Undercover-Meinungsmache Facebook lässt Google anschwärzen

Wettbewerb mit harten Bandagen: In den Vereinigten Staaten hat Facebook eine PR-Agentur mit Undercover-Meinungsmache gegen Google beauftragt. Renommierte Gastautoren sollten sich kritisch äußern - der wahre Auftraggeber blieb auf eigenen Wunsch ungenannt.
Facebook-Website: Google-Kritiker waren für das Unternehmen undercover unterwegs

Facebook-Website: Google-Kritiker waren für das Unternehmen undercover unterwegs

Foto: dapd

Hamburg - Eine große PR-Agentur in den Vereinigten Staaten hat im Auftrag von Facebook versucht, bei Medien Google-kritische Artikel zu lancieren. Die Mitarbeiter verschleierten dabei ihren tatsächlichen Auftraggeber.

Zuerst berichtete die US-Tageszeitung "USA Today"  von den Versuchen einiger Mitarbeiter der Agentur, die Berichterstattung zu beeinflussen. Die Angestellten von Burson-Marsteller hätten Hintergrundinformationen geliefert, denen zufolge der Google-Dienst Social Circle die "Datenschutzrechte von Millionen US-Bürger" verletzte und gegen US-Gesetze verstoße. So weit die Einflüsterungen der Agentur - ihre Verbindung zu Facebook verrieten die Mitarbeiter nicht.

Zum Hintergrund: Googles Dienst Social Circle  ermöglicht es Nutzern, in einem Google-Konto die eigenen Profilseiten bei Facebook, Flickr, Twitter und anderen Netzwerken anzugeben. Nach der Eingabe dieser Informationen durch die Nutzer prüft Google automatisch die öffentlich einsehbaren Freundschaftsverbindungen und schlägt dem Nutzer in den Suchergebnissen dann bevorzugt Treffer vor, die eine Person aus ihrem Umfeld in irgendeiner Form öffentlich als interessant deklariert hat.

Der Informatiker Christopher Soghoian - ein früherer Mitarbeiter der US-Handelsaufsicht FTC - berichtet , dass ihn Anfang Mai Mitarbeiter der Agentur Burson-Marsteller als Autor für einen Gastkommentar gewinnen wollten. Der Artikel sollte sich kritisch mit Googles angeblichen Verstößen gegen US-Datenschutzgesetzte auseinandersetzten. Die Mitarbeiter versprachen Soghoian, sie würden auf die Veröffentlichung seines Kommentars in renommierten Medien wie der "Washington Post" und "Politico" hinwirken. Soghoian prüfte die Vorwürfe der Agentur gegen Google und lehnte das Angebot ab, nachdem diese sich seiner Ansicht nach als falsch herausstellten.

Soghoian schrieb an das Unternehmen: "Wer bezahlt dafür? (nicht mich, sondern euch)." Darauf antwortete der Agenturmitarbeiter: "Ich fürchte, ich kann derzeit nicht meinen Auftraggeber verraten." Soghoian veröffentlichte den E-Mail-Wechsel daraufhin.

"Newsweek"-Reporter enthüllt Facebook als Auftraggeber

Dass Facebook der Auftraggeber dieser Anschwärz-Kampagne ist, hat der "Newsweek"-Reporter Dan Lyons auf "The Daily Beast"  veröffentlicht. Er hatte einen Facebook-Sprecher mit Belegen für diesen Auftrag konfrontiert, daraufhin bestätigte der Facebook-Mitarbeiter ihm den Auftrag. Facebook sei einerseits der Ansicht, dass Googles Vorgehen im Hinblick auf den Datenschutz problematisch sei, andererseits sehe man auch kritisch, dass Google sich der Informationen aus Facebooks Netzwerk bediene.

Eine Facebook-Sprecherin in Deutschland wollte sich zu dem Fall nicht weiter äußern. Burson-Marsteller bestätigte auf Anfrage den Facebook-Auftrag und erklärte die verdeckte Arbeit so: "Der Kunde wollte nicht, dass sein Name genannt wird, weil es ihm lediglich darum ging, Aufmerksamkeit auf öffentlich zugängliche Informationen zu lenken." Ein solches Vorgehen entspreche aber nicht der Standardvorgehensweise des Unternehmens, man hätte den Auftrag ablehnen sollen.

lis
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