TV-Fanseiten Wir sind alle Serien-Junkies
Wer hat den Verlegern von TV-Magazinen eigentlich erzählt, Informationen zum Fernsehprogramm, zu deren Machern und Stars müssten sich grundsätzlich auf mickrigstem Niveau bewegen? Wer sich selbst als TV-Fan versteht, muss beim Blick in die hiesige Presse verzweifeln. Echte Hintergrundberichterstattung findet kaum statt. Statt dessen gibt es Glamour-Infohäppchen en masse, bei deren Entstehung Recherche wohl nur den kreativen Prozess behindert hätte. Garniert wird das mit TV-Vorab-Kritiken, deren Inhalttiefe an Werbetexte auf Buchrücken erinnert.
Kein Zweifel: Wer mehr will, muss ins Web.
Wer sich für Serien wirklich interessiert und irgendwann im Netz nach seinen TV-Helden sucht, kommt dabei in Deutschland an myFanbase nicht vorbei. Von den üblichen Fan-Communities und der Werbung der Fernsehsender hebt sich die Seite mit umfassenden Informationen ab.
Wer eine Folge seiner Lieblingsserie verpasst hat und wissen möchte, wie alles begann oder weitergehen wird, ist hier genau richtig. Die News sind immer auf dem neuesten Stand und wer will, kann die Preview zu den Folgen der nächsten Staffel lesen. Denn die myFanbase-Autoren sehen die Folgen im amerikanischen Fernsehen, noch bevor sie in Deutschland ausgestrahlt werden. Und ja, natürlich ist das Angebot im besten Sinne unprofessionell: Es entsteht in ehrenamtlicher Arbeit.
"Wir sind Fans und machen diese Seite für Fans", sagt Sandra G. Sie ist unter anderem Teamleiterin für die Bereiche Gilmore Girls, Greys Anatomy und O.C. California. "Serien sind so spannend, weil man über Jahre hinweg die Entwicklung einzelner Charaktere miterleben kann. Mit myFanbase bieten wir darüber hinaus alle Informationen, die für die Fans wichtig sind", sagt Sandra.
Dazu gehören auch Reiseberichte und Fotos von Besuchen an den Drehsets und Interviews mit den Schauspielern. Zu fast jedem Schauspieler ist zusätzlich die Biographie zu finden. Sogar Fanartikel können bestellt werden- inzwischen auch T-Shirts von myFanbase.
Der Erfolg bestätigt dieses Konzept.
Vor drei Jahren hatte die Seite pro Monat knapp dreißigtausend Besucher, heute sind es täglich so viele. Man muss sich fragen, warum die Bedürfnisse der Serien-Fans nicht von der deutschen Publishing-Seite bedient werden. Wirft man einen Blick in die USA, ist dieses Konzept ja nicht neu. Bei den Produktionsfirmen und Fernsehsendern können neben allen Informationen zu den TV-Serien und den üblichen Episodenguides, teilweise sogar ganze Folgen im Netz angeschaut werden. Allerdings nur wenn man in den USA lebt.
Das kommerzielle Angebot in Deutschland ist dagegen mager, dabei säßen die Sender und Magazine an den Quellen der Informationen. Die Episodenbeschreibungen bestehen meist aus nur wenigen Sätzen, wer die News lesen möchte, ist mehr damit beschäftigt, Werbebanner zu schließen und die Foren sind eher übersichtlich (sprich: leer). Dafür werden die Fans aber animiert, die neusten DVDs zu kaufen- immerhin gibt es die dann ohne Werbung.
Auch myFanbase muss sich finanzieren und greift auf Werbebanner zurück. "Aber die wollen wir demnächst wohl von der Seite nehmen, da sie uns eigentlich nicht gefallen. Die Einnahmen aus unserer Partnerschaft mit Amazon reichen aus, um den Server zu bezahlen", sagt Philipp Maslowski. Alle überschüssigen Einnahmen kommen der Seite zu Gute oder es werden damit Preise für Gewinnspiele gekauft. Ein Einkommen durch die Seite hat keiner der Betreiber von myFanbase.
"Dieses Projekt ist unser Baby!"
