Hass und Fake News SPD will soziale Netzwerke zu schnellerer Reaktion zwingen

Die SPD will die Flut an Falschmeldungen im Netz eindämmen. Die Bundestagsfraktion schlägt in einem Papier, das dem SPIEGEL vorliegt, unter anderem schnelle Reaktionszeiten für soziale Netzwerke vor.
Foto: Franziska Gabbert/ dpa

Im Kampf gegen gefälschte Nachrichten und Hassbotschaften legt nun die SPD das wohl detaillierteste Positionspapier vor. Per Gesetz sollen Facebook und andere Netzwerke dazu gebracht werden, Kontaktstellen einzurichten. Wenn "Fake News" nach 24 Stunden nicht gelöscht werden, sollen hohe Geldstrafen drohen. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)

Seit Martin Schulz der Kanzlerkandidat der SPD ist, schnellen nicht nur die Umfragewerte in die Höhe. Auch die Urheber von gefälschten Meldungen scheinen den sozialdemokratischen Bewerber ins Visier zu nehmen. "Fake News" wie jene, dass der Vater von Schulz als SS-Mann angeblich im Konzentrationslager Häftlinge umgebracht haben soll, werden tausendfach geklickt und weiterverbreitet.

So überrascht es nicht, dass die SPD, schon aus eigener Betroffenheit, eine harte Linie gegen die Urheber und Verbreiter von Hetze im Netz fordert. Nun hat die Bundestagsfraktion ein Positionspapier vorgelegt, das Plattformen wie Facebook oder YouTube zu schnelleren Reaktionszeiten zwingen soll. Der ausführliche Vorschlagskatalog soll schon in der kommenden Woche verabschiedet werden.

Facebook soll Kontaktstellen einrichten

Das Positionspapier, das dem SPIEGEL vorliegt, könnte als eine Grundlage für den angekündigten Gesetzesentwurf der Großen Koalition dienen. Darin fordern die Abgeordneten, dass Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook künftig so genannte Kontaktstellen in Deutschland einrichten müssen.

Sie sollen rund um die Uhr besetzt sein und dafür sorgen, dass "offensichtliche Rechtsverletzungen binnen 24 Stunden" gelöscht werden, in komplexen Fällen innerhalb von sieben Tagen. Bei Verstößen sollen die Plattformen nach Vorstellung der SPD-Abgeordneten künftig mit bis zu 200.000 Euro zur Kasse gebeten werden können.

Zudem sollen Nutzer wie bei herkömmlichen Medien ein Recht auf Gegendarstellung bekommen. Diese soll demnach genauso weit verbreitet werden wie die unwahre Tatsachenbehauptung.

Telemediengesetz soll verschärft werden

Um die Durchsetzung bestehender Gesetze künftig zu beschleunigen schlagen die Abgeordneten spezialisierte Staatsanwaltschaften und Spezialkammern bei den Landgerichten vor. Sie sollen in ihrer Arbeit auch dadurch unterstützt werden, dass das Telemediengesetz verschärft wird und mit einer eindeutigen Definition von sozialen Netzwerken erweitert wird.

Auch das Gesetz zum Unlauteren Wettbewerb soll in Stellung gebracht werden gegen die Flut von Falschmeldungen. "Die Erfahrung der letzten Wochen zeigt, ohne einklagbare schärfere Regeln werden sich die Plattformen nicht bewegen", sagte SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil, einer der Mitautoren, dem SPIEGEL.

Grüne wehren sich gegen Fake-Plakat

Bis das aber Gesetz ist, dauert es noch etwas. Die Grünen, die oft Opfer von Fake News und Hetzattacken von rechts sind, helfen sich solange selbst. Sie haben eine geschlossene Facebook-Gruppe gegründet, die mittlerweile knapp über tausend Mitglieder hat. Mitmachen darf nur, wer eingeladen wird, Grünen-Mitglieder oder Sympathisanten, die persönlich bekannt sind.

Sie sammeln Fake News, melden und blocken sie. Und sie liken, teilen, mischen sich in Diskussionen ein. "Wir wollen versuchen, die Debatten auch mal zu drehen, damit nicht immer nur der Dreck zu lesen ist", sagt Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner.

Am Donnerstag war die "grüne Netzfeuerwehr" das erste Mal erfolgreich. Die AfD Emmendingen hatte ein Foto gepostet, auf dem ein Plakat zu sehen ist, das es nie gab. "Keine Deutschen, kein Rassismus" steht dort in der typischen Schrift der Grünen, inklusive Logo der Partei - ein klassischer Fake.

Als die Grünen das mitbekamen, reagierten sie schnell. "Liebe AfD, mit einem gefakten Bild auf Stimmenfang gehen? Das ist wirklich schlechter Stil!", schrieb die Grüne Redaktion darunter. Die Mitglieder der "Netzfeuerwehr" klickten mehr als 80 Mal "Gefällt mir". Dazu kommentierten sie immer wieder das Bild, nannten es falsch, forderten die Löschung. Auch diese Kommentare wurden geliked. Dann verschwand das gefälschte Bild, die AfD hatte es selbst gelöscht.

Geschäftsführer Kellner ist zufrieden und fordert offizielle Konsequenzen bei der AfD: "Die AfD muss klarstellen, dass sie 'Fake News' einstellt. Ansonsten werden wir Grüne immer wieder in ihre Blase reinpiksen."

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