
WDR-Computernacht: Skurrile Schätze aus dem WDR-Archiv
WDR-Sendung "Computernacht" lebt im Internet weiter
Hamburg - Die WDR "Computernacht" ist ein kleiner Schatz: Die Macher haben für die vierstündige Sendung tief im Archiv gegraben und Filmaufnahmen aus 50 Jahren zu Tage gefördert. In der Nacht von Freitag auf Samstag lief die "Computernacht" im Fernsehen, auf dem Spartenkanal Einsfestival soll es Ende Mai eine Wiederholung geben. Im Internet gibt es die Sendung offiziell nicht - dem WDR fehlen die Online-Rechte.
Natürlich ist die Sendung trotzdem im Netz, in mehreren Teilen steht die "Computernacht" auf YouTube, außerdem wird eine Torrent-Datei herumgereicht. Mit Hilfe der Torrent-Datei lässt sich die Sendung von Computern im BitTorrent-Netzwerk herunterladen. Unter anderem verlinkt netzpolitik.org die Sendung. "Hab' ich einfach so online gestellt", sagt Netzpolitik-Blogger Markus Beckedahl. Beckedahl ermöglicht damit "zeitsouveränes Nachschauen", das der WDR nicht anbieten kann.
Der Fernsehsender ist davon nicht gerade begeistert: "Einerseits freuen wir uns, dass unsere Sendungen so beliebt sind, dass die Nutzer sogar rechtliche Risiken in Kauf nehmen, um sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen", teilt eine Sprecherin mit. "Andererseits sind wir als öffentlich-rechtlicher Sender auch den Urhebern und Mitwirkenden in besonderer Weise verpflichtet. Wir dürfen und wollen ihre Rechte nicht übergehen."
Verwaiste Werke
Das Problem: Als die Aufnahmen entstanden, war das Internet noch kein Thema. Für eine Online-Veröffentlichung fehlen deshalb die Rechte von Autoren, Kameraleuten und Komponisten. Die nachträglich ausfindig zu machen, ist aufwendig - und zum Teil mangels Dokumentation gar nicht möglich. Dieses Problem ist altbekannt.
Eine Regelung über "verwaiste Werke" könnte helfen, sagt die WDR-Sprecherin. Tatsächlich hat das Justizministerium gerade eine kleine Reform des Urheberrechts vorgelegt , nach der solche Werke, deren Urheber sich nicht mehr auffinden lassen, für nichtkommerzielle Zwecke genutzt werden können, etwa vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder von Archiven. Für eine Verabschiedung des Gesetzes bleibt vor den Wahlen allerdings nicht mehr viel Zeit.
Noch ein Problem gibt es: Die öffentlich-rechtlichen Sender können ihre Sendungen nicht beliebig lange im Netz lassen. Je nach Inhalt der Sendung gibt es im Rundfunkstaatsvertrag Vorschriften. Nach einer bestimmten Zeit müssen die Sendungen wieder aus den Online-Mediatheken der Sender verschwinden. In der Regel ist nach sieben Tag Schluss. Mit dieser Regelung soll den privatwirtschaftlichen Verlagen geholfen werden, im Internet Geschäfte zu machen.
Auch ohne Urheberrechtsreform
Ohne Rücksicht auf Gesetze und Staatsvertrag steht die "Computernacht" nun im Netz, nur eben nicht in der Mediathek des WDR. Der Sender macht offenbar keine Anstalten, sich gegen die illegalen Kopien zu wehren. "Attraktive Inhalte werden von Dritten häufig ohne Rücksicht auf rechtliche Fragen ins Internet gestellt", so die WDR-Sprecherin. "Es ist angesichts der Masse dieser Fälle ausgeschlossen, ihnen umfassend nachzugehen."
Markus Beckedahl macht sich dann auch keine Sorgen, als Hehler von Raubkopien zur Verantwortung gezogen zu werden. Strenggenommen könnte er als Verbreiter des Materials zur Rechenschaft gezogen werden. Seiner Erfahrung nach werden die Rechtsabteilungen der Öffentlich-Rechtlichen erst dann aktiv, wenn sich die Urheber direkt beschweren - "was aber fast nie vorkommt".