224 Euro für 72.800 abgerufene Songs: Die Cellistin Zoë Keating hat ihre Einnahmen aus dem Streaming-Geschäft veröffentlicht. Spotify zahlt schlecht - zumindest für Werke von Indie-Künstlern. Keating kritisiert: Spotify gibt großen Stars ungleich mehr.
Für zehn Euro im Monat 16 Millionen Songs so oft hören, wie man will - das Angebot des Musikdienstes Spotify ist verlockend, zumindest für Musikhörer. Die Künstler sind sich noch nicht sicher, wie sehr Spotifys Flatrate-Musik ihnen nützt.
Es gibt Hinweise darauf, dass Spotify Musikern, die erfolgreich, wenn auch keine Weltstars sind, vergleichsweise wenig für die Abrufe ihrer Songs zahlt. Die in Kalifornien lebende Cellistin Zoë Keating hat nun ihre Spotify-Einnahmen aus sechs Monaten offengelegt. Keatings aktuelle Spotify-Abrechnung sieht so aus:
Binnen sechs Monaten (Oktober 2011 bis März 2012) haben Spotify-Kunden ihre Songs 72.800 Mal gehört.
Dafür hat Spotify umgerechnet gut 246 Euro ausgezahlt.
Davon geht ein Anteil an den Digitalvertrieb CD Baby ab, bei Keating kamen letztlich umgerechnet etwa 224 Euro an.
Spotify zahlt also für jeden Abruf eines Songs 0,0034 Euro aus.
Das ist wenig. Dabei ist Keating nicht irgendwer. Sie macht seit 2003 hauptberuflich Musik, sie veröffentlicht ohne Label, tourt weltweit und hat ihr selbstverlegtes Debütalbum mehr als 45.000 Mal verkauft.
Zur Einordnung der 0,0034 Euro je Song: Ein Spotify-Premium-Abo kostet 10 Euro im Monat. Nimmt man die Auszahlungsquoten an Keating als Grundlage, könnte Spotify monatlich für jeden Premium-Kunden etwa 2.900 komplette Song-Abrufe aus den Abo-Erlösen bezahlen - mögliche Gewinne oder Verluste aus dem Weiterreichen der Umsatzsteuer durch Spotify einmal ignoriert. 2.900 Lieder - das sind sieben Tage Musik am Stück (bei einer Durchschnittslänge von dreieinhalb Minuten). Diese Ware kauft Spotify sehr günstig ein.
Keating ärgert sich dabei nicht so sehr über die Höhe der Auszahlung, sondern weit mehr über die Intransparenz bei Spotify und den Verdacht, dass das Unternehmen jenen mehr gibt, die schon viel haben. Keating kritisiert: "Spotify zahlt nicht denselben Betrag je Stream an Indie-Rechteinhaber und Major-Labels. Majors sind Spotify-Miteigentümer und ihre Verträge sind geheim. Mir ist das wichtig, vielen offenbar nicht." Auf Fragen von SPIEGEL ONLINE zur Höhe der Ausschüttungen hat Spotify nicht geantwortet. Dass Spotify die Großen besser bezahlt, hatte Anfang 2011 der "Guardian" berichtet. Ein interessantes Detail dabei: Den großen Labels Sony, Warner und Universal sollen etwa 15 Prozent der Anteile von Spotify gehören.
Zahlt Spotify den Reichen mehr?
Über niedrige Spotify-Auszahlungen klagen Musiker schon seit langem. Es ist nicht möglich, die einzelnen Zahlen einzuordnen - Spotify hält seine Auszahlungspolitik geheim, es ist unklar, für wen welche Regeln gelten.
Eine Reihe von Independent-Künstlern hat sich in den vergangenen Monaten über Spotify beklagt, zum Beispiel:
Die britische Band "Uniform Motion" gab im September 2011 an, Spotify zahle ihnen für einen kompletten Abruf ihres neuen Albums 0,029 Euro. Bei neun Songs macht das 0,0032 Euro je gehörten Titel - vergleichbar mit Keatings aktuelleren Zahlen.
