Schadensersatz für Facebook Spammer zu 711 Millionen Dollar verurteilt

Theoretisch wurden die Betreiber von Facebook gerade 711 Millionen Dollar reicher: Das ist die Schadensersatzsumme, die ein US-Gericht gegen einen Spammer verhängte, der Facebook mit Werbemüll überflutete. Kläger Facebook und das Gericht hoffen auf eine abschreckende Wirkung des drakonischen Urteils.
Hat gut lachen: Mark Zuckerbergs Facebook ist inzwischen das erfolgreichste Social Network der Welt. Damit das so bleibt, fährt Facebook gegen Spammer die Krallen aus - und erstritt nun vor Gericht einen Schadensersatz von 711 Millionen Dollar gegen einen "Spam-King"

Hat gut lachen: Mark Zuckerbergs Facebook ist inzwischen das erfolgreichste Social Network der Welt. Damit das so bleibt, fährt Facebook gegen Spammer die Krallen aus - und erstritt nun vor Gericht einen Schadensersatz von 711 Millionen Dollar gegen einen "Spam-King"

Foto: PAUL SAKUMA/ AP

Los Angeles - Ein Gericht in Kalifornien hat Facebook eine Entschädigung von 711 Millionen Dollar (481 Millionen Euro) wegen Überflutung mit unerwünschten Werbemails ("Spam") zugesprochen. Facebook hatte einen der prominentesten Spammer im Internet, Sanford Wallace, verklagt, weil dieser sich unerlaubt Zugang zu den Accounts der Nutzer des sozialen Internetnetzwerks verschafft und ihnen unerwünschte Botschaften zugesandt habe. Wie Facebook am Donnerstag weiter mitteilte, verwies die Justiz in San Jose den Fall außerdem wegen Missachtung des Gerichts an die Staatsanwaltschaft. Wallace droht damit eine Gefängnisstrafe.

Nach Angaben von Facebook handelt es sich um die zweithöchste Entschädigungsstrafe in einem Anti-Spam-Fall überhaupt. Im November 2008 sprach ein Richter Facebook in einem Verfahren gegen Adam Guerbuez und dessen Unternehmen Atlantis Blue Capital 873 Millionen Dollar zu. Die Firma hatte User mit Spam sexuellen Inhalts überflutet.

"Wir erwarten zwar nicht, dass wir den größten Teil der Summe erhalten, aber wir hoffen, dass dies als fortdauernde Abschreckung gegenüber diesen Kriminellen dient", erklärte Facebook-Jurist Sam O'Rourke am Donnerstag in einem Blog-Eintrag. "Das ist ein weiterer wichtiger Sieg in unserem Kampf gegen Spam."

Im Mai 2008 hatte ein US-Bundesgericht in einer Anti-Spam-Entscheidung gegen Wallace und dessen Partner Walter Rines der Internetplattform MySpace 230 Millionen Dollar Entschädigung zugesprochen. 2006 wurde Wallace zur Zahlung von vier Millionen Dollar verurteilt, weil sein Unternehmen Computer mit Spyware infiziert hatte, die dort Pop-Up-Werbung auslöste. Wallace hat die Spitznamen "Spamford" und "Spam King". Eines seiner Unternehmen hatte einmal an einem einzigen Tag in den neunziger Jahren 30 Millionen Junk-E-Mails verschickt.

Der Normalfall: Versand über verseuchte Privatrechner

Dass Spammer überhaupt identifiziert und gefasst werden, ist eher die Ausnahme. Das Gros des weltweiten Werbemülls wird heute über sogenannte Botnetze verschickt: Spammer oder sogenannte Botherder sorgen zunächst für die Verbreitung von Schadsoftware, über die sich dann befallene Rechner fernsteuern oder zumindest Teile ihrer Funktionen nutzen lassen.

Werden zahlreiche solcher Rechner zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, spricht man von Botnetzen, deren Dienste man mieten kann: Damit entfallen für die Spammer selbst die Netzwerk- und Datenverkehrkosten bei der Verteilung ihres Werbemülls. Da die Spam-Mails über verseuchte Rechner von Privatanwendern verschickt werden, ist auch die Identifizierung des eigentlichen Absenders auf diesem Wege nicht möglich.

Spam: Die fieseste Form der Direktwerbung

Spammer wie Wallace bieten ihre Dienste teils ganz offen an, sie operieren in einem Graubereich des Direktmarketings hart an der Grenze der Legalität - und überschreiten diese immer wieder. In den Anfangstagen des WWW galt E-Mail-Werbung noch als lästiges, aber leidlich legitimes Erfolgsrezept für den E-Commerce: Der erste E-Marketing-Bestseller, "How to make a Fortune on the Internet" von Laurence A. Canter und Martha S. Siegel (1994, deutsch "Profit im Internet", 1995) pries das Spamming noch ganz offen als preisgünstige Werbemethode.

Diese Zeiten sind lang vorbei: Seit Beginn des Jahrzehnts haben die meisten westlichen Staaten Gesetze gegen die Dauerbelästigung durch Spam erlassen. In der EU gilt seit 2001 das sogenannte Double-Opt-In-Prinzip, das vorschreibt, dass Konsumenten einer Beschickung mit Werbung erstens zustimmen und diese Zustimmung dann noch einmal bestätigen müssen. Den Spam hat das nicht beendet: Über 90 Prozent aller versandten E-Mails sind Werbemüll. Seit einigen Jahren versuchen vor allem die USA, mit empfindlichen Strafen für Abschreckung zu sorgen.

pat/AP
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