Fertigungshallen des Elektronikherstellers KYE Systems Corp in Dongguan, China, Teenager in 15-Stunden-Schichten . Es herrsche militärische Disziplin, wer Fehler mache, werde mit Geldstrafen belegt, die Arbeiter müssten in dreckigen Schlafsälen übernachten.

In einem Statement in Microsofts Firmen-Blog heißt es nun: "Wir haben ein Team unabhängiger Auditoren zu den Anlagen gesandt, um eine vollständige und gründliche Untersuchung  vorzunehmen." Bei Routineuntersuchungen seien in den vergangenen beiden Jahren aber keine Hinweise auf Kinderarbeit aufgetaucht, die Arbeitszeiten habe man im gleichen Zeitraum "signifikant reduziert" und Löhne an die für die Dongguan-Region geltenden Standards der "Electronic Industry Citizenship Coalition" angepasst.

Viele Zeus-Opfer unter Fortune-500-Firmen

Fast alle Fortune-500-Firmen könnten Opfer eines Zeus-Trojaners geworden sein. Das legt eine Untersuchung des Sicherheitsunternehmens RSA nahe, das Datenhorte des Trojaners analysierte. Darin fanden sich Hinweise auf die 500 Top-Unternehmen der USA.

Der Zeus-Trojaner ist ein Internetschädling, der sich unbemerkt in Computern einnistet, Tastatureingaben mitschneidet und diese, sortiert nach Benutzername/Passwort-Kombinationen, Banking-Nummern, Kartendaten und E-Mail-Adressen, an einen Steuerserver sendet. Zeus-Trojaner entspringen einem Hacker-Bausatz, den Internetkriminelle auf dem Schwarzmarkt erwerben können - die Studie entspringt sicherlich der Hoffnung, die Fortune-500-Unternehmen  damit für einen Einkauf im RSA-Shop zu begeistern.

Entblößungs-Trojaner erpresst Opfer

Eine als "Kenzero" bekannte japanische Malware verbreitet sich vor allem über den japanischen Filesharing-Dienst Winni, veröffentlicht die Surf-Vergangenheit seiner Opfer im Netz und löscht diese oft peinliche Linkliste  nur gegen die Zahlung von zwölf Euro Gebühr.

Kenzero verkleidet sich als Computerspiel-Installationsdatei, fragt den PC-Nutzer nach persönlichen Angaben und veröffentlicht dann unter den gerade angegebenen Daten die komplette Surfvergangenheit des Nutzers - soweit dieser nicht regelmäßig seine Browser-History löscht. Ein Bildschirmhinweis oder eine E-Mail-Nachricht fordert das Opfer schließlich auf, 1500 Yen (12 Euro) per Kreditkarte zu zahlen, um "Ihre Verstöße gegen das Urheberrecht beizulegen" - und die Web-Entblößung zu stoppen.

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