
SXSW 2014: Meme und Emoji statt Sprache
Meme und Emojis als Weltsprachen Achtung, jetzt kommt ein Witz
Mit 172 bunten Bildchen hat es in Japan angefangen, vor mehr als 15 Jahren. Handy-Nutzer konnten Textnachrichten mit den kleinen Icons versehen, zum Beispiel mit lächelnden Gesichtern. Emoji heißen die Symbole , die im Gegensatz zu Emoticons nicht nur aus Satzzeichen bestehen, sondern spezielle Software benötigen. Tausende gibt es mittlerweile davon: Gespenster, Ziegen, Zierfische. Ganze Sätze lassen sich damit bilden. Figur, Dollarzeichen, Fisch: "Ich habe mir einen Fisch gekauft."
Spätestens seitdem Apples iPhone einige Emojis unterstützt, wird weltweit mit den Symbolen kommuniziert. Wird Sprache demnächst überflüssig? Ganz so weit würden Ben Zimmer von vocabulary.com und Sam Huston von der Agentur Jumptank nicht gehen. Trotzdem glauben sie, dass Emojis noch eine große Zeit vor sich haben - als Universalsprache, einfach zu verstehen, ohne großes Vorwissen.
"El Chapo" vermemt
Das funktioniert nicht nur mit kurzen Nachrichten oder als Bilderwitz, sondern sogar mit Literatur. "Emoji Dick" heißt eine Übersetzung des Melville-Klassikers "Moby Dick". Was sich die Menschen über Jahrhunderte aufgebaut haben, abstrakte Zeichensysteme für Sprache, wird so wieder zurückgedreht auf Hieroglyphen.
Und was die Kunstsprache Esperanto nicht geschafft hat, klappt nun mit Bildern im Internet. Nicht nur Emojis sind weltweit verständlich. Auch Bilderwitze, sogenannte Meme, können über Grenzen hinweg funktionieren , als Teil einer weltweiten Webkultur.
Über Meme verbreiten sich indirekt auch Nachrichten im Web - wie zum Beispiel die Festnahme des mexikanischen Drogenbosses Joaquín "El Chapo" Guzmán. Wie das aussieht, zeigte Microsoft-Forscher Andrés Monroy-Hernández auf der South-by-Southwest-Konferenz in Austin. Auf einem Bild von Guzmán steht: "Sie haben ihm geschrieben, dass er abhauen soll. Die Nachricht kam über WhatsApp." Der Gag: Die Nachrichten-App hatte zu dieser Zeit technische Probleme.
Im Mem-Krieg
Monroy-Hernández zeigt Meme aus Mexiko, seine Kollegin Elena Agapie hat Beispiele aus Rumänien, Ben Valentine aus Uganda und Kenia. Auch wenn Sprache und Bezüge verschieden sind, greifen die Meme auf gemeinsame Grundformen zurück und machen so die politischen Kommentare zugänglicher. Ein Standardformat: weiße Blockschrift direkt auf einem einzelnen Foto, das signalisiert: Achtung, hier macht jemand einen Witz. Wer mit Internet-Kultur vertraut ist, kann so auch Botschaften aus Ländern begreifen, über die er kaum etwas weiß.
Ben Valentine zeigt, wie sich Kenianer mit Hilfe eines Mems gegen die Berichterstattung westlicher Medien zur Wehr gesetzt haben. Der Nachrichtensender CNN hatte von Ausschreitungen bei Wahlen berichtet - demgegenüber stellten anonyme Webnutzer ein völlig friedliches Foto: wie CNN die Wahl sieht und wie normale Leute die Wahl sehen.
Und dann ist da noch Aserbaidschan, die autoritär geführte ehemalige Sowjetrepublik. Dort nutzt das Regime selbst Bilderwitze, um gegen Oppositionelle vorzugehen, erzählt Katy Pearce von der University of Washington. Auf Facebook mache das Regime gezielt Leute mit Memen fertig, sagt Pearce.
Sie hat das Land selbst mehrfach bereist und den Mem-Krieg in Aserbaidschan wissenschaftlich untersucht. Das Regime sei bemüht, der Opposition im Netz zuvorzukommen. "Sie versuchen, die Botschaft zu bestimmen", sagt Pearce, "und derzeit sieht es so aus, als würde die Regierung den Mem-Krieg gewinnen."