Patentwahn Wem gehören Links und Daten?

Das Verlinken von Internetseiten und das Sammeln von Daten im Web sind geistiges Eigentum und keine allgemein zugänglichen Techniken. Das jedenfalls behaupten der Britische Telekommunikationsriese BT und eine kleine Internetfirma aus den USA. Damit erreicht der Patentwahn im Netz eine neue Qualität.

Schon seit einiger Zeit erfreut sich das Patentieren von elementaren Mechanismen des Webs großer Beliebtheit bei Internetfirmen. Nun gibt es zwei weitere "Highlights" in dieser skurrilen Entwicklung. Das Sammeln von userbezogenen Daten im Netz und das Verlinken von Texten sind nämlich nicht etwa allgemein bekannte und zugängliche Grundlagentechnologien, sondern geistiges Eigentum. Und das könnte, wenigstens nach dem Willen seiner Besitzer, eine Menge Geld wert sein.

Aus dem sonnigen Florida meldete sich am Mittwoch zu diesem Thema Monte Sims zu Wort. Sims ist Chef der kleinen Firma TeleDynamics und hält beim Patentpoker einen vermeintlich starken Trumpf in der Hand, denn sein Unternehmen besitzt nach eigenen Angaben die Verwertungsrechte für die "Erfindung" des Datensammelns im Netz und die Weitergabe von Userdaten an Dritte. Und Sims möchte Geld sehen für sein Eigentum. Dass sein Patent, das im Übrigen noch nicht veröffentlicht ist, anfechtbar ist, glaubt der TeleDynamics-Manager nicht: "Das Ding ist sehr solide", sagt er. Falls er Recht behalten sollte, dürften schwarze Wolken aufziehen, unter anderem am Himmel der Internetvermarkter, die dann regelmäßig ein paar Dollars nach Florida überweisen müssten.

Doch auch Otto Normalsurfer sollte vielleicht besser ein paar Groschen zur Seite legen. Denn der britische Telekommunikationsriese BT überraschte am Montag mit einer wahrhaft sensationellen Nachricht. Seit 1989 sei man Inhaber des Patentes zum Verlinken zweier Informationsangebote, ließ die Firma wissen. Zum Patent angemeldet im Jahr 1976 soll der britische Hyperlink jetzt richtig Geld bringen. Das US-Patent auf die Link-Technologie läuft nach Angaben der BT noch bis zum Jahr 2006. Jahrelang habe man die kostenlose Nutzung geduldet und werde auch jetzt nicht für jede einzelne private Webseite Lizenzgebühren verlangen, so BT, von den großen amerikanischen Intenet-Service-Providern (ISPs) wolle man aber Bares sehen. Da fließe schließlich auch der Hauptumsatz, so ein Unternehmenssprecher. Hoffentlich sehen die ISPs das nicht anders und reichen potenzielle Belastungen in Form von Gebühren an ihre Kunden weiter.

Doch das würde voraussetzen, dass sich der Anspruch der BT als rechtmäßig erweist, doch Skeptiker argwöhnen bereits, die Briten hätten schon gewusst, warum sie ihr angeblich fundamentales Patent elf Jahre in der Schreibtischschublade verstauben ließen. Eine Analyse der Patentschrift wird nach Ansicht von Experten längere Zeit benötigen.

Verantwortlich für mindestens einen Teil des Patentwahnsinns ist das amerikanische Patentamt. Dieses ist nach eigenen Angaben völlig überlastet und unterbesetzt und sieht sich kaum in der Lage, die Flut von Patentanträgen, nicht nur im Internetbereich, tiefgründig zu prüfen. Experten schlagen daher vor, die Kosten für eine Patentanmeldung zu erhöhen und dafür zusätzliche und qualifiziertere Mitarbeiter einzustellen. Doch ob Geld, das auf diese Weise mehr eingenommen würde, tatsächlich dem Patentamt zugute kommt, ist fraglich. Der US-Kongress hatte Anfang des Jahres die Mittel für das Patentamt noch weiter zusammengestrichen, anstatt sie zu erhöhen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren