Nick Cave wettert über ChatGPT »Dieser Song ist Mist«

Fans haben den Chatbot ChatGPT Songs im Stil von Nick Cave schreiben lassen – und die Ergebnisse dem Künstler geschickt. Der ist nicht begeistert.
Nick Cave

Nick Cave

Foto: Alessandro Bremec / NurPhoto / IMAGO

Nick Cave ist kein Freund seichter Unterhaltung. In seinen Songs steigt er tief in die menschliche Seele hinab, beschreibt Emotionen, Erfahrungen, Schmerzen, Widersprüche. Einige Fans des australischen Künstlers haben versucht, daraus ein Rezept zu machen, mit dem die künstliche Intelligenz (KI) ChatGPT Songs im Cave-Stil schreiben kann. Etliche Ergebnisse dieser Bemühungen seien ihm zugeschickt worden, schreibt der Musiker jetzt in seinem Newsletter »The Red Hand Files« . Begeisterung haben sie bei ihm offensichtlich nicht ausgelöst.

ChatGPT und das darunterliegende Sprachmodell GPT-3 sorgen seit Monaten für Furore: Millionen Menschen nutzen die bisher kostenlose Technik von OpenAI, um Texte erstellen zu lassen, Hausaufgaben zu erledigen oder auch neue Rezepte zu erfinden. Microsoft will in die Technologie angeblich Milliarden investieren, hat gerade angekündigt, sie in seine Cloud-Dienste integrieren zu wollen . Auch die Suchmaschine Bing und die Bürosoftware Office könnten mit der KI aufgewertet werden.

»Immer vorwärts, immer schneller«

In seinem Newsletter gibt sich Nick Cave alles andere als begeistert von diesen Entwicklungen, schreibt, er empfinde nicht den gleichen Enthusiasmus dafür, wie jene Fans, die ihm ihre KI-Songtexte schicken. Ihm sei bewusst, dass ChatGPT noch in den Kinderschuhen stecke und das vielleicht auch immer so bleiben werde. Künstliche Intelligenz müsse »immer weitergehen, immer vorwärts, immer schneller«. Der 65-Jährige sieht darin den Weg in »eine utopische Zukunft oder unsere totale Zerstörung«. Wer wisse das schon?

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Dabei zitiert er den kompletten Text eines ChatGPT-Songs, den ihm ein Fan, der nur als Mark aus Christchurch in Neuseeland bezeichnet wird, geschickt hat und der tatsächlich Ähnlichkeiten mit Cave-Texten aufweist. Der Refrain etwa geht so:

Ich bin der Sünder, ich bin der Heilige
Ich bin die Dunkelheit, ich bin das Licht
Ich bin der Jäger, ich bin die Beute
Ich bin der Teufel, ich bin der Retter

Danke, aber nein Danke

»Dieser Song ist Mist«, urteilt Cave unwirsch. ChatGPT möge in der Lage sein, Texte bestimmter Genres zu erzeugen, doch dieser Song sei bloß »eine Reproduktion«. Das werde auch so bleiben, wenn das System in Zukunft lernt, Songs zu schreiben, »die von einem Original nicht zu unterscheiden« sind.

Im Weiteren erklärt er, dass Songs aus Leiden heraus entstehen, aus dem »komplexen, inneren Kampf des Menschen um die Schöpfung«. Doch Algorithmen hätten eben keine Gefühle, »Daten leiden nicht«. Die tragische Rolle von ChatGPT sei daher, dass es immer nur imitieren, nie eigene menschliche Erfahrungen haben könne. Cave selbst musste im vergangenen Jahr den Tod seines Sohnes verkraften.

Auch wenn es sich anhören könnte, als würde er das »ein wenig zu persönlich nehmen«, sei er doch nur ein engagierter Songwriter und das Schreiben von Songs sei eben ein blutiges Geschäft, das Menschlichkeit erfordere. Insofern bedanke er sich für den Song, den Fan Mark ihm geschickt hat, aber der sei trotzdem »Schwachsinn«.

mak
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