Projekt »Oculus« Russland automatisiert Suche nach »verbotenen Inhalten« im Internet

Netzwerkkabel in einer Serverschrank: Überwachung geht in Russland jetzt automatisch
Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / dpa»Oculus«, so heißt ein neues Überwachungssystem, mit dem russische Behörden das Internet nach Inhalten durchsuchen, die im Land verboten sind. Auf Anfrage der russischen Nachrichtenagentur Interfax teilte die Kommunikationsbehörde Roskomnadzor mit, das Informationssystem Oculus sei »bereits in Betrieb genommen« und erfülle »die ihm zugewiesenen Aufgaben in vollem Umfang«. Demnach erkenne das System »Gesetzesverstöße in Bildern und Videos«.
Die Behörde habe im September vergangenen Jahres eine Ausschreibung für die Entwicklung des Systems veröffentlicht, heißt es in dem Interfax-Bericht weiter. Die Entwicklungskosten werden mit 57,7 Millionen Rubel, umgerechnet etwa 730.000 Euro, angegeben. Bereits im Dezember soll das System demnach getestet worden und ab Januar dieses Jahres in die Überwachungssysteme integriert worden sein.
200.000 Bilder pro Tag
Die Hauptaufgabe des Systems bestehe darin, in Bildern und Videos Verstöße gegen russische Gesetze zu erkennen, erklärte ein Vertreter der Roskomnadzor untergeordneten Regulierungsbehörde GRFC (General Radio Frequency Centre) Moskauer Tageszeitung »Vedomosti «. Das System erkenne »Bilder und Symbole, illegale Szenen und Handlungen«, sagte er weiter. Zudem könne es in Fotos und Videos gezeigte Texte analysieren. Überdies sei Oculus in der Lage, »extremistische Inhalte«, »Aufrufe zu illegalen Demonstrationen« sowie »drogenfördernde Inhalte, LGBT-Propaganda und anderes« selbstständig zu erkennen, erklärte er.
Zuvor hätten Mitarbeiter des GRFC das Internet weitgehend manuell nach verbotenen Inhalten durchsucht, zitiert die »Vedomosti « einen Mitarbeiter von Roskomnadzor. Die hätten pro Person und Tag im Durchschnitt 106 Bilder und 101 Videos gesichtet. Oculus hingegen »wird mehr als 200.000 Bilder pro Tag analysieren« und damit »die Überwachung der visuellen Inhalte automatisieren und erheblich beschleunigen«. Dabei soll es auch handgeschriebene Texte auswerten können.
Seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine bemühen sich russische Behörden, unliebsame Meinungen im Land zu unterdrücken. Dazu gehörten von Anfang an auch Versuche, die Meinungsbildung im Internet zu unterbinden. Wladimir Putin hatte dazu im Eiltempo ein Gesetz gegen angebliche »Fake News« über den Krieg in Kraft gesetzt, das die »öffentliche Verbreitung absichtlich falscher Informationen über die Benutzung der Streitkräfte der Russischen Föderation« unter Strafe stellt.
Bis zum Jahr 2025 soll das jetzt eingeführte russische Internet-Überwachungssystem weiter ausgebaut und um neue Fähigkeiten erweitert werden. Dazu gehört etwa, dass es künftig um weitere Arten von Gesetzesverstößen ergänzt werden und beispielsweise auch »Posen von Personen« einordnen können soll.