Angebliches Durchsuchen von Kunden-E-Mails Yahoo nennt Bericht über Scan-Software "irreführend"

Der Internetkonzern Yahoo soll systematisch die E-Mails von Hunderten Millionen Nutzern durchsucht haben. Das Unternehmen gibt sich wortkarg. Nun nimmt sich der irische Datenschutzbeauftragte des Falles an.
Yahoo-Werbetafel

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Foto: KAREN BLEIER/ AFP

Der irische Datenschutzbeauftragte untersucht derzeit Berichte, denen zufolge Yahoo eingehende E-Mails von Hunderten Millionen Nutzern systematisch gescannt haben soll - im Auftrag von US-Behörden. Jegliche Verletzung der Datenschutzrechte von EU-Bürgern wäre ein Anlass zu größter Besorgnis, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters das Büro des Datenschützers. Der Datenschutzbeauftragte würde sich derzeit über die Angelegenheit erkundigen. Das europäische Hauptquartier von Yahoo befindet sich in Dublin.

Das Unternehmen teilte SPIEGEL ONLINE am Mittwochnachmittag auf Nachfrage mit, dass ein E-Mail-Scannen, wie es im Artikel beschrieben wird, auf seinen Systemen nicht stattfinde.

Reuters und die "Washington Post" hatten am Dienstagabend berichtet, dass Yahoo ein spezielles Programm geschrieben habe, um die einlaufenden E-Mails von mehreren Hundert Millionen Kunden nach einer bestimmten Zeichenkette zu durchforsten. Dies sei auf Weisung von US-Behörden geschehen.

Es sei unklar, wonach genau gesucht wurde - und ob dabei Informationen an die Regierung gegangen sind. Die E-Mails sollen seit April 2015 gescannt worden sein. Damit würde der Vorfall zeitlich nach den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden über die Überwachungsmethoden der US-Geheimdienste liegen, was ihn zusätzlich brisant macht.

Yahoo dementiert Existenz der Software

Yahoo hatte auf die Berichte zum Thema zunächst nur mit der Aussage reagiert, dass das Unternehmen sich an die Gesetze der USA halte. In einer weiteren Stellungnahme schrieb Yahoo später, dass der Artikel von Reuters "irreführend" sei. Dazu gibt es den Hinweis, dass ein E-Mail-Scannen, wie es im Artikel beschrieben wird, nicht auf Yahoos Systemen existiert.

Diese Formulierung bezieht sich auf die Gegenwart. Es werden keine Angaben zur Vergangenheit gemacht oder dazu, ob sich entsprechende Software außerhalb der Yahoo-Systeme befinden. Ebenso bleibt unklar, ob es vielleicht ein E-Mail-Scannen gibt, nur eben in einer anderen Form als genau der beschriebenen.

Der "Washington Post" zufolge sollen der damalige Yahoo-Sicherheitschef Alex Stamos und mindestens ein weiterer Manager das Unternehmen verlassen haben, weil sie mit der angeblichen Reaktion auf die Behördenanordnung ohne Gegenwehr nicht einverstanden gewesen waren. Stamos arbeitet jetzt bei Facebook.

Ein früherer Yahoo-Mitarbeiter sagte der "Washington Post", bei der Aktion sei ein Softwarefehler gemacht worden, der alle E-Mails angreifbar für Hacker gemacht habe.

brt/Reuters/dpa
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