W-Lan-Mitschnitte Datenschützer fordern Einblick in Google-Software

Street-View-Auto (2008 in Berlin): Datenschützer wollen die W-Lan-Mitschnitte einsehen
Foto: dapdWas genau hat Google da eigentlich gespeichert? Drei Tage nach dem Geständnis des Konzerns, versehentlich Fragmente des Datenverkehrs aus öffentlich zugänglichen Funknetzwerken mitgeschnitten zu haben, wissen deutsche Datenschützer immer noch nicht genau, welche Daten Google angehäuft hat.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar fordert Google in seinem Blog auf, sich endlich "der Prüfung durch die unabhängigen Datenschutzbehörden" zu stellen. Google müsse nun "seine Datenbestände einer entsprechenden Begutachtung" unterwerfen. Schaar: "Nur so wird sich klären lassen, ob es sich um die systematische Verletzung des Datenschutzes oder eben nur um eine kleine Fahrlässigkeit gehandelt hat."
Am Freitag hatte Google erklärt, man habe jahrelang im Rahmen des Street-View-Projekts versehentlich sogenannte Nutzdaten aus offen zugänglichen W-Lan-Funknetzen gespeichert. Diese Kommunikationsdaten könnten Fragmente verschickter E-Mails oder abgerufener Web-Seiten enthalten. Das Mitschneiden dieser Daten sei ein "sehr großer Fehler", sagte Google-Sprecher Kay Oberbeck. Entwicklungschef Alan Eustace entschuldigte sich im Google-Blog: "Wir sind uns bewusst, dass wir hier versagt haben. Es tut uns sehr leid."
Google Deutschland schickt die Street-View-Festplatten zur US-Mutter
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar zweifelt diese Erklärung nicht an. Er hält Schlamperei für plausibel: "Für diese Erklärung des Google-Managements spricht, dass dem Unternehmen auch schon bei anderer Gelegenheit gravierende Fehler im Umgang mit personenbezogenen Daten unterlaufen sind."
Schaar erklärt, eine technische Prüfung der von Street-View-Fahrzeugen erhobenen Datensätze habe Google bislang nicht ermöglicht. Bei einer Vorführung eines Fahrzeugs in Hamburg sei die Festplatte mit der Software und den erfassten Daten ausgebaut gewesen. Schaar: "Nach Unternehmensangaben sei das eine übliche Praxis. Die Datenträger würden auf dem Postweg in die USA versandt und dort in die Datenbank des Unternehmens integriert."
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar beschreibt die Erfahrung mit Google in dieser Frage so: "Google hat uns bis heute trotz mehrfacher Anfragen keine Daten aus den Street-View-Wagen zur Auswertung überlassen." Erst sei die Festplatte aus dem zu besichtigenden Pkw ausgebaut gewesen, dann wurde erklärt, dass kein lesbarer Zugriff möglich sei. Caspar fordert nun eine schnelle Lösung dieses Problems: "Wir hoffen, dass dieses Ping-Pong-Spiel nun ein Ende hat. Google muss endlich Transparenz schaffen, um Vertrauen zurückzugewinnen."
Google: Wir lassen Datenschützer die Festplatten prüfen
Google-Sprecher Kay Oberbeck bestätigt SPIEGEL ONLINE: "Die Datenträger in Street-View-Fahrzeugen sind verschlüsselt und können in Deutschland nicht ohne weiteres ausgelesen werden." Man wolle dem Hamburger Datenschützer Johannes Caspar so schnell wie möglich eine Prüfung dieser Daten ermöglichen. Oberbeck: "Wir arbeiten daran."
Caspar hat noch ein paar grundsätzliche Fragen an Google. Der Datenschutzbeauftragte erklärt SPIEGEL ONLINE: "Unter anderem muss geklärt werden, welche Daten Google gespeichert hat, wohin diese Daten verbracht wurden und ob die deutsche Niederlassung oder die US-Mutterfirma verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzgesetzes ist." Letzteres dürfte für mögliche Sanktionen entscheidend sein - die wären beim Google-Mutterkonzern in den Vereinigten Staaten erheblich schwieriger durchzusetzen als bei der deutschen Tochterfirma.
Über mögliche Bußgelder und andere rechtliche Konsequenzen will der Datenschutzbeauftragte nicht spekulieren. "Ob neben einem Verstoß gegen das Datenschutzrecht etwa auch gegen telekommunikationsgesetzliche Regelungen verstoßen wurde, wird durch den insoweit zuständigen Bundesdatenschutzbeauftragten zu prüfen sein", erklärt Caspar. Er wünscht sich nach dem Datendebakel eine bessere Kooperation mit Google: "Wir hoffen, dass Google diesen Fall zum Anlass nimmt, künftig besser mit uns zusammenarbeiten. Dazu gehört es, Strategien zu entwickeln, dass derartige Datenschutzverstöße künftig nicht mehr passieren können."