YouTube-Star Jon Lajoie Comedy-Ruhm aus dem Netz

Er singt über betrunkene Chinesen, Verstopfung, Windeln - und macht Werbung fürs Atmen. Jon Lajoie ist momentan der Shootingstar auf YouTube. Nun könnte er sogar Teil von "Saturday Night Live" werden, der bekanntesten Comedy-Show der USA.
Von Constantin Alexander

Jon Lajoie ist ein ganz normaler Typ: Sein Rücken tut oft weh, er hat eine zahme Hauskatze, und wenn er einmal ausgehen will, stellt er sich brav in die Schlange vor dem Club. Alles ganz unspektakulär - würde er sich für seine Normalität nicht selbst so abfeiern wie eine Weichei-Version von Rapper Eminem.

Während seine HipHop-Kollegen darüber reden, wie viel Geld sie haben und wie gefährlich sie sind, rappt Lajoie in "Everyday Normal Guy" in weiten Hosen, schrägem Baseball-Cap und Kapuzenpulli darüber, wie wenig Geld auf seinem Sparbuch liegt und wie nett er seine Eltern findet - ein typischer Möchtegern-Gangster aus der Vorstadt.

Doch Jon Lajoie ist alles andere als normal. Seit Juni 2007 lädt der Kanadier Videos auf YouTube hoch, inzwischen Millionenfach angesehen. Das, was ihn von den Tausend anderen Wohnzimmerfilmemachern unterscheidet: Er schafft es, alle Musikgenres, von Rap über Rock bis Disco, so durch den Kakao zu ziehen, dass man nicht mehr weiß, ob man einfach nur lachen soll oder ihn für seine Vielseitigkeit bewundern.

Die Musik ist liebevoll arrangiert und die Texte ausgefeilt. Jedes Lied passt er dabei genau auf einen Stil ab: Im Video zu "Sunday Afternoon" tanzt er, ganz Disco-Klischee, in Trainingsjacke vor einem Disco-Licht und singt über langweilige Sonntagnachmittage, die er mit Hausarbeiten und einem Besuch bei seinen Eltern verbringt - unterlegt mit treibenden Beats, Disco-Gitarre und Cher-Effekt auf der Stimme. Im Lied "Stay At Home Dad" singt er zu harter Rockmusik à la Rage Against The Machine über seine Pflichten als junger Vater, der zu Hause bleibt, während seine Frau arbeiten geht. Doch während Rage-Sänger Zach de la Rocha das verzerrte Gitarrenriff genutzt hätte, um die Missstände in der Gesellschaft anzuprangern, singt Lajoie darüber, wie er sein Baby wäscht und füttert und für seine Frau das Abendessen kocht. "I take no drugs - I get high on baby hugs" - Ich nehme keine Drogen, ich werde von Baby-Umarmungen high.

"Atmen" hat sein Leben verändert

Jon Lajoies Humor ist zuweilen pubertär und naiv - eines seiner erfolgreichsten Videos trägt den Titel "Zeig mir deine Genitalien" und ist eine böse Abrechnung mit sexistischen Rap-Proleten. Oft schaut er ungläubig in die Kamera und spielt den Trottel, der nur Frauen und Alkohol im Kopf hat. An anderer Stelle preist er in einer Art Werbesendung Atmen als neuartig und revolutionär an - samt der für amerikanische Infomercials typischen Kunden, die darüber berichten, wie sehr Atmen ihr Leben verändert hat und das sie ohne nicht mehr existieren könnten.

Was oftmals platt wirkt, hat System: Die Lieder und Videos sind professionell gemacht, die Albernheit wirkt niemals gezwungen oder konstruiert. Lajoie ist Absolvent einer Theaterschule - sein Handwerk hat er in einer französischsprachigen Fernsehserie perfektionieren können. Seine Jungenhaftigkeit zieht er mit viel Routine und Charisma durch. Dass er dazu noch singen, rappen und Gitarre spielen kann, ist ein Bonus. Seine Fans danken es ihm mit Millionen Klicks auf seiner Seite und den Videos auf YouTube .

Nächster Schritt: Saturday Night Live?

Auch den amerikanischen Comedy-Kollegen entgeht das Talent aus Kanada nicht: Zu seinen größten Fans gehören inzwischen der Komiker Will Ferrell und Adam McKay, Drehbuchautor bei Amerikas wichtigster Comedy-Show "Saturday Night Live". Das kommt einem Ritterschlag unter Komödianten gleich. Schon wird gemunkelt, Lajoie würde demnächst in der Samstagabendshow auftreten. Er selbst kommentiert das Gerücht nicht.

Sollte Lajoie in der Sendung mitspielen, wäre er der erste Internet-Star, der es in die Show geschafft hat. Und er würde sich einreihen in die Riege kanadischer Komödianten wie Mike Myers oder Dan Aykroyd, die gerade durch ihre Rollen bei "Saturday Night Live" berühmt wurden. In den USA gelten Kanadier als besonders lustig - Jon Lajoie trägt dazu bei.

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