Videodownloads pro Tag YouTube knackt 100-Millionen-Marke

Schräge Videoclips im Netz boomen nach wie vor. Der Branchenführer YouTube hat jetzt erstmals 100 Millionen Downloads pro Tag registriert - ein Ende ist nicht in Sicht.

Ohne ständiges Nachrüsten wären die Server der Firma YouTube wohl längst abgeraucht. 100 Millionen Videos werden mittlerweile pro Tag von der Videosharing-Seite heruntergeladen, teilte das Unternehmen am gestrigen Sonntag mit.

YouTube sieht sich damit als unangefochtener Markführer: 60 Prozent aller online angeschauten Videos sollen laut Firmenangaben über die Plattform abgerufen werden. Für andere Anbieter, etwa Google Video, bleibt da nur das Nachsehen.

Der schnelle Erfolg der Seite verblüfft: Erst im Dezember war YouTube gestartet worden. Vor allem für selbstgedrehte Filmschnipsel gedacht, hat sich das Portal mittlerweile auch zu einer Marketingmaschine für Künstler und Werbeagenturen entwickelt, die mit schrägen Werken binnen kürzester Zeit Weltruhm erlangen könnten.

Kick it like Zidane

Jüngstes Beispiel dafür: ein von Zinedine Zidanes Kopfstoß inspiriertes Problemlösungsvideo aus Österreich. Zwei Männer hatten in Salzburg Touristen die Attacke aus dem WM-Finale nachstellen lassen - unter dem Motto "A new way to solve problems - do it like Zidane". In nicht einmal einer Woche kam das Video auf über 2,5 Millionen Downloads.

YouTube residiert in einem kleinen Backsteinhaus im kalifornischen San Mateo. Um die 30 Leute arbeiten für die Firma, die vielen Surfern längst ein Begriff ist, von der jedoch niemand weiß, womit sie eigentlich eines Tages Geld verdienen will. Werbung gibt es bislang keine, dafür fallen jedoch hohe Streamingkosten für die millionenfach heruntergeladenen Videos an - bei YouTube.

Chad Hurley, einer der Firmengründer, glaubt, dass YouTube von einem aktuellen Trend profitieren wird: "Wir erleben den Übergang zur Clip-Kultur. Das hier ist eine wirklich demokratische Unterhaltungsform." Hurley ist überzeugt, dass Menschen immer seltener die Geduld für eine halbstündige TV-Serie aufbringen. Wozu sich mit stundenlangen Oscarübertragungen quälen, wenn die Highlights, Versprecher und Stolperer auf Youtube über den Bildschirm flackern?

In der Tat finden sich schon heute viele Clips auf YouTube, bei denen es sich eindeutig um TV-Mitschnitte handelt. So waren während der Fußballweltmeisterschaft reihenweise Kunststücke von Fußballgöttern zu sehen - und wurden von den Zuschauern hoch bewertet. Urheberrechtlich gesehen sind solche Mitschnitte allerdings problematisch - eine dauerhafte Gefahr für YouTube.

Jeden Tag werden mittlerweile 65.000 neue Videos auf die YouTube-Server hochgeladen - deren Inhalt kontrollieren können die rund 30 Firmenangestellten nicht. Stattdessen soll die millionenstarke Community die Sache richten und Anstößiges oder Illegales kennzeichnen und melden. Das funktioniert natürlich nur bedingt, wie die jüngsten Funde von Nazi-Musikvideos auf YouTube belegen.

Siegeszug der legalen Video-Downloads

Vielleicht gibt es auf Youtube ja schon bald auch Videos zu kaufen - wie bei der Konkurrenz Google Video. Die Zeichen für gute Geschäfte mit legalen Videodownloads scheinen jedenfalls gut zu stehen.

In Deutschland gewinnt der Markt dafür an Fahrt. Derzeit werden hierzulande monatlich legal 160.000 Spielfilme, Serien und Dokumentationen aus dem Internet geladen, wie die Tageszeitung "Die Welt" in ihrer heutigen Ausgabe berichtet. Innerhalb eines Jahres hätten die Abrufe damit um 45 Prozent zugenommen. Dies gehe aus einer Erhebung des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) hervor.

"Ein Grund für den Siegeszug der Video-Downloads ist der anhaltende Boom von Breitbandanschlüssen bei gleichzeitig sinkenden Verbindungspreisen", sagt Bitkom-Vizepräsident Jörg Menno Harms. Nach Prognosen des Verbandes werden zum Jahresende 14 Millionen Haushalte in Deutschland über eine Breitbandanbindung verfügen.

Das European Information Technology Observatory (Eito) rechnet damit, dass 2006 in Westeuropa etwa 88 Millionen Euro mit kommerziellen Video-Downloads umgesetzt werden. Für 2007 geht die Eito von über 50 Prozent Marktwachstum aus. "Vieles deutet darauf hin, dass sich bei Videos eine ganz ähnliche Entwicklung vollzieht wie einst bei Musik", sagte Harms.

hda/Reuters/dpa

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