Sesamstraße sauer ...und Bert ist nie mehr böse

Das Ende einer Kultseite: Rund einen Tag, nachdem die Bilder des bösen Bert aus der Sesamstraße neben Osama Bin Laden um die Welt gingen, verschwand "Bert ist böse" aus dem Web.

"Bert is Evil" zierte das Web für rund fünf Jahre und erfreute sich konstanter Beliebtheit. Unter Websurfern der ersten Stunde war die Seite so bekannt wie die Kaffeemaschine im Trojan Room oder die "Barney muss Sterben"-Bewegung gegen den Dinosaurier aus der US-Kinderserie. Web-Trash eben, aber mit Kult-Appeal, der einst sogar einen Webbie-Award gewonnen hatte.

Wenig mehr als 24 Stunden, nachdem "Evil Bert" seinen größten Triumph erlebte, nahm der Betreiber die Seite vom Web.

Erstmals war "Evil Bert" auch Nichtsurfern in aller Welt bekannt geworden. Zwei Nachrichtenagenturen verbreiteten Bilder von einer Demonstration in Bangladesch, bei der unter anderem rund 2000 Plakate zum Einsatz kamen, die Bert Seite an Seite mit Osama Bin Laden zeigten. Das Bild stammte von der "Bert is Evil"-Seite.

Das ging Dino Ignacio, dem Kopf hinter "Bert is Evil", deutlich zu weit - und nebenbei bemerkt auch der TV-Produktionsgesellschaft Sesame Workshop.

In einem offenen Brief wandte sich Ignacio an die TV-Produktionsfirma und seine Fans und Leser:

    "Ich habe die 'Bert is Evil'-Seite von meinem Server genommen. Ich möchte hiermit Sesame Workshop für all die Geduld und Zurückhaltung in all den Jahren danken. Ich appelliere an alle Fans und die Betreiber aller Mirror-Seiten, die Weiterverbreitung der 'Bert is Evil'-Seite ebenfalls einzustellen."

Zuvor hatte es wütende Reaktionen aus New York gegeben: Erstmals beschwerten sich Sprecher von Sesame Workshop über die "Bert is Evil"-Seiten, die der Natur des von ihnen produzierten Kinderprogrammes diametral entgegenliefen. Dass nun eine beliebte Kinder-TV-Figur als mit dem Bild Bin Ladens verbunden um die Welt ging, ist für die TV-Macher schwer erträglich.

Gerüchten, Sesame Workshop habe Druck auf ihn ausgeübt, widerspricht Dino Ignacio jedoch vehement:

    "Das ist kein Ausverkauf. Ich wurde nicht bedroht. Ich bin kein Feigling.
    Ich tue dies, weil mir all das zu nah an die Wirklichkeit gerät. Ich habe mich dazu entschlossen, mich hier verantwortungsbewusst zu zeigen und einen Strich zu ziehen."

Zum Schluss dankt Ignacio allen Leuten, die irgendwann an der Produktion beteiligt waren: Eine virtuelle Verbeugung, dann fällt der ebenso virtuelle Vorhang.

Das Web verliert eine alberne, aber unschuldige Seite. Für Dino Ignacio wurde klar, dass die Zeit der Spiele vorbei ist. Selbst im Web kann man nicht mehr unbeschwert blödeln, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten