Hunderte Festnahmen Polizei hackt Krypto-Smartphones von Kriminellen

Europäischen Ermittlern ist ein großer Schlag gegen die organisierte Kriminalität gelungen. Ausgangspunkt war die Infiltration eines verschlüsselten Chat-Netzwerks.
Razzia der National Crime Agency in Birmingham

Razzia der National Crime Agency in Birmingham

Foto: Jacob King/ dpa

Ermittlern aus mehreren Ländern ist durch das Entschlüsseln von Chats, die über eigentlich besonders gesicherte Smartphones versendet wurden, ein großer Schlag gegen die organisierte Kriminalität in Europa gelungen. Es gab Hunderte Festnahmen. 19 Drogenlabore wurden ausgehoben, Tausende Kilo Kokain, Crystal Meth und andere Drogen beschlagnahmt.

Möglich war das durch einen Hack gegen EncroChat, den Anbieter von speziellen, bei Kriminellen beliebten Android-basierten Smartphones, die zum Stückpreis von 1000 Euro verkauft wurden. Der verschlüsselte Chatdienst kostete extra - etwa 1500 Euro für sechs Monate, inklusive Rund-um-die-Uhr-Service. Die Behörden hatten, so berichtet es "Vice" , das Netzwerk infiltriert und offenbar darüber Schadsoftware auf Tausende Geräte geschleust, um verschlüsselte Chats mitlesen zu können.

Der Polizei in den Niederlanden und Frankreich gelang es dadurch, mehr als 20 Millionen verschlüsselter Nachrichten abzuschöpfen, wie die europäische Justizbehörde Eurojust am Donnerstag in Den Haag mitteilte . Das Eindringen in die technische Infrastruktur des Anbieters von EncroChat habe "Schockwellen durch organisierte Verbrecherbanden quer durch Europa" geschickt.

Zahlreiche Verbrechen konnten unterbunden werden, so Eurojust - darunter Mordversuche und Drogentransporte. In den Niederlanden wurde demnach Bargeld in Höhe von fast 20 Millionen Euro beschlagnahmt.

EncroChat soll 60.000 Nutzer weltweit gehabt haben

Britische Behörden bezeichneten die Operation als "massiven Durchbruch im Kampf gegen schwere und organisierte Kriminalität" und die größte Ermittlungsoperation ihrer Geschichte. Der inzwischen geschlossene Kurznachrichtendienst EncroChat habe 60.000 Nutzer weltweit gehabt, davon allein 10.000 in Großbritannien.

Allein in Großbritannien habe es 746 Festnahmen gegeben, hieß es in einer Mitteilung der National Crime Agency und dem Verband der britischen Polizeibehörden. Zudem seien 54 Millionen Pfund (umgerechnet knapp 60 Millionen Euro), 77 Schusswaffen und mehr als zwei Tonnen Drogen sichergestellt worden.

In Frankreich waren mehr als 60 Sonderermittler unter dem Codenamen "Emma 95" beteiligt. In den Niederlanden seien in die dort "Lemont" genannte Operation mehrere Hundert Ermittler einbezogen gewesen. Das Hacken der Kommunikation zwischen Tausenden von mutmaßlichen Kriminellen sei auf der Grundlage behördlicher Genehmigungen erfolgt.

pbe/dpa
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