Bot oder kein Bot So erkennen Sie Meinungsroboter
Meinungsroboter haben ein Imageproblem. Seit dem US-Wahlkampf wird lebhaft über sogenannte Social Bots diskutiert, über Accounts, die nur so wirken, als stecke ein menschlicher Nutzer dahinter. Auf Plattformen wie Twitter tweeten, liken und retweeten mittlerweile ganze Netze von automatisierten Accounts.
In vielen Fällen posten Bots hierzulande rechte und islamfeindliche Dinge, manchmal auch Fake News. Doch genauso gibt es Bots, die eher linke Haltungen zu vertreten scheinen. Und es gibt Social Bots, die Nutzer unabhängig von ihrer politischen Einstellung praktisch finden könnten, etwa solche, die Wikipedia-Änderungen bestimmter Nutzer besser nachvollziehbar machen.
Ein Bot ist per se erst einmal neutral: Er macht und vertritt, was ihm einprogrammiert wurde oder das, was er - das gilt für lernfähige Bots - im Netz oder direkt von anderen Nutzern aufgeschnappt hat.
Werden Bots in den Meinungskampf geschickt, steckt dahinter oft das Ziel, Nutzern zu suggerieren, dass im Netz eine bestimmte Meinung vorherrsche. Es geht darum, Präsenz zu zeigen, Debatten an sich zu reißen, manchmal auch einzuschüchtern. Diskussionen im Netz könnten so manipuliert werden, vielleicht sogar Stimmungen in der Bevölkerung und Wahlentscheidungen. Im Hinblick auf den Bundestagswahlkampf in diesem Jahr fordern die Grünen deshalb ein Verbot von verdeckten Social Bots.
Denn Bots sind in den sozialen Medien mitunter schwer zu erkennen. Taucht ein einzelner Post eines Bots in der Timeline auf, ist er nicht immer von dem eines Menschen zu unterscheiden. Auch die Profile von Bots sehen oft auf den ersten Blick aus wie die eines normalen Nutzers. Im Folgenden geben wir Tipps, die Ihnen einzuschätzen helfen, ob Sie es mit einem Bot zu tun haben.
1. Wie seriös ist der Account?
Stolpert man in der Timeline über radikale Positionen oder aufrührerische Nachrichten, sollte man sich zunächst die Quelle anschauen:
- Kennt man die Person, die dort angeblich twittert?
- Kenne ich Follower des Accounts?
Ist das nicht der Fall, ist Vorsicht geboten.
In jedem Fall sollte man sich anschauen, was der Account zuvor getwittert hat: Twittert er etwa immer ungefähr dasselbe? Hat er die Nachricht, die man gerade bekommen hat, auch an viele andere Nutzer verschickt? Teilt er immer Postings desselben Mediums oder Accounts?
Ein "verifizierter" Twitter-Account mit einem blauen Häkchen jedenfalls bedeutet nicht zwangsläufig, dass es sich um einen Menschen handelt. Das legen Auswertungen der deutschen Initiative Botswatch nahe, die bei ihrer Arbeit auch Bots mit verifizierten Accounts entdeckt hat. Botswatch wertet die Bot-Aktivität bei bestimmten Social-Media-Events aus, darunter zum Beispiel die Rede der Kanzlerin auf dem letzten Bundesparteitag der CDU.
2. Was verrät die Profilbeschreibung?
Der Schweizer Maschinenethiker und Bot-Forscher Oliver Bendel rät, sich das Profil eines Accounts genau anzuschauen. Misstrauisch werden sollte man ihm zufolge, wenn die dortigen Angaben Nonsens sind oder wenn dort quasi nichts steht. Hilfreich sei es etwa, sich die im Profil angegebenen Links anschauen - so seien Rückschlüsse auf die Seriosität des Accounts möglich.
Social Bots seien häufig "Schleudern für Fake-News-Seiten", hat Bendel beobachtet, dem zuletzt immer wieder Negativschlagzeilen zu Bots aufgefallen sind. "Die Idee hinter den Bots war es ursprünglich nur, einfach maschinell etwas weiterzureichen", sagt er dazu.
