Suchtrends Google entschuldigt sich für Hakenkreuz

Über Nacht stieg ein Hakenkreuz-Symbol an die Spitze von Googles "Hot Trends"-Liste - die Aufstellung aller Suchbegriffe, bei denen besonders starke Zuwächse verzeichnet werden. Google hat sich nun entschuldigt - die Netzgemeinde rätselt, wie es überhaupt dazu kommen konnte.

Auf einer normalen Qwertz- oder Qwerty-Tastatur, soviel ist sicher, findet man kein Hakenkreuz. Wie also konnten Tausende von Menschen eine Google-Suche nach dem Symbol starten? Am gestrigen Donnerstagmorgen stand auf Platz eins der "Hot Trends-"Liste von Google kein Wort sondern ein Hakenkreuz. Vermutlich deshalb, weil in einem Internet-Forum der HTML-Code für das Zeichen veröffentlicht worden war.

Google verrät nicht, wie die " Hot Trends " genau zusammengestellt werden - sicher ist, dass die Liste nicht die meistgesuchten Begriffe enthält (sonst müsste, schließlich geht es hier ums Internet, immer "Sex" ganz oben stehen). In "mehreren Annäherungen" so steht es auf der Seite, werden Begriffe herausgefiltert, die in jüngster Zeit besonders häufig als Suchwort benutzt worden sind. Dabei kommen oft sehr seltsame und für den Außenstehenden unverständliche Trendbegriffe heraus. Am Freitagmorgen beispielsweise gab es offenbar verbreitetes Interesse für das Suchwort "pilobolus" - das Interesse galt somit entweder einer nordamerikanischen Tanztruppe oder einem Pilz, der auf Tierdung wächst.

"Ich entschloss mich sofort, danach zu suchen"

Kurz nach seinem Auftauchen verschwand das Hakenkreuz jedenfalls vollständig von der Liste. Google teilte auf Anfrage der "Los Angeles Times" mit, man habe ein automatisches System installiert, das "unangemessenes oder beleidigendes Material aus den Hot Trends entfernt". In den seltenen Fällen, in denen das System versage, "entfernen wir diese Ergebnisse manuell von unserer Hot-Trends-Liste". Man entschuldige sich "bei allen Nutzern, die sich durch diese Situation beleidigt fühlten".

Das Swastika-Thema taucht in verschiedenem Gewand immer wieder einmal auf - zuletzt, weil Nutzer mit Hilfe von Google Earth an verschiedenen Stellen Gebäude entdeckten (siehe Fotostrecke), deren Grundriss von oben betrachtet ein Hakenkreuz bildet. Wilde Verschwörungstheorien waren die Folge.

Nun schießen wieder die Spekulationen ins Kraut, wie das Symbol überhaupt auf der "Trends"-Liste landen konnte. Eine erste Erklärung grub "L.A. Times"-Blogger David Sarno aus : Im Webforum "4Chan", aus dem auch schon die Anti-Scientology-Bewegung "Anonymous" hervorgegangen ist, habe jemand den HTML-Code für das Hakenkreuz-Symbol veröffentlicht . Nachzuvollziehen ist das nicht mehr, 4Chan ist ein flüchtiger Ort: Foren-Threads verschwinden dort innerhalb kürzester Zeit spurlos.

Andere Nutzer mussten den Code aus dem Forum nur noch kopieren und ins Google-Suchfenster einfügen. In Sarnos Blog bekannten mehrere 4Chan-Besucher, das Hakenkreuz dort entdeckt und anschließend gegoogelt zu haben: "Ich war spät nachts/früh morgens auf 4Chan und sah das Symbol in irgendeinem Post zum ersten Mal. Ich entschloss mich sofort, danach zu suchen, ich weiß auch nicht warum. Ich vermute, einer Menge Leute ging es genauso."

Glückliche Chinesen?

Auch bei Google scheint man dieser Erklärung den Vorzug zu geben: "Es scheint, dass der HTML-Code für diese Suchanfrage in einem populären Internetforum veröffentlicht wurde, was dazu führte, dass recht viele Menschen danach suchten, um mehr über das Symbol herauszufinden", so eine offizielle Erklärung.

In diversen Blogs diskutieren Leser nun über die Bedeutung des Hakenkreuzes, erinnern an seinen durchaus positiv besetzten Sanskrit-Ursprung und an die Tatsache, dass das Zeichen bis heute in China als Symbol für Glück gebräuchlich ist. Ein Doktorand der University of Nebraska wies in einem Eintrag darauf hin , dass in China schließlich die olympischen Spiele vor der Tür stünden "und die Chinesen deshalb Glück im Sinn haben".

Tatsächlich wirft eine Google-Suche mit dem Symbol in erster Linie Seiten aus, die aus chinesischen Schriftzeichen bestehen. Mit einem sprunghaft angestiegenen Interesse an Nazi-Symbolik hat der seltsame Hakenkreuz-Trend aller Wahrscheinlichkeit nach nichts zu tun.

cis

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