Radio online "Wir werden eine Macht sein"

Das Radio im Internet wird erwachsen - versprechen zumindest die Betreiber von "Daswebradio.de". Mit großem Selbstbewusstsein rühren die Macher die Werbetrommel. 69 Mitarbeiter sollen direkt ab Sendestart bis zu 100.000 Hörer mit einem "echten Vollprogramm" versorgen. Da werden selbst die Landesmedienanstalten hellhörig.
Von Hardy Prothmann

"Wir werden eine Macht im Internet sein", sagt Stephan Schwenk, Geschäftsführer des Berliner Spreeradios und Vorstandsvorsitzender von Daswebradio.de .

Ausgeschlossen ist das nicht. Um 14.00 Uhr ging am Montag das bisher größte deutsche Internetradio online. Mindestens 100.000 Hörer sollen das Programm zum Start gleichzeitig im Internet hören können, bei voller Ausbaustufe sollen sogar 500.000 gleichzeitige Streams möglich sein. Dafür investiert das neue Radioangebot einen "deutlich zweistelligen Millionenbetrag".

Über 100 Journalisten kamen zur Pressekonferenz ins Berliner Grand Hyatt, wo vor 77 Jahren das erste Radioprogramm on Air ging, um etwas über die "neue Macht" zu erfahren. Daswebradio.de sendet aus dem "Funkhaus Berlin" in unmittelbarer Nähe zum Alexanderplatz, wo auch Spreeradio 105,5 und 87,9 Star FM beheimatet sind. Die volldigitalisierten Studios der drei Sender liegen auf einem Stockwerk direkt nebeneinander.

Erster Web-Sender für ein "Massenpublikum"

Während aber Spreeradio und Star FM ganz normal über UKW funken, ist Daswebradio.de ausschließlich im Internet zu hören. Insgesamt 69 Mitarbeiter haben angeheuert, um das Programm zu füllen und Promotion-Aktionen durchzuführen. Schließlich will man nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit senden, sondern erstmals ein Massenpublikum im Internet ansprechen.

Ermöglichen sollen das die neue Streaming-Technologie von Quicktime sowie spezielle Zusatzprogrammierungen. Dafür setzt das Unternehmen zunächst 70 und später 230 Server ein. Das macht selbstbewusst. Stephan Schwenk: "Unsere Mitbewerber sind gegen uns eher Spartenprogramme."

Das neue Programm, das mit Top-40-Hits insgesamt eine recht junge Zielgruppe anstrebt, soll mit Fernsehspots, Anzeigen und vor allem durch so genannte Cross-Promotion bekannt gemacht werden. Die Sender des Mitgesellschafters Dornier Medien, darunter Spreeradio, Star FM, Radio Aachen und 92,6 Cityradio Wien, werden auf das neue Programm hinweisen. "Wir haben keine Angst, dass das Internetradio dem klassischen Radio Hörer wegnimmt", sagt Stephan Schwenk. Viel eher würden Hörer gewonnen, die sonst am Computer kein Radio hören.

Vermarktet wird das Programm von der ARD Sales & Services. Im Programm soll es klassische Unterbrecherwerbung mittels Spots geben. Weil das Internet aber multimediale Möglichkeiten biete, könne man sich auch Werbefilme und interaktive Werbeformen vorstellen.

Trend: Medienmacher, die exklusiv online arbeiten

Um Hörer für das neue Programm zu begeistern, hat Schwenk bei anderen klassischen Stationen gewildert und bekannte Moderatoren abgeworben. Einer ist der gebürtige Engländer Nick Maloney, der vom Berliner Sender RTL 104,6 kommt und nun Programmdirektor von Daswebradio.de ist. "Der Trend geht dahin, dass immer mehr Journalisten und Moderatoren aus den klassischen Medien ausschließlich online arbeiten werden", prophezeit Schwenk. Je mehr Profis das Netz gestalten, desto eher werde das Netz eine vergleichbare Akzeptanz und Konsumentenbindung wie die klassischen Medien erfahren.

18 Millionen Mark Investitionsvolumen

Schwenk rechnet damit, schnell Konkurrenz zu bekommen. Allerdings vertraut er auf den frühen Start und die hohe Investitionsleistung, die nach Informationen von SPIEGEL ONLINE 18 Millionen Mark betragen soll. Hauptkapitalgeber ist die Münchner Venture-Capital-Firma PolyTechnos, die 25 Prozent hält. Der Rest verteilt sich auf die Dornier Medien, Spreeradio und die Gründungsgesellschafter Stephan Schwenk sowie Olaf Hopp.

Zusätzlich zum Start im Internet will man sich um terrestrische Rundfunklizenzen bewerben. Die neue Hörerdimension, die Daswebradio.de erreicht, hat in den Landesmedienanstalten "ein neuerliches Nachdenken ausgelöst, ob Internetradio nun Radio im klassischen Sinne ist oder nicht", meint die Justiziarin Ingeborg Zahnt von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg. Die große Verbreitungskapazität von Daswebradio.de gieße natürlich Wasser auf die Diskussionsmühle, ob auch Internetradio unter die Lizenzhoheit der Medienanstalten falle. Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE kommentierte Zahnt: "Wie beobachten die Entwicklung mit Interesse."

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