3. Wie oft twittert der Account?
Selbst sehr aktive politische Accounts von Menschen veröffentlichen selten Dutzende Twitter-Nachrichten pro Tag. Die Oxford University jedenfalls hat in einer Studie herausgefunden , dass Accounts, die mindestens 50 Tweets am Tag ausstoßen oder stets die gleiche Anzahl an Tweets, in den meisten Fällen Social Bots sind. Nach Angaben von Botswatch gilt Ähnliches für eine sehr hohe Anzahl an Retweets.
Der Twitter-Account "DieWelle2017" zum Beispiel ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Bot. Er ist erst seit Juli 2016 in dem Netzwerk aktiv und hat bereits fast 30.000 Tweets verschickt.

Twitter-Account @diewelle2017
Interessant ist auch, wann ein Account etwas twittert: Hat er zum Beispiel ungefähr zur selben Zeit viele verschiedene Tweets an verschiedene Accounts verschickt? Natürlich können das prinzipiell auch Menschen, aber die meisten formulieren und schicken eher einen Tweet nach dem anderen.
4. Wie schnell reagiert der Account?
Bots können schneller als der Mensch auf Nachrichten reagieren und sie verbreiten. Retweetet ein Account regelmäßig beispielsweise schon eine Sekunde nach der Veröffentlichung eines Tweets, handelt es sich wahrscheinlich um einen Bot.
Die Pfannkuchenpolizei zum Beispiel ist ein gutartiger Bot, der sofort auf das Wort "Berliner" in Tweets reagiert. Dank ihm kann man spielerisch mit eigenen "Berliner"-Tweets testen, wie schnell ein Bot reagiert.
Laut § 32 IV Nr.3 Berliner Bullettenverordnung (BBVO) heißt es Pfannkuchen, nicht Berliner. https://t.co/dOrGiOPSgr
— Pfannkuchenpolizei (@PfannKPolizei) January 11, 2017
5. Wie viel gefällt dem Account?
Auch beim Favorisieren gilt: Je mehr Sternchen der Account für andere Tweets verteilt, desto eher steckt dahinter kein Mensch. Um einen Account als Bot identifizieren zu können, setzt Botswatch nach eigenen Angaben mindestens 50 Likes voraus.
Dass es sich etwa im Falle von "PetPanther0" mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Bot handelt, zeigt nicht nur die hohe Anzahl an Tweets in kürzester Zeit, sondern auch die große Zahl an Likes.

Twitter-Account @petpanther0
6. Wie reagiert der Account auf Kontextfragen?
Laut Bot-Forscher Bendel ist alles, was Kontextwissen voraussetzt, schwierig für Social Bots. "Kaum ein Chatbot kam mit Fragen, die räumliches Denken erfordern, zurecht", sagt er - also Fragen wie "Was ist über dir?" oder "Was ist unter dir?". Im Zweifel kann es also helfen, den Bot mit einer Frage zu konfrontieren, die ein Mensch einfach beantworten kann, deren Antwort bei einem Bot aber nicht zum Standardprogramm gehört.
7. Wie schreibt der Account?
Bots verraten sich manchmal auch auf ganz simple Art: durch ihren Sprachstil. Achten Sie daher darauf, wie der Account schreibt. Verwendet er zum Beispiel immer wieder Begriffe, die Sie zuvor benutzt haben - auch wenn das inhaltlich kaum Sinn ergibt? Oder ist seine Grammatik vielleicht seltsam, das aber auf eine Art, wie sie bei Menschen eher unüblich ist?
8. Was sagen Dienste wie "Bot or Not"?
Von Ihrer eigenen Beobachtungsgabe abgesehen, lohnt es sich manchmal, einen aufs Erkennen von Bots spezialisierten Webdienst zur Hilfe zu nehmen. "Bot or Not " zum Beispiel, das an der Indiana University Bloomington angeboten wird, kann für Twitter-Accounts einen Score erstellen, aus dem sich angeblich ableiten lässt, ob ein Account eher ein Bot ist oder von einem Menschen betrieben wird. Wirklich verlässlich ist das angezeigte Ergebnis aber nicht - man sollte es daher lieber nur als Ausgangspunkt für eine eigene Einschätzung nehmen.
Haben Sie weitere Tipps zum Entlarven von Social Bots? Schreiben Sie uns Ihre Ideen gern über die Kommentarfunktion.