Such-Trends des Jahres Google-Nutzer wollten Hamsterkäufer verstehen

»Warum kaufen alle Klopapier?« lautete 2020 eine der meistgestellten Fragen an Google. Die Rangliste der Suchbegriffe fällt überraschend abwechslungsreich aus. Die Listen von TikTok und Twitter zeigen ganz andere Welten.
Populäre Google-Suche im Jahr 2020

Populäre Google-Suche im Jahr 2020

Foto: Google

Nach YouTube, Twitter und TikTok hat nun auch Google seine Jahresbestenlisten vorgestellt. Die Hitlisten der großen Onlinedienste sollen im Nachhinein verdeutlichen, was die großen Themen des Jahres waren, was die Menschen bewegt hat. Nebenbei lässt sich daraus ablesen, was die jeweiligen Netzwerke und Dienste noch voneinander unterscheidet.

Google stellte allerdings nicht die meistgesuchten Begriffe vor, sondern die »trending« Suchbegriffe. Das sind die, die nach Googles Angaben im Vergleich zum Vorjahr das größte Wachstum bei den Suchanfragen hatten. Zur Begründung sagte eine Google-Sprecherin, dass »Begriffe wie Wetter oder auch Internetplattformen und Dienste wie Facebook oder Gmail immer weit oben sind«, dass die Liste also jedes Jahr fast gleich aussehe. Vielleicht wäre sie aber auch einfach nicht jugendfrei. In Listen, die Drittanbieter auf Basis eigener Analysen erstellen, tauchen jedenfalls mehrere Porno-Websites unter den meistgesuchten Begriffen auf.

Was Google veröffentlichen mag , ergibt für Deutschland ein durchaus überraschendes Bild: »Coronavirus« und »US Wahl« sowie »Wetter morgen« auf den ersten drei Plätzen waren sicherlich erwartbar. Auf Platz vier aber folgt »Wirecard«, die skandalumwitterte deutsche Fintech-Firma, von der vor einem Jahr vermutlich die wenigsten hätten sagen können, was sie eigentlich macht. Das Gleiche gilt vermutlich auch für Biontech, trotzdem steht »Biontech Aktie« auf Platz fünf.

Die meisten Wann-Fragen hatten einen Corona-Bezug

Es folgt der bei einem Hubschrauberabsturz gestorbene Basketball-Superstar Kobe Bryant, wobei unklar ist, ob sich die Google-Nutzerinnen und -Nutzer mehr für die Umstände des tragischen Todes oder die außergewöhnlichen Leistungen von Bryant in der NBA interessiert haben.

Mit dem iPhone 12 und der PlayStation 5 haben es zudem zwei Gadgets in die Top Ten geschafft, mit Disney plus ein Netflix-Herausforderer. Joe Biden auf Platz zehn ist der einzige Politiker in der Liste.

Doch Google ist für viele Deutsche nicht nur die Suchmaschine der Wahl für einzelne Begriffe, sondern auch für ganze Fragen. »Wann öffnen die Schulen wieder?« war die am häufigsten gestellte Wann-Frage. Die Mehrzahl der Fragen aus dieser Liste hat einen Corona-Bezug. Das gilt auch für die Wo-Fragen, wobei die häufigste Frage »Wo ist der Orkan jetzt?« lautete und vermutlich vor allem im Februar gestellt wurde, als das Sturmtief »Sabine« über Deutschland hinwegfegte.

Mehr Abwechslung, beziehungsweise etwas weniger Corona, gab es bei den Warum-Fragen. Die am häufigsten gestellte Frage war laut Google skurrilerweise »Warum wurden Kelloggs Cornflakes erfunden?« Die Warum-Fragen lassen sich aber auch so deuten: Die deutschen Nutzerinnen und Nutzer wenden sich, wenn sie ihre Mitmenschen verstehen wollen, gern an Google. Das jedenfalls würde die ebenfalls sehr populären Fragen »Warum kaufen alle Klopapier?« und »Hopp Beleidigung Warum?« erklären.

Twitters Jahr war politisch geprägt

Bereits am Montagabend hatte Twitter seinen Rückblick veröffentlicht. Einigermaßen erwartbar waren die beliebtesten Hashtags der deutschen Nutzerinnen und Nutzer: #corona auf Platz eins, #merkel, #trump, #blacklivesmatter, #hanau und #moria als politische Themen ebenfalls unter den ersten zehn. Dazwischen nur wenig Entertainment: #nintendoswitch, #animalcrossing und die K-Pop-Band #bts. Twitter ist für viele eben ein Nachrichtenkanal und nicht selten das Netzwerk schlechthin für das sogenannte »Doomscrolling« durch die endlose Timeline düsterer Meldungen.

Allerdings weist Twitter auch darauf hin, dass sieben der zehn meistgenutzten Twitter-Emojis in Deutschland »eindeutig positiv konnotiert« sind. Auf Platz eins steht das Tränen lachende Gesicht. Wer das als »eindeutig positiv konnotiert« versteht, muss aber irgendwie verpasst haben, dass Sarkasmus, Ironie und Schadenfreude eine Twitter-Spezialität sind.

Die Liste der Twitter-Accounts mit dem größten Zuwachs an Followern ist wiederum stark von Corona geprägt: Unter den Top Ten finden sich die drei Virologen Christian Drosten, Alexander Kekulé und Hendrick Streeck sowie die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, die auch das erfolgreichste YouTube-Video des Jahres veröffentlicht hat.

TikTok-Lehrvideos über Jura, Sex und Tech-Gadgets

TikToks Jahresrückblick  wiederum ist eine ganz eigene Welt, zu der auch ein Satz wie »Bei den Promis ist Dieter Bohlen mit am gefragtesten« gehört sowie die etwas versteckte Anmerkung, dass mehrere Kategorien auch auf »qualitativen Empfehlungen« basieren. Sprich: TikTok nimmt sich die Freiheit, seine Rankings mitunter so zu gestalten, dass sie das gewünschte Bild erzeugen.

Eindeutig der größte TikTok-Star des Landes aber ist derzeit Younes Zarou  aus Frankfurt am Main. Der 23-Jährige hat 19 Millionen Follower weltweit, davon zwei Millionen in Deutschland. Seit Oktober hat er deshalb auch einen Wikipedia-Eintrag .

Die erfolgreichsten Memes und Hashtags auf TikTok verdeutlichen den Unterschied der Plattform zu den älteren sozialen Netzwerken: Zwar gab es etwa unter #LernenMitTikTok reichlich Information über Jura, Sex und Tech-Gadgets. Aber die Effekt-Sammlung unter #Verzerrer (mit fast einer Milliarde Videoabrufen) oder auch Memes wie #ImBored und #GarKeinBock, zeigen, was TikTok von anderen Netzwerken unterscheidet: Hier ist – wie zuvor bei Snapchat oder dem TikTok-Vorgänger musical.ly – eine eigenständige Kommunikationsform gewachsen. Eine, die manchmal nicht mehr als ein paar Sekunden Musik und ein paar Grimassen umfasst, wie der Journalist Dirk von Gehlen anhand des erfolgreichsten TikTok-Clips der Welt erklärt . Er schreibt von einem »TikTok-Geräusch der Stunde« – was bis Oktober ein Begriff war, mit dem selbst Google nichts anzufangen wusste.

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