Angefangen hat alles vor sieben Jahren. Die damalige Fansite CapesideNews hatte sich über Jahre hinweg zur größten Fanplattform der Serie "Dawsons Creek" entwickelt. Bald entstanden im Team erste Überlegungen, auch andere Serien auf der Seite aufzunehmen. Schließlich wurde myFanbase gegründet und ging im Dezember 2001 erstmals online. Entstanden war eine Newsseite zu ausgewählten US-amerikanischen TV-Serien mit einem zusätzlichen Bereich für Themen rund um Film, Musik und Literatur.
Nach dem Relaunch von myFanbase im März 2004 wird CapesideNews schließlich als eigenständige Fansite abgelöst und alle Inhalte zu "Dawsons Creek" in den neuen Serienbereich integriert. Seitdem nimmt das Angebot an Serien stetig zu. Bis zu acht neue Serienbereiche werden pro Jahr gelauncht, gleichzeitig steigt die Zahl der Autoren, Moderatoren und Administratoren.
Fast 90 Mitarbeiter zählt das gesamte Team von myFanbase inzwischen, angefangen haben sie zu acht. In der Redaktion finden sich die verschiedensten Menschen wieder, von der 14-jährigen Schülerin bis hin zum Berufstätigen. "Das Tolle ist wirklich, dass wir alle so unterschiedliche Hintergründe haben, uns aber über unser Interesse an Serien so nahe gekommen sind", erklärt die 28-jährige Germanistin Sandra Glasenapp.
Im zweiten Teil: Redaktionstreffen als Blind-Date. Wie man mit 90 Ehrenamtlichen eine aktuelle Webseite stemmt.
Redaktionstreffen als Blind-Date
Es gibt kein Büro, denn die informelle Redaktion lebt über ganz Deutschland verstreut. Der Großteil der Kommunikation läuft über das redaktionsinterne Forum oder E-Mails ab, eher selten wird telefoniert. "Vor ein paar Monaten haben wir uns nach so vielen Jahren gemeinsamer Arbeit zum ersten Mal gesehen", erzählt Philipp Maslowski. Bei diesem ersten Treffen hat die Teamleitung ein Wochenende in Hamburg verbracht, um sich persönlich kennen zu lernen. "Das war ein riesiges Blind-Date", sagt Philipp. "Du hast einen alten Bekannten am Flughafen abgeholt, hattest aber keine Ahnung, nach wem du eigentlich Ausschau hältst!"
Trotzdem werden alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam getroffen. Zum Beispiel, wenn es darum geht, welche neuen Serien auf der Seite eingestellt werden sollen. Oder darum, dass deutsche Serien einfach nichts taugen.
"Für uns ist Qualität sehr wichtig, deswegen entscheiden wir uns auch sehr bewusst gegen manche Serienformate", sagt Sandra. Ganz neu ist derzeit der Bereich zu der Serie Brothers & Sisters mit Calista Flockhart (bekannt aus Ally McBeal), die gerade in Deutschland angelaufen ist.
Die Ziele der myFanbase-Macher sind klar. Sie wollen die bestmögliche Qualität und ein möglichst umfassendes Angebot zu jeder Serie auf ihrer Seite bieten. Und obwohl keiner von ihnen mit dieser Arbeit Geld verdient oder einen journalistischen Hintergrund hat, wird das Ergebnis von den Usern dankend angenommen. "Ich bewundere euch sehr, dass ihr soviel Zeit für das Erhalten-Bleiben der Seite aufbringen könnt und es auch tatsächlich tut", sagt Forums-Mitglied "Melie".
myFanbase lebt durch die Leidenschaft echter und engagierter Fans. "Wir sind alle Serien-Junkies, ich gucke sogar fast alle Serien, die auf unserer Seite zu finden sind", sagt Philipp. Er hat im August 2003 als Programmierer bei myFanbase angefangen und die neue Version der Seite gestaltet.
Serien wie Desperate Housewives, Gilmore Girls oder Greys Anatomy sind Quotenrenner im deutschen Fernsehen. Trotzdem werden die Bedürfnisse der Zuschauer von kommerzieller Seite her kaum bedient. Vielleicht ist das auch gar nicht möglich. Ein Blick in die Foren von myFanbase zeigt es - die User schätzen nicht nur die Informationstiefe, sondern vor allem das ehrliche Serien-Interesse der Betreiber. Das Konzept "Fans schreiben für Fans" scheint aufzugehen.
Auf die Frage nach der größten Konkurrenz von myFanbase müssen Sandra und Philipp dann auch länger überlegen. "Eigentlich fällt uns niemand ein", sagen sie dann.