Werbung auf YouTube Das Bibi-Business

Bibi und ihr Duschschaum "Creamy Mandarin": Die Werbebranche sucht die Reichweite der YouTube-Stars
Foto: Youtube/ BibisBeautyPalaceEs gibt neuerdings eine einfache Antwort auf schwierige Fragen: Wie macht man den angestaubten Gratis-Neckermann-Katalog so fresh, dass Teenies fragen, wo sie ihn kaufen können? Wie bringt man Mädchen dazu, für einen Duschschaum mit Donut-Duft den Drogeriemarkt zu stürmen?
Die Antwort lautet: YouTube. Genauer: Bibi.
YouTuberin Bibi ist der Prototyp für den letzten Schrei in der Werbebranche, das sogenannte Influencer-Marketing. Influencer sind in diesem Kontext Menschen, die übers Netz direkt eine treue Fangemeinde für dies und jenes begeistern können. Bibi und andere YouTube-Stars erreichen eine Zielgruppe, die nicht mehr fernsieht, keine Zeitung liest, also auf den klassischen Werbekanälen nicht erreicht wird. Junge Leute, grob gesagt: von 12 bis 20 Jahren.
Auf einer Konferenz in Berlin konnte man jetzt beobachten, was in dieser neuen Beziehung alles möglich ist und wohin die Reise beim Marketing für Kinder und Jugendliche geht: nämlich a) zu YouTube, b) auch ein bisschen zu Instagram, c) auf jeden Fall zu den digital influencers. Sie sollen der Jugend Wünsche nahezu organisch einpflanzen, und sie wollen das auch.
Supersympathisch, total authentisch
Denn: Influencer sind supersympathisch, total authentisch und deshalb tolle Werbefiguren. Sie werben nur für Produkte, hinter denen sie "hundertprozentig stehen", wie sie selbst oft betonen. Wie groß ihr Einfluss auf ihre jungen Fans und deren Kaufentscheidungen ist, war bei diesem Treffen von YouTubern, die Geld verdienen wollen, und Werbebranche, die Reichweite sucht, zu beobachten.
Als Stargast holte man die 22-jährige Bianca Heinicke, also Bibi, die mit dem schlichten Zusatz "2,5 Millionen Abonnenten auf YouTube" angekündigt wurde. Die hat sie in ihrem Kanal BibisBeautyPalace versammelt, wo sie Schminktipps gibt, Einkäufe präsentiert, mit ihrem Freund herumalbert. In Berlin zeigte Bibi, was alles geht, und die versammelten Firmen und Werber berauschten sich an den neuen Reichweiten.
Das sah man beim Auftritt eines Social-Media-Managers von Neckermann-Reisen. Das Problem: Der Neckermann-Kunde ist im Durchschnitt 51 Jahre alt. Die Lösung: Bibi.

Produkte auf YouTube: Bibi holding things
Die Firma schickte Bibi und ihren Freund erst nach Berlin und in die Türkei, später auf die Malediven und nach Bulgarien, immer in Neckermann-Anlagen. Bibis zugehörige Follow-me-around-Videos brachten dann 8,3 Millionen Abrufe. "Wirklich gigantisch", sagte Martin Widenka von Neckermann dazu.
Auf die Frage, ob das alles auch nachhaltig ist, sagte er: Wer heute auf YouTube "Malediven" sucht, bekommt als ersten Treffer immer noch Bibis "Traumurlaub Maleviden"-Clip vom Januar angezeigt.
Man habe Bibi daraufhin "in die Klassik geshiftet", sie also auch im leicht angestaubten Neckermann-Katalog abgedruckt. Bibi postete dann ein Foto von sich im Bikini und mit dem Hinweis, dass sie nun im Katalog zu finden sei. Widenka las vor: 6000 Favoriten auf Twitter ("schafft sonst nur die Russenmafia"), 58.000 Likes auf Facebook und 100.000 auf Instagram.
Klicks, Views, Follower
Dann zeigte Widenka den Tweet eines jungen Fans, der den Gratiskatalog suchte und fragte, wo man denn das Magazin mit seinem Star kaufen könne. Es wurde gelacht.
Die ganzen Modelle gehen nur auf, weil die Influencer ihre sehr jungen Fans eben sehr stark beeinflussen. Bibis treueste Anhänger nennen sich "bibinators". Dass die nicht immer mündig sind, war kein großes Thema beim Influencer Marketing. Stattdessen: Reichweitenrausch.
Der Bibi-Neckermann-Deal soll stilbildend wirken. Unternehmen würden dann nicht länger nur wollen, dass Produkte in die Kamera gehalten werden, sondern die Influencer auch einfach mal machen lassen. Die hätten die Regeln von YouTube und der Schleichwerbung längst so verinnerlicht, dass das Ergebnis dann schon gut werde.
Der WWF ließ bereits den einzigen YouTube-Star mit Dreadlocks, Simon Unge, mit Flussdelfinen im Amazonas baden. Die Folge: abgestürzte Server bei den Umweltschützern, 3,5 Millionen Abrufe der sieben Videos, Tausende neue Follower, die auch geblieben sind, als Unge wieder im kalten Deutschland saß.

Bibi (M.) mit Freund Julian, YouTube-Kollegin Dagi Bee: "DU bist mein großes Vorbild"
Foto: ImagoMit den Klicks, Views, Followern geht man hausieren. Ansonsten sind Zahlen das größte Geheimnis dieser neuen Teenager-Marketingindustrie. Die YouTuber selbst beantworten keine noch so vorsichtige Frage zu ihren Einnahmen, die Unternehmen sagen natürlich auch nichts.
Die Influencer werden umschmeichelt
Die vagen Erfolgsaussichten, auch etwas wie Bibi zu schaffen, lockten zumindest zahlreiche Nachwuchs-YouTuber und -Instagrammer auf das Marketingtreffen in Berlin, wo sie sich die Umschmeichelung als Influencer sogleich zu eigen machten. Sie sagten Sätze wie: "Ich als Influencer will nur ein Produkt, was zu mir passt."
Sie sagten oft, wie wichtig es sei, authentisch und ehrlich zu sein. Nur so funktioniere Werbung für sie. Es gab Workshops, etwa zur Vermeidung rechtlicher Probleme wegen Schleichwerbung.
Erfolg winkt aber nur jenen, die wirklich sehr große Fanscharen in Bewegung setzen. Die Organisatoren der Konferenz von der Agentur Brandpunkt schätzen die Zahl der deutschen YouTuber, die das können, auf kaum mehr als 20. Die Agentur will sie mit Firmen zusammenbringen.
Auch hier gibt Bibi den Weg vor. Sie hat jetzt einen eigenen Duschschaum in den Duftrichtungen "Tasty Donut" und "Creamy Mandarin" herausgebracht. Wenn sie in einem Video vom neuen Produkt schwärmt, wie viel es ihr bedeute, erntet sie auch Fan-Kommentare wie diesen.
"Ich werde dein Produkt überall teilen & weiterempfehlen, ich würde für dich alles tun, DU bist mein großes Vorbild! :)"
Bei ihr geht das Influencer-Marketing also auf. "Bibi hebt Drogeriemarke dm aus den Angeln" titelte dazu etwa das Marketingblatt Absatzwirtschaft. Deutschlands zweitbeliebtester weiblicher YouTube-Star, Dagi Bee, zieht nun mit eigenen Produkten nach, will zwei Bodysprays herausbringen. Bibi teilt mit, in der Causa Duschschaum sei sie mitten "in der Planung für neue Gerüche".