Streit um Web-Adresse
Ferrero legt sich mit Kinderschützern an
Wer im Internet künftig auf eine Seite mit der Endung .kinder stößt, findet dort weder Spielzeug noch Beratungsangebote oder Fortpflanzungskliniken. Der Schokoladenhersteller Ferrero hat sich die Top-Level-Domain gesichert. Deutsche Kinderschützer toben.
Kinder-Überraschung: Der Süßwarenkonzern hat sich die Endung .kinder im Internet gesichert
Foto: Ferrero
Hamburg - Es ist eine Entscheidung, die in Deutschland so manchen zur Weißglut treibt - für den Schokoladenhersteller Ferrero ist es ein einfaches, aber offenbar lohnendes Geschäft. Der Hersteller von Nutella, Kinderschokolade und den Überraschungseiern hat sich für mehrere Hunderttausend Euro die Internet-Endung .kinder gesichert.
War die Zahl der Endungen im Internet, sogenannte Top-Level-Domains (TLD), lange sehr beschränkt - wie beispielsweise .gov für Regierungsinstitutionen, .com für Firmen oder spezifische Länderkennungen wie .de - hat die Internetverwaltung Icann mittlerweile die Schleusen weit geöffnet.
Von Januar 2012 an konnten sich Interessenten für eine ganze Flut neuer Endungen bewerben - von geografischen Bezeichnungen wie .berlin oder .koeln über sogenannte generische Top-Level-Domains wie .book oder .app bis hin zu Markennamen.
Die Bewerbungsfrist für die Wunschendungen lief von Januar bis Mai 2012. Fast 2000 Anträge trudelten in dieser Zeit bei der Icann ein. Teils wollten gleich eine ganze Reihe von Bewerbern den Zuschlag für eine bestimmte Endung bekommen. Für die Endung .app gab es beispielsweise gleich 13 Bewerber, .book wollten neun haben - darunter auch Amazon. Der Onlinehändler allein bewarb sich gleich für mehr als 70 Endungen, Google offenbar für 101. Auch Apple, BMW und Zara sicherten sich die gleichnamigen Endungen.
Kinderschutzbund gibt sich nicht geschlagen
Und Ferrero wollte eben .rocher, .ferrero und auch .kinder haben, weil der Süßwarenkonzern unter dieser Markenbezeichnung weltweit Produkte vertreibt. In Deutschland bekam dies jedoch offensichtlich kaum jemand mit. Proteste wie bei Amazons Anspruch auf die .book-Endung blieben jedenfalls aus - zumindest in der vorgesehenen mehrmonatigen Frist.
Auch die von Icann informierte deutsche Regierung schritt nicht ein. Anders als bei .gmbh, bei der sie spezifische Anforderungen an die Seitenbetreiber formulierte, blieb bei .kinder laut dem Tech-Portal "heise", das als erstes über den Fall berichtete, eine Reaktion aus.
Mittlerweile ist Kinder als Marke bei der Internetverwaltung anerkannt, eine Vereinbarung für die Schaffung einer gleichnamigen TLD seit 7. November gültig und "die Sache eigentlich durch", wie Icann-Sprecherin Luna Madi gegenüber manager magazin online betont. "Die Chance, Einspruch einzulegen, wurde nicht genutzt."
Beim Deutschen Kinderschutzbund will man dies jedoch nicht hinnehmen. Der Jugendmedienschutzbeauftragte der Organisation, Ekkehard Mutschler, hat dem .kinder-Monopol von Ferrero den Kampf angesagt. "Kinder sind keine Marke", sagte er manager magazin online. "Den Begriff kann ein Süßwarenhersteller nicht einfach exklusiv für sich beanspruchen."
Vor einigen Wochen hat Mutschler das Wirtschafts- und Familienministerium schriftlich dazu aufgefordert, gegen die Vereinnahmung des Begriffs vorzugehen. Bislang hat er keine Reaktion erhalten.