Netzwelt-Ticker Flame tarnte sich als Windows-Update

Flame-Trojaner: Falsches Zertifikat gaukelte geprüfte Sicherheit vor
Das komplexe Spionageprogramm Flame konnte sich dank eines gefälschten Microsoft-Zertifikats auch als Windows-Update ausgeben und so auf seine Zielrechner gelangen. Microsoft hat die Sicherheitslücke geschlossen und versucht nun, den Schaden zu begrenzen: Alle Microsoft-Kunden sollten umgehend die Aktualisierung über die Windows-Update-Funktion herunterladen, empfiehlt das Unternehmen. Das automatisches Update mit Internet Explorer und eine Anleitung zur manuellen Aktualisierung finden Sie hier.
In einem ausführlicheren Blog-Eintrag erklärt Microsoft, wie es zu der Sicherheitspanne kommen konnte. Weil Microsoft in einem Programm veraltete Verschlüsselungstechnik einsetzte, konnte ein Angreifer gefälschten Zertifikate erstellen, damit Dateien als "offiziell von Microsoft" signieren und als angebliches Windows Update verbreiten. Microsoft erklärte die betroffenen Zertifikate in dem nun veröffentlichen Patch als weiterhin ungültig - rechnet sich aber Gefahr für die Nutzer aus.
Da diese Lücke nicht nur Flame - und damit einem für die Allgemeinheit ungefährlichen Schädling - als Einfallstor vorbehalten ist, muss sie trotzdem als kritisch eingestuft werden. Auch andere Schadcode-Autoren könnten diese Lücke in der Vergangenheit ausgenutzt haben.
Der Vorfall macht deutlich, wie anfällig das Zertifikate-System, auf dem weite Teile der Internet- und Computersicherheit aufbauen, ist. Dadurch, dass Zertifikate - und gerade: Microsoft-Zertifikate - auf Netzwerk-Ebene als ein sehr hochwertiger Ausweis der Vertrauenswürdigkeit eingestuft werden, sind sie ein beliebtes Angriffsziel und, einmal geknackt, ein um so größeres Sicherheitsrisiko. Nach ähnlichen Vorfälle in den vergangenen Jahren - die damaligen Rufe nach einer Zertifikat-Alternative verhallten offenbar ungehört...
Google verleibt sich Meebo ein
"Zusammen ist es schöner," findet Google und kauft - endlich - den Chat-Dienst Meebo auf, laut "AllthingsD"-Spekulationen für um die 100 Millionen Dollar - ein merkwürdiger Zug. Denn Meebo kann auf den ersten Blick nichts, was Google nicht auch längst könnte. Mit Meebo können Website-Betreiber umfangreiche Chat-Funktionen auf ihre Websites einbinden - in etwa so, wie das Google mit Google Chat längst kann. Surfer sollen nicht nur aktive, aber solipsistische Website-Besucher sein, sondern sich über Inhalte austauschen und sie weiterverbreiten. Natürlich ist das ganze eng mit einem Werbenetzwerk verknüpft - so wie das Google längst macht.
Der Clou liegt natürlich in der Verbindung dieser beiden Funktionen: Meebo dürfte sich erhebliches Know-how in der "sozialen Einbettung" von Werbeinhalten angelernt haben. Entweder so viel, dass Google davon lernen will, oder gerade so viel, dass Meebo eine Konkurrenz für Google wäre. Eine andere Erklärung ist der Entwickler-Notstand: Um Google+ auszubauen, braucht Google fähige Entwickler - und die gibt es derzeit kaum mehr auf dem freien Markt. Weitere Erklärungen breiten die Ycombinator-Kommentatoren aus.
Apple geht weiter gegen Samsung vor
Apple lässt im Kampf gegen die Tablet-Computer seines koreanischen Rivalen Samsung nicht locker. Vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht pochte Apple am Dienstag auf ein bundesweites Vertriebsverbot für das Samsung-Modell Galaxy Tab 10.1N und einen europaweiten Verkaufsstopp für das Modell 7.7. Nach Ansicht des US-Konzerns verletzt das Design der südkoreanischen Geräte Schutzrechte, weil es sich zu sehr am iPad-Design von Apple orientiere.
Apple hatte im vergangenen Sommer zunächst Erfolg vor dem Düsseldorfer Landgericht und konnte Samsungs Galaxy Tab 10.1 vom deutschen Markt verbannen. Die Koreaner entwickelten daraufhin das abgewandelte Modell 10.1N. Apples Versuch, auch das 10.1 N im Eilverfahren zu stoppen, scheiterte aber im Februar vor dem Landgericht.
Nach dieser Niederlage ging der US-Konzern in Berufung beim Oberlandesgericht. Ob sich das Oberlandesgericht dem Landgericht anschließt oder dessen Entscheidung aufhebt, ließen die Richter in der mündlichen Verhandlung am Dienstag offen. Der Prozessreigen in Düsseldorf ist Teil eines weltweiten Konflikts zwischen Apple und Samsung. (dpa)
Bald ist es vorbei
Die Woche zieht und dehnt und windet sich wie heißer Teer - aber nicht etwa nur so langsam wie das zum langweiligsten Experiment der Menschheit erklärten Pechtropfenexperiment, sondern auch so widersinnig, wie die Installation "Curdle II" von Charlotte Becket:
Was am Dienstag sonst noch wichtig war
- Kaum eingeführt und schon gehackt: Zwei Sicherheitsforscher haben Googles "Android Bouncer" - die Schutzinstanz, die den Android-Marketplace für Android-Apps vor Schadcode schützen soll - ausgehebelt . Also: immer schön vorsichtig beim Download allzu interessanter Apps.
- Bei der Beeinflussung sozialer Netzwerke gemäß der Theorie des "Tipping Points" haben Netzwerkforscher einen wichtigen Meilenstein erreicht: Sie können nun das eine Prozent der Netzwerk-Population identifizieren, das - nach einer Kaskade von Meinungsumschwüngen - die restlichen 99 Prozent von seiner Meinung beeinflussen kann . Der dafür notwendige Algorithmus könnte nun in der Werbeindustrie Verwendung finden.
- Welche Programmiersprachen kamen eigentlich im russischen Weltraumprogramm zum Einsatz, zum Beispiel den Mars PrOP-M-Missionen der siebziger Jahre? Ein interessanter Expertenaustausch dazu findet gerade bei Stackexchange.com statt).
- Die Heinrich-Böll-Stiftung kritisiert in einer Studie die EU-Pläne zur besseren Überwachung der Grenzen, zum Beispiel "mit Hilfe von Drohnen, hochauflösenden Kameras, Satellitensystemen und Offshore-Sensoren", mit denen "Frontex im Rahmen von Eurosur Flüchtlingsboote aufspüren" soll. Die Initiativen für "smart borders" verfolgen andere als die von der EU-Kommission dargestellten Ziele, seien "unangemessen und zudem enorm kostspielig".
- Apple erklärt erstmals die Sicherheitsfunktionen im iOS-Betriebssystem (PDF) . "The Register" findet nicht nur einiges erhellendes in dem - eher technischen - Dokument, sondern freut sich auch über den moderaten Ton: iOS böte "soliden Schutz" - eine "erfrischende" Formulierung in der ansonsten so zu Übertreibungen neigenden Sicherheitsindustrie.