Debatte über Netzneutralität Netflix bezahlt für Verbindung zu Comcast

Netflix: Vertrag mit Comcast regelt Daten-Durchleitung
Foto: Marcio Jose Sanchez/ AP/dpaNetflix zieht nach: Anders als andere große Internetunternehmen hatte sich das Streamingportal bislang geweigert, für direktere Verbindungen zu den marktführenden US-Providern zu zahlen . Am Sonntag gaben Netflix und Comcast nun bekannt, eine entsprechende Vereinbarung getroffen zu haben. Für die nächsten Jahre sei Comcast-Kunden durch die Abmachung ein hochwertiges Netflix-Videoerlebnis garantiert .
Details des Deals sind bislang nicht bekannt, nach Recherchen von "re/code" handelt es sich aber um eine Transit-Vereinbarung. Mutmaßlich nimmt Netflix für die Verbindung, die über Datenzentren Dritter realisiert werden soll, also Geld in die Hand . Die "New York Times" will erfahren haben, dass jährlich mehrere Millionen Dollar an Comcast fließen werden .
Jede Firma mit einer eigenen Leitung?
Der Deal wirft ein Schlaglicht auf eine Debatte, die auch in Europa gerade mit großer Vehemenz geführt wird: Wie viel Freiheit sollen Diensteanbieter und Internet-Provider dabei haben, Einzelverträge über Traffic-Durchleitung abzuschließen? Soll es erlaubt sein, den eigenen Daten ein Vorfahrtsrecht zu erkaufen? Verfechter der sogenannten Netzneutralität sehen die Chancen kleiner, weniger finanzkräftiger Anbieter in Gefahr, Internetnutzer ebenso gut zu erreichen wie Giganten wie Netflix. Am Montagabend wird der Industrieausschuss des Europaparlaments über künftige Regelungen zum Thema abstimmen. Kritiker wie die Organisation La Quadrature du Net warnen , Vorentwürfe ließen befürchten, die EU werde sich vom Prinzip der Netzneutralität verabschieden.
Comcast und Netflix betonen in ihrer Stellungnahme allerdings, dass die Netflix-Daten künftig nicht bevorzugt behandelt würden. In den USA waren schon kurz nach Bekanntgabe des Deals Stimmen laut geworden, die die Netzneutralität in Gefahr sehen, mindestens indirekt.
"In einer Welt, in der Netflix und Yahoo direkt mit den Providern in den Wohnvierteln verbunden sind, wird jede Internetfirma ihre eigene Leitung haben", kommentiert etwa die "Washington Post" mit Blick auf die Zukunft. "Und zu überwachen, ob verschiedene Leitungen gleich gut sind, ist ein viel größeres Problem als festzusetzen, dass alle Daten innerhalb einer einzigen Leitung gleich behandelt werden."
"Nichts mit der Netzneutralität zu tun"
Eine Gegenstimme zu den kritischen Medienberichten findet sich im "StreamingMediaBlog". Dan Rayburn schreibt dort, Abmachungen wie die von Netflix und Comcast seien nicht ungewöhnlich, zudem hätten sie aus seiner Sicht überhaupt nichts mit der Netzneutralität zu tun .
Dass sich Netflix auf den Deal eingelassen hat, überrascht dagegen manchen Kommentator - "GigaOM"-Autorin Stacey Higginbotham spricht gar von einer "Kapitulation". Sie sieht langfristig vor allem die Intransparenz bei den Vereinbarungen zwischen Inhalteanbietern und Providern als Problem.
Eine Begründung, warum Netflix den Deal eingeht, liefert das "Wall Street Journal". Die Zeitung schreibt, Netflix-Geschäftsführer Reed Hastings habe nicht gewollt, dass sich die Streaminggeschwindigkeit weiter verschlechtert und so zu einem größeren Problem für die Kunden wird.
Zuletzt hatte es immer wieder Berichte über einen Tempoabfall bei den Anschlüssen der Netzbetreiber Verizon und Comcast gegeben. Eine Statistik, die Netflix regelmäßig selbst erstellt , zeigte, dass die bei Comcast ermittelte Durchschnittsbandbreite für Netflix-Streams seit Oktober von 2,07 Mbit/s auf 1,51 Mbit/s im Januar gefallen war.