David Harrell von der Chicagoer Indie-Rockband "The Layaways" gibt an, Spotify habe für Streams zwischen August 2009 und März 2011 umgerechnet 0,0023 Euro je Abruf gezahlt.
Aus diesen Zahlen lässt sich ein leichter Anstieg der Ausschüttungen bei Spotify ablesen: 0,0023 Euro 2010 bei "The Layaways", dann 0,0029 Euro 2011 bei "Uniform Motion". Und nun bei Zoë Keating umgerechnet 0,0034 Euro je Abruf zwischen Oktober und Januar, dann 0,036 Euro im Februar und März.
Doch selbst wenn die Einnahmen sich verzehnfachen - auf diesem Niveau ist Spotify für Künstler wie Zoë Keating eine Werbeplattform, eher zu vergleichen mit Radiosendern als mit Digital-Downloads. Das Problem dabei: Beim Radio beeinflusst man das Programm nicht, bei Spotitfy kann man hören, was immer man will, sofort. Deshalb kann Spotify einige Musikvertriebswege komplett ersetzen.
Wer Spotify abonniert, muss keine Downloads mehr kaufen. So begründete der auf Dubstep und Drum'n'Bass spezialisierte Musikvertrieb STHoldings Ende 2011 den Rückzug sämtlicher Titel von Streaming-Diensten. STHoldings verwies auf eine Studie der US-Marktforscher von der NPD Group, demnach lasse gerade bei der für Indie-Labels so wichtigen Zielgruppe der Musikfanatiker das Interesse an Kaufmusik nach, sobald sie Zugang zu einer Streaming-Flatrate haben.
Und Downloads sind eine wichtige Digital-Einnahmequelle von Musikern wie Zoë Keating - in den sechs Monaten, für die ihr Spotify 224 Euro überwies, verdiente sie bei iTunes umgerechnet knapp 37.000 Euro.
Damit sich Keating von ihren Spotify-Einnahmen ein Premium-Abo des Dienstes für einen Monat leisten kann, müssen Fans ihre Songs 2938 Mal hören.
Google Music Beta: Google hat auf der Entwicklerkonferenz I/O in San Francisco im Mai 2011 "Music Beta by Google" vorgestellt. Eine Software namens Music Manager erlaubt es, Songs in die Wolke hochzuladen. Angeblich wird der Konzern das Angebot bald um einen Onlineshop für Digitalmusik ergänzen. Google soll hierzu Verträge mit drei der großen Labels haben - Sony, Universal und Emi.
Foto: BECK DIEFENBACH/ REUTERS
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Google Music Beta im Browser: Im Browser findet sich dann eine Software zum Abspielen und Verwalten der eigenen Musik, die an die Apple-Software iTunes erinnert.
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Musikangebot bei Google Music: Gibt man Genres an, die man besonders mag, fügt der Dienst automatisch zufällig ausgewählte Titel aus dem Bereich der eigenen Musiksammlung hinzu. Ähnlich könnte das bei Googles Musik-Shop auch laufen - die als Download gekauften Titel werden zusätzlich automatisch in der eigenen Online-Musiksammlung aufgenommen.
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Google Music als Android-Anwendung: Besitzer eines Android-Telefon können mit einer Google-Music-Anwendung auch unterwegs auf die eigene Musiksammlung zugreifen, ausgewählte Titel werden auch lokal auf dem Android-Smartphone gespeichert, so dass nicht ständig Daten übertragen werden müssen. Im deutschen Android-Store ist diese Anwendung nicht erhältlich, der Web-Dienst von Google Music ist aber von Deutschland aus nutzbar.
Foto: BECK DIEFENBACH/ REUTERS
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iTunes Match: Apple verkauft Programme, Filme und Musik in seinen digitalen Runterlade-Läden. Weltweit hat Apple mit diesen Angeboten bis Mitte 2010 gut 150 Millionen aktive Kundenkonten mit Kreditkarteninformationen gesammelt. Mitte Dezember 2011 hat Google den Datenwolkendienst iTunes Match für Musiksammlungen in den USA gestartet worden. In Apples...
