Neuer Aboservice YouTube droht Indie-Labels mit Videosperren

Musikerin Adele: Videos zahlreicher Künstler können von Googles Videoplattform verschwinden
Foto: Jonathan Short/ APGoogles Videoplattform YouTube ist schon jetzt ein wichtiger Kanal zum Promoten und Anhören aktueller Musik. So gesehen ist es wenig überraschend, dass das Unternehmen am Dienstag mitteilte, in einigen Monaten noch aktiver im Geschäft der Musikdienste mitmischen zu wollen. Der Nachrichtenagentur AP bestätigte YouTube, dass es für Musik künftig Abo-Angebote geben werde. "Hunderte großer Labels und Independent-Künstler" würden sich bereits am neuen Modell beteiligen.
Musikfans soll das demnächst startende Angebot einen unbegrenzten und werbefreien Zugriff auf Musikclips bringen, für einen bislang unbekannten Monatsbeitrag. Außerdem ist von der Möglichkeit die Rede, Musiktitel herunterzuladen und ohne Internetverbindung abspielen zu können, schreibt AP mit Bezug auf zwei anonyme Informanten.
Auch für Künstler, die ihre Musik per YouTube verbreiten wollen, soll sich einiges ändern. Wie die "Financial Times" berichtet (Achtung: Text hinter Paywall), sollen künftig nur diejenigen Musiker und Bands Titel auf die Plattform hochladen können, die sich zuvor vertraglich zur Mitarbeit am neuen Abo-Modell bereit erklärt haben. Wer sich weigere, dessen Musikvideos würden "innerhalb weniger Tage" gesperrt, auch im kostenlosen Teil der Videoplattform. Auf diese Weise solle sichergestellt werden, dass das komplette Angebot mit den neuen Vertragsbedingungen in Einklang stehe, wird YouTube-Manager Robert Kyncl zitiert. Betreffen sollen die Sperren einige Länder - welche genau, ist allerdings unklar.
Schon jetzt hätten viele Musik-Labels, die zusammen 95 Prozent der Musikindustrie repräsentierten, die neuen Bedingungen akzeptiert, berichten die AP-Quellen. Nur einige wenige Labels würden sich weigern und etwa an die EU-Wettbewerbshüter wenden , um prüfen zu lassen, ob Google seine Marktposition ausnutzt. Diese Labels würden möglicherweise von der Plattform ausgeschlossen, erläutert Manager Kyncl. Zu den von der Blockademaßnahme Betroffenen sollen Medienberichten zufolge Künstler wie Adele und die Arctic Monkeys gehören - zumindest in den Ländern, in denen ihre Platten bei Indie-Labels erscheinen.
Angeblich keine Vorschusszahlungen für Indie-Labels
Praktisch scheinen diverse unabhängige Labels mit den von Kyncl als "guten Vertragsbedingungen" gepriesenen Vereinbarungen nicht zufrieden zu sein. Ihre Weigerung, zum jetzigen Zeitpunkt zu unterschreiben, sei von der Hoffnung auf einen besseren Deal bestimmt, heißt es.
Gleichzeitig besteht für die Labels großer wirtschaftlicher Druck, Googles neue Bedingungen zu akzeptieren: Eine Sperre ihrer Inhalte auf YouTube hätte nicht nur geringere Werbeeinnahmen zur Folge, sondern würde auch die Reichweite ihrer Inhalte verringern.
Rich Bengloff, Chef der American Association of Independent Music, widerspricht YouTubes Darstellung, bei den Unterzeichnungsunwilligen handle es sich nur um einige wenige Labels. Sein Verband organisiert eine ganze Reihe unabhängiger Anbieter. Independent-Künstler würden aufgrund ihrer schwachen Marktmacht unfair behandelt, so Bengloff. Anders als bei den großen Anbietern gebe es bei Vereinbarungen mit Indie-Labels zum Beispiel keine Vorschusszahlungen.
Update, 18. Juni 2014: Das Branchenblog "Digital Music News " schreibt am Mittwoch unter Berufung auf Personen mit Kenntnis der Konditionen, Labels, die nicht am Abo-Angebot teilnehmen, würden lediglich die Möglichkeit verlieren, Geld bei YouTube zu verdienen. Ohne die Teilnahme am neuen Abo-Dienst könnten sie auch nicht mehr das bisherige System Content ID nutzen, über das Musik erkannt und für Anzeigen geöffnet wird. Das würde zwar keine direkte Blockade der Videos bedeuten, aber den Labels das wirtschaftliche Interesse nehmen, ihre Musik bei YouTube zu platzieren.
YouTube nahm zu der Diskussion nur ausweichend Stellung. Ein Sprecher erklärte auf Anfrage, auf Abonnements basierende Funktionen seien hinzugefügt worden, "um damit unseren Partnern aus der Musikindustrie neue Einkommensquellen zu ermöglichen - zusätzlich zu den Hunderten Millionen Dollar, die sie jährlich durch YouTube erwirtschaften". (dpa)