Web-Fundstücke II Nur keine Panik!
Kein Zweifel, der Wahnsinn greift um sich. Angefangen hat das alles mit der unbedachten Veröffentlichung eines Dialoges zwischen einem George B. und einer Condoleeza R. ("Das texanische Kettenmail-Massaker") bei SPIEGEL ONLINE, der - wie viele Leser schnell herausfanden - einem Sketch-Klassiker aus den 40er-Jahren nachempfunden war.
Zwei Tage später kam es zum Mail-Gau: Hunderte von Lesertipps überfluteten das Eingangs-Postfach der Netzwelt. Aus Redakteurs-Perspektive ist das okay, unsereiner wird schließlich für die Sichtung solchen Unsinnes bezahlt, aber wo nehmen die Leser die Zeit her, diese ganzen Preziosen zu sammeln?
Oder sollte es wirklich so sein, dass Beiträge zum alltäglichen Irrsinn von so erlesener Qualität, wie der folgende kleine Dialog, ganz unangefordert ins Postfach flattern?
"Room Service"
"Ich finde, das folgende mitgeschnittene Gespräch passt ziemlich gut zu obigem Beitrag auf Ihrer Web-Seite", schreibt SPIEGEL-ONLINE-Leser Guido Weppler. "Ich bin aber nicht sicher, ob die Quellenangabe glaubwürdig ist. Auf jeden Fall wird es vielen Asien-Reisenden seltsam bekannt vorkommen."
Protokoll eines Telefongespräches zwischen Gast und Room Service in einem Hotel irgendwo in Asien:
-
Room Service: "Morny. Ruin sorbees"
Guest: "Sorry, I thought I dialled room-service"
Room Service: "Rye..Ruin sorbees..morny! Djewish to odor sunteen??"
Guest: "Uh..yes..I'd like some bacon and eggs"
Room Service: "Ow July den?"
Guest: "What??"
Room Service: "Ow July den?...pry,boy, pooch?"
G: "Oh, the eggs! How do I like them? Sorry, scrambled please."
Room Service: "Ow July dee bayhcem...crease?"
Guest: "Crisp will be fine."
Room Service: "Hokay. An san toes?"
Guest: "What?"
Room Service: "San tos. July san toes?"
Guest: "I don't think so."
Room Service: "No? Judo one toes??"
Guest: "I feel really bad about this, but I don't know what 'judo one toes' means."
Room Service: "Toes! toes!...why djew Don Juan toes? Ow bow singlish mopping we bother?"
Guest: "English muffin!! I've got it! You were saying 'Toast.' Fine. Yes, an English muffin will be fine."
Room Service: "We bother?"
Guest: "No, just put the bother on the side."
Room Service: "Wad?"
Guest: "I mean butter...just put it on the side."
Room Service: "Copy?"
Guest: "Sorry?"
Room Service: "Copy...tea...mill?"
Guest: "Yes. Coffee please, and that's all."
Room Service: "One Minnie. Ass ruin torino fee, strangle ache, crease baychem, tossy singlish mopping we bother honey sigh, and copy....rye??"
Guest: "Whatever you say"
Room Service: "Tendjewberrymud"
G : "You're welcome"
Beängstigend, nicht wahr?
Und es kommt noch schlimmer: Jetzt wird's politisch, und natürlich hacken die Web-Witzbolde mit Vorliebe auf ihr Lieblingsopfer "George W." ein. Weiter
Nicht jeder ist so kosmopolit, die Fährnisse der globalen Lingua Franca so geschickt zu umschiffen und sogar zu einem Frühstück zu kommen, ohne diplomatische Verwicklungen zu verursachen. Zu solchen könnte es auch kommen, wenn die Karte, die Leser Adrian Wink im Web fand, wirklich von CNN stammte : Dabei handelt es sich sozusagen um eine völlige Neuordnung der Geografie im so genannten Rest der Welt (das ist der kleine Bereich außerhalb Amerikas), die zum Beispiel für die Besucher des Hofbräuhauses ganz erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte (siehe Abbildung).
Zum Glück aber ist Ignoranz gar nicht so weit verbreitet, wie solche Mails und Montagen uns glauben machen wollen. Diesen Bock hat natürlich nicht CNN geschossen, sondern ein Witzbold aus deutschen Landen. An den Spitzen der Staaten in aller Welt regieren verantwortungsvolle, vernünftige Menschen ohne Fehl und Tadel, kleine Schweinchen können fliegen, in rund vier Wochen kommt der Weihnachtsmann und natürlich wird es auch im angeblich irakischen Teil Bayerns zu keinerlei fatalen Irrtümern kommen. Don't Panik!
Unsere transatlantischen Verbündeten wissen doch ganz genau, was sie wollen und warum - auch wenn das hierzulande noch nicht ganz durchgedrungen ist. SPIEGEL-ONLINE-Leser "ags" kann alle Paranoiker beruhigen: Was immer die Bush-Administration im (richtigen) Irak vorhat, geschieht nicht ohne Grund: Mark Fiore hat das in einem aufschlussreichen Flash-Filmchen sehr schön erklärt und zusammengefasst.
Kompetenzfrage: Wie benützt man ein Fernglas?
Eine heiße Diskussion gibt es tatsächlich auch um ein Foto, dass zurzeit zu den meistverbreiteten im Internet zu gehören scheint: Es zeigt US-Präsident Georg W. Bush, wie er konzentriert in ein Fernglas schaut, ohne viel erkennen zu können, weil ja die Abdeckklappen offensichtlich noch auf den Linsen stecken. Lästermäuler leiten aus diesem Bildmotiv wieder einmal irgendwelche Inkompetenz-Gerüchte ab, während aufgeklärtere und informiertere Zeitgenossen darauf verweisen, dass Bush das optische Instrument durchaus richtig benutzt habe.
Schließlich handele es sich dabei nicht um ein Fernglas, sondern um ein auf Infrarot-Nachtglas. Die Kappen müssten auf den Linsen verbleiben, weil sonst das Übermaß an Licht die Optik wie die präsidialen Augen verbrennen könne. Bush habe bei der Demonstration des Glases durch zwei winzig kleine Löcher in den Kappen die technischen Möglichkeiten der Restlichtaufhellung begutachtet.
Das klingt plausibel.
Wenn dem allerdings so wäre, dann muss er bei dem wenige Augenblicke später aufgenommenen Bildmotiv die technischen Möglichkeiten des Augapfel-Grillens per Nachtsglaseinsatz im Tageslicht eruiert haben: Da sind die Kappen nämlich nicht mehr auf den Linsen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Fotozusendungen ist das Bush-Bild keine Montage, keine Fälschung: Dumm gelaufen, aber so was kann natürlich (jedem) passieren.
Zusammengetragen von Frank Patalong