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...Heimatland ermöglicht der neue Dienst es, Musik in der iCloud zu speichern, ohne dass man sie zuvor hochladen müsste. Zudem können neu gekaufte Apps, Bücher und Musik automatisch auf jedes mit dem jeweiligen Account verknüpfte Gerät übertragen werden. In Deutschland...
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...funktioniert das derzeit leider nur mit Büchern und Apps. Für das Musikangebot fehlen Apple die nötigen Lizenzen.
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Simfy: Der deutsche Streaming-Dienst bietet neben einer werbefinanzierten Gratisversion auch ein Abo-Modell mit vielen Funktionen. Wer bezahlt, kann die Songs aus dem Repertoire (13 Millionen Titel) auch lokal auf Computern und Mobilgeräten speichern. Solange man die Abo-Gebühren (knapp zehn Euro im Monat für die Premiumdienste) zahlt, hat man Zugriff auf den kompletten Katalog. Die Software ist für Windows, Mac und Linux verfügbar, zudem für Mobilgeräte mit Apples Betriebssystem iOS und dem Google-System Android. Simfy unterstützt zudem Blackberry-Smartphones.
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Spotify: Den schwedischen Streamingdienst haben 2006 Martin Lorentzon (links) und Daniel Ek gegründet. Bei Spotify kann man gegen ein Abogebühr das gesamte Musikangebot per Stream hören, im März 2011 hatte der Dienst eine Million zahlende Kunden, die übrigen hören Spotify mit Werbeunterbrechnungen
Foto: AFP / Spotify
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Spotify: Die Oberfläche der Streaming-Software erinnert sehr an iTunes. Man tippt in das Suchfeld Künstler, Songtitel oder den Namen eines Albums, bei mehreren möglichen Treffern zeigt Spotify eine sortierte Auswahl der Treffer aus dem Katalog an. Playlists lassen sich...
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...lokal auf einem Smartphone oder dem Heimcomputer zwischenspeichern wie hier in der Spotify iPhone-App.
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Deezer: Das in Frankreich seit 2007 verfügbare Angebot ist ähnlich aufgebaut wie Spotify und Simfy. Es gibt Musik nur werbefinanziert mit einigen Einschränkungen bei der Nutzung oder als Flatrate-Angebot, Für 9,99 Euro im Monat kann man (derzeit nur in Frankreich und Großbritannien) das gesamte Repertoire von derzeit 13 Millionen Songs über den Browser abrufen, mit Hilfe von Deezer-Anwendungen für Windows, Macs, iOS und Android-Smartphones hören und bestimmte Titel lokal speichern
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Amazon Cloud Drive: Auch für deutsche Kunden ist das Ende März 2011 gestartete Angebot erreichbar, wenn sie sich...
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...über die US-Homepage des Konzerns mit ihren Amazon-Kundendaten einloggen. Ohne Zusatzkosten...
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...bietet der Cloud Drive fünf Gigabyte Speicherplatz. Die stehen für beliebige Dateien zur Verfügung. Eine Grundstruktur...
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...mit vier Ordnern für Dokumente, Musik, Fotos und Videos ist vorgegeben. Weitere Unterordner können manuell angelegt werden, um die Daten sortiert abzulegen. Das Hochladen der Daten...
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...kann allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen. In einem ersten Test benötigte der Upload von rund 50 MP3-Dateien über eine DSL-Leitung etwa zwei Stunden. Derart gesicherte Dateien können...
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...via Webbrowser von jedem Ort abgerufen werden. Zum Abspielen von Musik bietet Amazon einen Cloud Player an. Und sollte das vorgegebene kostenlose Speicherkontingent nicht mehr ausreichen,...
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..kann zusätzlicher Speicherplatz angemietet werden. Der wird aber, bei größeren Datenmengen, schnell recht teuer. Für Kunden aus Deutschland ist Amazons Musikangebot nur eingeschränkt nutzbar: Deutsche Kunden können Musikdateien nicht im US-Shop kaufen. Aus Amazons deutschem MP3-Angebot ist es nicht möglich, Einkäufe direkt im Cloud Player verfügbar zu machen.
Amazon Cloud Drive: Auch für deutsche Kunden ist das Ende März 2011 gestartete Angebot erreichbar, wenn sie sich...